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Keine Pizza für Commissario Luciani

Titel: Keine Pizza für Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Paglieri
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löste ein Raunen im Saal aus.
    »Wollen Sie damit sagen, Herr Minister, dass jemand von der Existenz der Statue gewusst haben könnte?«
    »Legen Sie mir nicht Sachen in den Mund, die ich nicht gesagt habe. Wir können keine Hypothese ausschließen. Was mich angeht,
     ich glaube, dass die Statue schon lange an der Stelle lag, an der sie gefunden wurde. Lange könnte bedeuten: seit dem vierten
     Jahrhundert vor Christus, seit dem vierten nach Christus oder schlichtweg seit 1800. Wir haben keine Ahnung, wie sie dort
     hingelangt sein könnte. Deshalb bitte ich jeden, der diesbezüglich Informationen hat, sie uns mitzuteilen.«
    »Gilt das auch für den Kopf?«
    »Natürlich.«
    »Entschuldigen Sie, Herr Minister, könnte der Kopf nicht schon früher gefunden worden sein und jetzt in irgendeinem Museum
     stehen?«
    Ludovico Ranieri kniff die Lippen zusammen. »Ich kann das nicht ausschließen, halte es jedoch für unwahrscheinlich. Ich will
     mich nicht zu weit vorwagen, aber ich glaube, wir haben es hier mit dem Werk eines der größten Bildhauer der Antike zu tun,
     und die Tatsache, dass es aus Bronze ist, macht es noch wertvoller. Auf der ganzen Welt gibt es nicht mehr als fünf oder sechs
     Werke diesen Ranges, und die sind wohlbekannt. Jedenfalls bitte ich noch einmal darum: Falls jemand über Kenntnisse oder Informationen
     zu dieser Statue verfügen sollte, so wird er gebeten, sie weiterzugeben. Und jeder, der uns hilft, den Kopf oder andere |261| fehlende Teile zu finden, wird eine adäquate Belohnung erhalten. Falls Sie keine weiteren Fragen mehr haben …«
    »Ein letztes Detail, Professor Ranieri. Sie sind gerade erst Minister geworden, und jetzt gibt es gleich diesen Fund. Haben
     Sie immer so viel Glück?«
    Die Frage des Korrespondenten von »La Stampa« war freundlich, der Tonfall kein bisschen. Ludovico tat, als hätte er es nicht
     bemerkt. »Ich bin ein Glückspilz, keine Frage. Ich habe eine wunderbare Familie, mir bietet sich die Möglichkeit, meinem Land
     zu dienen, jeden Tag stehe ich staunend vor den Meisterwerken der größten Künstler. Ich bin jedoch auch gläubig und denke,
     dass Gott mich großzügig beschenken und gleichzeitig prüfen wollte, um zu sehen, ob ich dessen auch würdig bin.«

|262| Dreiundvierzig
    Luciani
    Camogli, heute
     
    Der Kommissar jagte über die Strandpromenade von Camogli, seine Füße ratterten die Tempoläufe über tausend, zwölfhundert und
     vierzehnhundert Meter herunter, als wollten sie die alten Saucony in Stücke zerlegen. Ihr widerlichen Dreckskerle!, dachte
     er wütend. Allen voran die drei Albaner, aber auch der Richter, der sie auf freien Fuß gesetzt hatte. Jetzt, nachdem diese
     ganze Chose gelaufen war, jetzt, da einer der Vergewaltiger bekommen hatte, was er verdiente, würde man die beiden anderen
     schnell wieder einbuchten und wahrscheinlich auch mit einer saftigen Strafe belegen. Oder auch nicht, vielleicht würde der
     gewaltsame Tod ihres Spießgesellen wieder irgendeinen Richter rühren, und sie würden glimpflich davonkommen. Und wer weiß,
     was aus diesem Vater wird, dachte er. Er hatte ihn persönlich verhört, aber das war in Wirklichkeit kein Verhör, sondern eher
     eine Generalbeichte gewesen.
    Die Tochter lag im Krankenhaus, grün und blau geprügelt, und wagte nicht, ihrem Vater ins Gesicht zu sehen. Sie fühlte sich
     schuldig. Ausgerechnet sie fühlte sich schuldig. Auch seine Frau schaute ihn nicht mehr an, aber aus einem anderen Grund.
     Sie schien ihm vorzuwerfen, dass er unfähig gewesen war, seine Tochter, seine Familie zu beschützen. Dass er in seiner Vaterrolle
     versagt habe. »Ich habe seit drei Tagen nicht geschlafen«, hatte der Barbetreiber dem Kommissar erzählt. »Ich habe die ganze
     Zeit geheult und mir immer wieder gesagt, dass ich sie alle umbringen müsste, aber ich spürte, dass ich dazu niemals den Mut
     aufbringen würde. Mein Schwager hat mir tausendmal |263| gesagt, dass ich mir die Hände nicht schmutzig machen dürfe, dass er und seine Kollegen ihnen schon die erste Ration verabreicht
     hätten, und den Rest würde man im Knast erledigen, denn solche Kerle müssten früher oder später dran glauben. Ich fühlte mich
     wie ein Feigling, weil ich nicht zu ihnen hinging, aber ich konnte mir immer einreden, dass der Staat genau für so etwas da
     ist, dass jemand, dem ein Leid zugefügt wurde, nicht zum Mörder werden muss, dass es ein Zeichen von Zivilisiertheit ist,
     wenn man es dem Staat überlässt,

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