Keine Schokolade ist auch keine Loesung
nicht mit einem Mord in Verbindung stehen, um die Mädchen davon abzulenken, was hier passiert ist. Also vielleicht eine positivere, frauenzentrierte Tour.«
»Gibt es denn überhaupt Orte, die mit Rockmusikerinnen in Zusammenhang stehen, ohne dass eine Überdosis oder ein Mord im Spiel ist?«
»Ja«, sage ich und werfe ihr einen entsetzten Blick zu. »Sicher. Nur wenige Blocks von hier ist das Washington Square Hotel, in dem Joan Baez wohnte. Darüber singt sie in ihrem Song Diamonds and rust , allerdings nicht sehr schmeichelhaft. Sie spricht von einem schäbigen Hotel, was es damals wahrscheinlich auch war. Aber sie erwähnt es.«
»Joan wer?«, fragt Lisa mit verwirrter Miene.
»Egal«, sage ich, während mir ein bisschen das Herz bricht. Wie kann sie nicht wissen, wer Joan Baez ist? Es ist seltsam, eine Chefin zu haben, die jünger ist als man selbst. Nicht dass Joan und ich gerade Altersgenossinnen wären, aber wenigstens ist sie mir ein Begriff. »Dann gibt es die Webster Hall, in der jeder, von Tina Turner bis zu den Ting Tings, schon mal aufgetreten ist. Und das Limelight, wo Gloria Estefan und Britney Spears und Whitney Houston auf der Bühne standen, bevor es dichtmachte. Und …«, sage ich und beuge mich vor, während sich Aufregung in mir breitmacht, » … es gibt John Varvatos. Das ist ein Modedesigner, der eine Herrenboutique auf der Bowery 315 hat, wo früher das legendäre CBGB war. Varvatos nutzt das Punk-Club-Ambiente als Inspiration. Wir könnten die Mädchen dort hinführen, damit sie eine Ahnung davon bekommen, wie es damals war, als Deborah Harry mit Blondie und Heart of glass Beifallsstürme auslöste … mehr oder weniger. Und Madonna wohnte mal im Chelsea Hotel. Wir könnten also solche Aspekte betonen. Janis Joplin, Joni Mitchell, Patti Smith und so weiter, es gibt unheimlich viele großartige Musikerinnen, die im Chelsea gewohnt haben.«
»Ich habe keine Ahnung, wer Patti Smith ist«, sagt Lisa und krault Tricky am Kopf, als er zu ihr auf die Couch springt. »Aber ich bin mir sicher, dass er wunderbar ist. Das hört sich alles wunderbar an.«
»Was ist wunderbar?«, fragt Sarah, die in ihren Doc Martens in das Büro gestapft kommt. Ihr dunkles Kraushaar steht in alle Richtungen ab, und ein Träger ihrer kurzen Latzhose hängt offen herunter. Das wirkt weniger verführerisch-lässig als gehetzt und durcheinander.
»Heather wird mit den Camperinnen eine Rock-’n’-Roll-Besichtigungstour durch New York machen«, antwortet Lisa strahlend. »Nachdem wir die Geschenke von Tanias Fans ins Kinderkrankenhaus gebracht haben.«
»Augenblick«, sage ich und lehne mich auf meinem Stuhl zurück. »Ich habe nicht gesagt, dass ich das machen werde. Ich sagte, wir sollten das machen …«
»Aber Sie wissen so viel darüber«, sagt Lisa. »Wer könnte es sonst machen? Ich kenne nicht einmal die Hälfte der Namen, die Sie gerade genannt haben, und ich habe auch noch nie vom Limelight gehört oder von … Wie heißt der andere Laden? John Varvargoes?«
»Der Designer?« Sarah sieht mich ungläubig an. »Dieser Mann hat Sebastians Männerhandtasche entworfen.« Dann bricht sie in Tränen aus.
»O mein Gott«, sagt Lisa und sieht überrascht zu mir, dann wieder zu Sarah. »Was ist los, Sarah?«
»Nichts«, sagt sie und lässt sich auf ihren Schreibtischstuhl plumpsen. Die Tränen laufen ihr unablässig die Wangen hinunter. »Alles okay. Einfach ignorieren. Falls es noch keiner bemerkt hat, Sebastian und ich haben Probleme.«
Endlich, denke ich, spricht sie darüber. Ich greife nach der Kleenexbox auf meinem Tisch und rolle dann mit meinem Stuhl zu ihr hinüber, um sie ihr zu geben.
»Welche Art von Problemen?«, frage ich, während ich daran denke, wie sehr Tom und Steven sich darüber freuen werden. Natürlich nicht darüber, dass Sarah unglücklich ist, sondern dass es bei ihr und Sebastian kriselt, weil die beiden ihn nämlich nicht ausstehen können.
»Nun«, sagt Sarah, zieht eine Handvoll Papiertücher heraus und drückt sie an ihr Gesicht, »wenn du es unbedingt wissen musst, es geht um die Zukunft unserer Beziehung. Ich komme mir albern vor, mit euch darüber zu reden, schließlich seid ihr beide glücklich verlobt …«
Lisa sieht mich scharf an. »Sie sind verlobt?«
Ich zucke mit den Achseln. »Nicht offiziell. Wir haben nur darüber gesprochen.«
»… während ich nicht einmal fähig bin, einen Mann, der eine Handtasche mit sich herumträgt, dazu zu bringen, dass er sich zu
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