Keine Schokolade ist auch keine Loesung
Anbetracht dessen, dass sie barfuß ist und nur eins meiner vielen Sugar-Rush-T-Shirts anhat. Von Baby und Lucy in ihrem Gefolge haben wir nicht einmal das Klickklick der Hundekrallen auf dem Parkett gehört.
»Tania«, sagt Jordan und steht auf. »Ich … ich …«
Tanias Blick schnellt zu mir, ihre Augen füllen sich wieder einmal mit Tränen. »Du hast es ihm gesagt?«, schreit sie, so gekränkt, dass man meinen könnte, ich hätte ihr ein Messer ins Herz gerammt.
Ich schüttle den Kopf. »Nein«, sage ich. »Ich schwöre, Tania, er ist von selbst …«
»Herrgott, Jordan«, sagt Cooper wütend. »Sag ihr die Wahrheit.«
»Tania.« Jordan stolpert hinter dem Tisch hervor, und streckt flehentlich seiner Frau die Hände entgegen. »Baby. Das ist alles meine Schuld. Er hat mich auch erpresst …«
Tanias Stimme kippt. »Wirklich?«
Jordan nickt. »Ja, Baby. Aber ich habe falsch reagiert. Das weiß ich inzwischen. Ich hätte für dich da sein müssen. Du hättest das nie allein durchmachen dürfen.«
»Ich dachte, du würdest mich hassen«, sagt Tania mit einem Schluchzen.
»Tania«, sagt Jordan, er schluchzt auch. »Wie kannst du überhaupt so etwas denken? Du bist mein Engel.«
Tania macht zwei taumelnde Schritte und landet in Jordans Armen. Jordan vergräbt das Gesicht in ihren zerzausten Locken, und die beiden stehen weinend unter dem Glasdach des Küchenerkers, während in der Ferne die Lichter der Fischer Hall funkeln. Dieses Bilderbuchmotiv wird nur leicht gestört, als Baby Lucys Hundenapf entdeckt und anfängt, geräuschvoll das Trockenfutter zu kauen.
»Ist gut, Schätzchen«, sage ich und kraule Lucy an den Ohren. »Du bist eine sehr gute Gastgeberin.«
Sie wirkt ein bisschen besänftigt.
»Ich glaub, wir gehen jetzt ins Bett«, kündigt Cooper an, nachdem Jordan und Tania keine Anstalten machen, sich aus ihrer Umarmung zu lösen.
»Okay«, sagt Jordan, die Stimme durch Tanias Haare gedämpft. »Bis morgen.«
Cooper sieht mich mit übertrieben verdatterter Miene an. »Gut«, sagt er. »Versucht bitte nicht, eins der Fenster zu öffnen oder aus dem Haus zu gehen – nicht einmal auf einen der Balkone. Die Alarmanlage schlägt dermaßen laut an, dass die ganze Nachbarschaft davon wach wird, und außerdem geht bei der Sicherheitsfirma und bei der Polizei ein Notsignal ein, dass es einen Eindringling gibt, und die werden dann in zwei bis drei Minuten hier anrücken. Aber bevor sie eintreffen, werde ich euch bereits erschossen haben.«
»Alles klar«, sagt Jordan, er spricht immer noch in Tanias Haare.
»Wir werden nicht rausgehen«, sagt Tania, deren eigene Stimme durch Jordans Kimono gedämpft wird. »Wir bleiben in Heathers Zimmer mit Miss Mexiko.«
Cooper sieht mich fragend an. Ich schüttle den Kopf. »Frag nicht«, sage ich.
27
Tania Trace Rock Camp
und Cartwright Records Television
präsentieren das allererste
ROCK OFF
Sechsunddreißig der talentiertesten Mädchen Amerikas werden Samstagabend im Tania Trace Rock Camp um den Titel »Girl Rockrrr of the Year« antreten. Das Camp – das in den vergangenen zwei Wochen im New York College veranstaltet wurde – unterstützt junge Frauen, indem es ihnen Möglichkeiten zur musikalischen Erziehung bietet, die sie sonst vielleicht nicht hätten.
»Der Sinn des Camps war es, junge Frauen durch Songwriting und Performance zu stärken«, sagt Tania Trace, Gewinnerin von vier Grammys und werdende Mutter. »Stattdessen haben diese Mädchen mich gestärkt mit ihrer Kraft und ihrem Mut in schwierigen Zeiten.«
Die Gewinnerin des Rock Off erhält fünfzigtausend US-Dollar und einen Plattenvertrag von Cartwright Records.
Ich starre auf mein Spiegelbild in der Garderobe. Ich habe keinerlei Ähnlichkeit mit meinem normalen Ich. Das liegt daran, dass ich von Kopf bis Fuß – das heißt an all den Stellen, wo Haut herausschaut, also am Ausschnitt, an den Ärmeln und unterhalb des Glitzersaums des Kleides, das ich anhabe – mit Nude Beige Nr. 105 eingesprüht bin. Meine blonden Haare sind mithilfe von einer Million Haarklammern hochgesteckt und meine Lippen mit rotbraunem Lippenstift zugekleistert. Falsche Wimpern kleben an meinen Lidern.
»Ich sehe aus wie ein Freak«, sage ich.
»Du siehst wunderschön aus«, sagt Tania, während die Stylistin ein letztes Klämmerchen in meine Haare steckt. »Wie Miss Mexiko.«
»Oh, auf dieser Veranstaltung habe ich dieses Jahr auch schon gearbeitet«, sagt die Stylistin. »Ich dachte, Miss Mexiko wäre
Weitere Kostenlose Bücher