Keine Schokolade ist auch keine Loesung
wahrscheinlich mehr dazu sagen.«
Ich werfe Wynona einen fragenden Blick zu, aber die schüttelt nur den Kopf und sagt »Mmm-mmm-mmm« über ihren Kaffee hinweg, ein Signal, dass sie noch nicht bereit ist zu reden. Ich drehe mich wieder zu Jamie um.
»Vier Serviceanfragen und ein Störfallbericht«, sagt sie und nimmt die Formulare aus dem Postfach der Wohnheimleitung. »Anscheinend hat in 1718 der Wasserhahn am Waschbecken getropft. Der Hausmeister vom Dienst hat das behoben. Die übrigen Anfragen beziehen sich alle darauf, ob man nicht die Fenstersicherungen entfernen kann, damit die Mädchen die Fenster mehr als fünf Zentimeter weit öffnen können, um den Springbrunnen im Park zu fotografieren. Als würde es ihnen darum gehen. »Oh«, fügt sie hinzu, und das Oh wird von einer Sorgenfalte auf ihrer Stirn begleitet, »eins noch …«
Mir gefällt nicht, wie sich das anhört.
»Was?«, frage ich angespannt.
»Nun, es sieht so aus, als hätte ein Mädchentrio aus einem der Apartments seine Aufsichtsmutter heute Nacht ausgetrickst, als diese schlief, und sich nach unten geschlichen.«
»Was?«
Mein Herz fängt an, laut zu pochen. Ich nehme Jamie den Störfallbericht aus der Hand und überfliege ihn rasch. Er ist sehr detailliert. Die Mädchen sind darin namentlich aufgeführt. Der erste Name, auf den mein Blick fällt, ist Cassidy Upton.
»Wo wollten die überhaupt hin?«, frage ich. »Haben wir ihnen gestern Abend nicht ihre Ausweise abgenommen?«
Das war ein Plan, den Lisa und ich ausgeheckt hatten. Um zu verhindern, dass die Mädchen sich nachts heimlich aus dem Gebäude schlichen, hatten wir sie angewiesen, jeden Abend ihren New-York-College-Ausweis bei der diensthabenden Aufsicht abzugeben. Sie mussten sich dort auch wieder melden, wenn sie in das Gebäude zurückwollten.
»Doch, schon«, sagt Jamie. »Aber die Mädchen haben das Gebäude gar nicht verlassen. Sie haben in der Lobby ein paar Basketballer getroffen …«
Ich lasse stöhnend den Kopf auf die Theke sinken. »Sprich nicht weiter.«
»Ich fürchte, ich muss«, sagt Jamie.
»Dann sag bitte …«, ich hebe den Kopf, um Jamie flehentlich anzublicken, »… dass sie sich Popcorn gemacht haben, dann im Aufenthaltsraum einen Glee -Serienmarathon veranstaltet haben und hinterher schlafen gegangen sind. In getrennten Zimmern.«
»Das kann ich nicht sagen«, erwidert Jamie. »Weil es nicht so war. Sie kennen doch Magnus, diesen Riesen aus dem Basketballteam? Nun, Magnus hat im Laden an der Ecke Bier besorgt. Dann sind sie alle zusammen unten im Spielzimmer verschwunden, um das Bier zu trinken und Fußball und Billard zu spielen.«
Ich lese die von Hand geschriebenen Zeilen voller Ungeduld, um zu erfahren, was als Nächstes geschah. »Das ist kein angemessenes Verhalten für das Tania Trace Rock Camp for Girls«, murmle ich leise vor mich hin.
»Da stimme ich Ihnen zu«, sagt Jamie belustigt. »Wynona hat sie natürlich die ganze Zeit im Blick behalten, hier oben auf den Überwachungsmonitoren.«
Ich sehe hinüber zu Wynona, die von ihrem Kaffee aufblickt und bemerkt: »Sie hätten mal die Gesichter der Mädchen sehen sollen, als ich schließlich runterging und sie fragte, was zum Teufel sie da eigentlich machen.«
Am liebsten würde ich Wynona um den Hals fallen. Aber mir ist bewusst, dass das auch unangemessen wäre.
»Waren sie baff?«, frage ich sie stattdessen.
»Ich weiß nicht, was die meinen, was für eine Art von Haus das hier ist«, erwidert Wynona. »Eine dieser Mini-Lolitas stand doch glatt auf dem Billardtisch, um eine Art Striptanz für die Jungs hinzulegen. ›Sieht das hier etwa aus wie ein zwielichtiges Etablissement?‹, habe ich sie gefragt. Und diese Jungs, die hätten es eigentlich besser wissen müssen. Ich wollte wissen, ob sie nicht schon genug Ärger am Hals hätten und ob sie möchten, dass der Präsident erfährt, dass sie Mädchen, die in die neunte Klasse gehen, Bier spendieren.«
»Und was passierte dann?«, frage ich.
»Nun, die Jungs haben natürlich behauptet, die Mädchen hätten ihnen erzählt, dass sie einundzwanzig seien. Aber welche Einundzwanzigjährige trägt Hello-Kitty-Unterwäsche? Ich habe zu der Tänzerin auf dem Billardtisch gesagt: ›Mädchen, zieh dich wieder an. Ist dir bewusst, dass dein Strip in voller Länge von der Sicherheitska mera aufgenommen wurde? Ich hätte gerade nicht übel Lust, das Band deiner Mutter vorzuspielen. Und wenn du meine Tochter wärst, würde ich dich den ganzen
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