Keine Schokolade ist auch keine Loesung
höchstwahrscheinlich nur noch wütender machen würde und dass er, wenn er nach wenigen Tagen – vielleicht sogar schon nach wenigen Stunden – aus dem Knast entlassen werden würde, nach Hause kommen und mich noch heftiger verprügeln würde, selbst wenn ich eine Schutzanordnung gegen ihn erwirken würde. Sie empfahlen mir daher, zuerst einen sicheren Unterschlupf zu suchen, und wenn ich ihn dann immer noch anzeigen wollte, würden sie ihn verhaften. Aber ich hatte niemanden, bei dem ich untertauchen konnte …«
»Genau aus diesem Grund gibt es Frauenhäuser, Tania«, erklärte ich ihr. »Sie gewähren Frauen, die misshandelt wurden, Zuflucht. Hat die Polizei dir nichts davon gesagt?«
Sie schnitt eine Grimasse. »O doch, natürlich. Aber da wollte ich nicht hin. Ich wurde ja nicht misshandelt. Gary ist bloß manchmal die Hand ausgerutscht, wenn er supergenervt war. Deshalb habe ich nie Anzeige erstattet. Mr. Hall – ich meine Gary – hat gesagt, wenn ich das mache, dann …« Sie verstummte.
»Was dann?« Ich konnte kaum glauben, was ich da hörte. »Was dann, Tania? Was ist das Schlimmste, was er dir antun kann? Er hat bereits Jared umgebracht, und er hat versucht, Bear zu töten. Oder willst du mir hier erzählen, dass diese Kugel Bear rein zufällig erwischt hat, so wie du es allen anderen erzählt hast?«
Tanias große Bambiaugen füllten sich mit Tränen. »Es geht nicht um mich«, sagte sie mit einem Schluchzen. »Ich mache mir keine Sorgen um mich. Es gibt nichts, was er mir antun könnte, das er mir nicht bereits angetan hat. Ich will nur nicht … ich will nicht, dass er dem Baby Schaden zufügt. Ich darf nicht zulassen, dass meinem Kind etwas zustößt.«
Das war es also. Tania war es gleichgültig, was mit ihr passierte – anscheinend dachte sie, körperliche Misshandlung verdient zu haben, jedenfalls genug, um sich selbst Schmerzen zuzufügen. Aber gleichzeitig war bereits ihr Mutterinstinkt erwacht und erlaubte ihr nicht zuzulassen, dass jemand ihrem ungeborenen Kind etwas antat.
»Also gut«, sagte ich zu ihr. »Aber was, wenn er es als Nächstes auf Jordan abgesehen hat? Findest du nicht, Jordan hat ein Recht darauf, eingeweiht zu werden? Er liebt dich. Er wird dafür Verständnis haben.«
Sie schüttelte vehement den Kopf. »Du verstehst das nicht«, flüsterte sie. »Gary besitzt Fotos. Er hat damit gedroht, sie an Jordan zu schicken.«
O nein, dachte ich. Kann das alles hier noch schlimmer werden?
»Tania«, sagte ich, »im Internet wurden schon von vielen weiblichen Prominenten peinliche Bilder veröffentlicht. Madonna. Scarlett Johansson. Jemand hat ein Foto von Katy Perry getwittert, auf dem sie völlig ungeschminkt ist. Ich glaube nicht, dass Jordan damit ein Problem haben würde, und deine Karriere würde das ganz sicher über stehen.« Ein guter PR-Manager, dachte ich, könnte die Sache sogar in Gold verwandeln. Alles, was Tania dafür tun müsste, war, Oprah ein Exklusivinterview zu geben und ein paar private Kinderfotos von sich in ihrem zweifellos heruntergekommenen Zuhause zur Verfügung zu stellen, und Gary Hall würde als das Ungeheuer dastehen, das er war. »Ein paar heiße Fotos – sogar ein Sexvideo – werden deiner Ehe oder deiner Karriere nicht schaden.«
»Nicht diese Art von Fotos«, sagte Tania entsetzt. »So was würde ich nie machen. Ich bin ja nicht blöd. Ich habe immer geahnt, dass ich einmal berühmt werde, und ich würde niemals jemandem erlauben – nicht einmal meinem Ehemann – freizügige Bilder von mir zu machen. Nein, Gary hat damit gedroht, unsere Hochzeitsfotos zu veröffentlichen.« Zum ersten Mal an diesem Abend sah ich einen Hauch von der Frau in dem Video zu So sue me , von der grimmigen Diva mit der Peitsche, die sich von keinem Mann etwas bieten ließ. »Und dazu wird es nicht kommen. Keine Polizei. Niemand. Nur du.«
»Okay«, lenkte ich ein. »Wir werden das privat behandeln.«
Natürlich war das gelogen.
»Du meintest vorhin, Hall schickt ihr seine erpresserischen Forderungen per E-Mail«, sagt Cooper. »Er ist wahrscheinlich clever genug, um ausschließlich Computer in Internet-Cafés zu benutzen, aber hat sie zufällig eine von diesen Mails an dich weitergeleitet? Das könnte uns nämlich helfen, ihn aufzuspüren, falls er autark lebt.«
»Autark?«, frage ich. »Du meinst zum Beispiel in den Everglades oder so?«
Cooper grinst. »Nein. Typen wie Hall besitzen gewöhnlich keine Kreditkarte«, erklärt er. »Sie möchten
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