Keine Zeit für Vampire
benutzbar ist, nach Hause zurückzukehren.« Sein Blick heftete sich auf mich. »Ich bin davon ausgegangen, dass du gemeinsam mit mir zurückkehren würdest.«
»Ich … Ich finde, du solltest, bevor du großartige Pläne schmiedest, wieder in die Vergangenheit zurückzukehren, erst einmal der Gegenwart eine Chance geben«, formulierte ich vorsichtig.
Er musterte mich eindringlich. »Dir haben mein Heim und meine Zeit nicht gefallen.«
»Das habe ich nicht gesagt. Ich meinte nur, dass du meine Zeit erst einmal ausprobieren solltest, bevor du – bevor wir – eine Entscheidung treffen. Okay?«
Er verstummte für eine Weile. »Na schön. Du hast einige Tage in meinem Zuhause verbracht. Dann kann ich dasselbe auch für dich tun.«
Ich verkniff mir den Kommentar, dass ich ihm in solch einer kurzen Zeitspanne nicht einmal annähernd zeigen könnte, wie es in der Gegenwart zuging, denn ich wusste, dass das ebenso auf die Vergangenheit zutraf. Wenn ich zu diesem Thema eine Diskussion vom Zaun brechen würde, würde sie sich nicht so einfach wieder beilegen lassen.
Ich wechselte das Thema. »Wie hungrig bist du denn? Sollte ich meiner Bissigkeit nachgeben, damit du wieder auftanken kannst, oder kann das noch warten, bis wir ein verschwiegeneres Örtchen dafür finden als den Straßenrand neben einem Wald, in dem es spukt?«
Er seufzte. »Im Zauberwald spukt es nicht. Er ist einfach nur … anders.«
Ich schlang die Arme um ihn und biss ihn zärtlich in die Sehne an seinem Hals.
»Dein Versuch, mich zu einem Stelldichein zu verleiten, kommt zu einem völlig unpassenden Zeitpunkt«, bemerkte er streng, bevor sich sein Mund auf meine Lippen stürzte und seine Zunge so herrisch meinen Mund eroberte, dass ich wie Wachs in seinen Händen schmolz. »Es ist helllichter Tag, und sollte ich mich auf deine lüsternen und völlig unpassenden Begierden einlassen, würde ich mir schwere Verbrennungen auf Rücken und Po zuziehen.«
»Uns bleibt immer noch der Wald«, bemerkte ich und klang dabei so verschämt, dass es mich selbst überraschte. Ich war eigentlich niemals schüchtern! »Und ich könnte ja vorsichtshalber oben liegen. Nur für den Fall, dass sich ein lästiger Sonnenstrahl durch die Zweige stehlen sollte.«
Sein Blick wanderte zu den Bäumen hinüber, und er grübelte für einen Augenblick über mein Angebot nach. Ich konnte ihm ansehen, wie scharf er nachdachte und das Verlangen und den Hunger, den er so massiv zügeln musste, gegen seine unbändige Neugier auf diese neue Welt abwog. »Das würde unweigerlich dazu führen, dass sich Tannennadeln bei mir in Körperstellen verirren, wo ich sie vorzugsweise nicht auffinden möchte.«
Ich drückte ihm lächelnd einen schnellen Kuss auf. Dann ging ich zum friedlich grasenden Thor und führte ihn zu Nikola, der im Schatten auf uns wartete. »Dann also später. Meinst du, dass du reiten kannst, wenn du dir meinen Schal um den Kopf legst?«
»Ich bin ein ausgezeichneter Reiter. Ich beherrsche mein Pferd mit oder ohne Schal um den Kopf.«
»Klugscheißer. Du weißt genau, was ich damit meine.«
Er hob mich hoch und setzte mich in den Sattel. »Allerdings. Doch die Frage ist irrelevant, denn Thor hätte etwas dagegen, wenn zwei Reiter auf seinem Rücken säßen.« Damit nahm er wieder die Zügel an sich und führte das Pferd weiter am Waldrand entlang, wobei er sich weiterhin so weit wie möglich im Schatten hielt.
»Bestimmt nicht, aber dann wären wir zumindest schneller, und außerdem würde ich mich dann nicht so schuldig fühlen, weil ich auf dem Pferd sitzen kann und du laufen musst. Oh, Mann, dein Gesicht wird ja schon ganz rot. Hier, lass mich den Schal um deinen Kopf wickeln. Dann bist du zumindest ein wenig geschützt.«
Zuerst wehrte er sich, aber nach einer kurzen Diskussion gab er doch nach und ließ zu, dass ich den Schal um seinen Kopf legte.
Schweigend setzten wir unseren Weg fort. Wir hörten nichts als die spitzen, hohen Rufe der Vögel und gelegentlich auch einen tiefen, dröhnenden Ton, den ich problemlos als Motor eines in der Ferne vorbeifahrenden Autos identifizieren konnte.
»Wie alt warst du eigentlich, als du in einen Vampir verwandelt wurdest?«
Nikolas blaue Augen blitzten. »Ich war siebenundzwanzig. Etwa ein Jahr später starb meine Mutter. Sie wurde vom Typhus dahingerafft. Meine Brüder steckten sich ebenfalls an, überlebten aber.«
»Das tut mir leid. Das muss wirklich schwer für dich gewesen sein. Und du hattest keinen besten
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