Keine Zeit für Vampire
die Hände von meiner Taille zu meinem Po wandern. Herzchen, was du da fühlst, ist nicht dein Verlangen, mich zu beißen, sondern mein Bedürfnis, von dir zu trinken.
Ich kicherte über diesen Kosenamen und schmiegte mich enger an ihn. Haben wir etwa Appetit?
Mir schwant, dass das wohl immer so sein wird, wenn du in meiner Nähe bist. Und nun hör auf, dich auf diese Weise zu winden, die mich nur ablenkt. Ich versuche gerade, unsere Umgebung wissenschaftlich zu evaluieren.
Ach ja? Ich ließ ihn los. Meine Güte, ich hatte mich doch tatsächlich die ganze Zeit schamlos an ihm gerieben. »Wie machst du das denn?«
»Indem ich unser Umfeld einer gründlichen Beobachtung unterziehe.«
Ich beobachtete ihn eine Minute lang dabei. Er hielt einen Arm um mich geschlungen und ließ dabei langsam seinen Blick über das Gelände vor uns schweifen.
»Du guckst einfach nur«, entgegnete ich etwas verwirrt (das wurde langsam zur Gewohnheit).
»Ja. Auf wissenschaftliche Weise. Ich werde es dir gerne zu einem späteren Zeitpunkt genauer erläutern.«
»Das kannst du doch nicht als wissenschaftliche Studie bezeichnen. Wenn du ernsthaft eine vollständige Untersuchung anstreben würdest, dann müsstest du ja zum Beispiel das Areal mit einem Gitternetz einteilen und dann jedes Quadrat dieses Gitters nach Hinweisen oder Belegen absuchen, oder was auch immer man braucht, wenn man alles über ein bestimmtes Gebiet wissen will. Da wäre es auch nicht schlecht, wenn du diese kleinen Nummernkärtchen hättest, mit denen du interessante Sachen markieren könntest. Außerdem noch Latexhandschuhe und diese Schuhüberziehdinger, mit denen man keine Fußabdrücke hinterlässt. Ob es wohl möglich wäre, eine Infrarotkamera zu besorgen? So eine wollte ich schon immer haben. Hmm.«
Er unterbrach seine Evaluation und sah mich stirnrunzelnd an. »Was plapperst du da?«
»So funktioniert wissenschaftliches Arbeiten.« Ich schüttelte den Kopf. »Aber solche Kameras sind wahrscheinlich zu teuer, und außerdem habe ich gehört, dass man sie vorzugsweise nachts einsetzen soll, aber was soll das für einen Sinn haben, nachts den Boden zu durchleuchten?«
Er schickte sich schon wieder an, nach seinem Notizbuch zu greifen, musterte mich etwas merkwürdig von der Seite und ließ die Hand dann wieder fallen. »Nein. Ich werde mich deinem Versuch, mich vor Neugierde in den Wahnsinn zu treiben, widersetzen. Weder interessiert es mich, was Schuhüberziehdinger sind, noch, was eine Infrarotkamera ist und warum sie zu teuer ist. Auch dieses Tier, aus dem ihr eure Handschuhe schneidert, dieses Latack, muss ich nicht kennen.«
»Latex. Ist schon gut, Dusselchen«, tröstete ich ihn und tätschelte aufmunternd seinen Arm. »Nur nicht zu viel auf einmal. Du hast noch eine Menge Zeit, alles über das einundzwanzigste Jahrhundert zu lernen.«
»Schon, aber ich möchte so viel wie möglich erfahren, damit ich, wenn wir wieder zu Hause sind, in meinen Mußestunden meine ausführlichen Notizen studieren kann.«
Ich starrte ihn entgeistert an und bekam eine Gänsehaut. »Wenn wir wieder zu Hause sind?«
»Ja. Natürlich erst, wenn wir alles erkundet haben, was es hier zu entdecken gibt. Ich werde dich nicht drängen. Allerdings möchte ich Imogen auch ungern länger als einige Wochen allein lassen.«
»Aber … ähm … Nikola, wir sind zu Hause.«
Er drehte sich mit nachdenklicher Miene zu mir um. »Wir befinden uns in der Zukunft.«
»Ja, genau. Meinem Zuhause.«
»Aber nicht dem meinen.«
»Aber das ist die Zukunft! Die ist viel besser, als das, was du zurückgelassen hast!«, entgegnete ich gereizt. »Allein die aktuelle Technik wird dich umhauen.«
»Ich habe kein Interesse daran, umgehauen zu werden«, erwiderte er, und die Falten auf seiner Stirn vertieften sich. »Willst du damit sagen, dass du nicht mehr mit mir in mein Heim zurückkehren möchtest?«
Ich klappte meinen Mund erst einige Male wirkungslos auf und zu, ehe ich die Sprache wiederfand. »Nein, das will ich damit nicht sagen, aber, Nikola, wir wissen ja noch nicht einmal, ob es überhaupt möglich ist, wieder in deine Zeit zurückzukehren. Du hast ja selbst gesagt, dass das Portal so aussah, als wäre es beinahe verbraucht.«
»Aber mit der Zeit kann es sich womöglich wieder aufladen. Und sollte es das nicht tun, so können wir uns immer noch den Kopf darüber zerbrechen, wenn es so weit ist. Ansonsten habe ich vor, deine Welt zu erkunden, und wenn das Portal erst einmal wieder
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