Keine Zeit für Vampire
mich, und komm dann in einer halben Stunde ins Hotel, ja?«
»Io, was ist …«
»Ich muss los. Nikola hat eine FedEx-Botin entdeckt und quetscht sie gerade über ihr Lieferfahrzeug aus. Ich seh dich dann später!«
Bevor sie etwas erwidern konnte, legte ich schnell auf, rief der Frau im Garten im Vorbeilaufen flüchtig ein Dankeschön zu und schafft es gerade noch rechtzeitig, Nikola am Arm zu packen, bevor die Paketbotin ihn in ihren Laster zerren konnte.
Was für ein Flittchen.
»Da bist du ja, Schätzchen«, verkündete ich lautstark und zeigte der dürren, blonden Frau die Zähne. Sie hatte die Hand auf Nikolas Arm gelegt und versuchte, ihn dazu zu bewegen, in ihr Auto zu steigen. Von ihren zuckersüßen Schmeicheleien standen mir die Haare zu Berge. Ich band Thors Zügel vom Briefkasten los, zerrte ihn hinüber zu Nikola und schubste das Pferd unauffällig, bis es der Frau auf den Fuß stieg. »Ich habe dir doch gesagt, ich bin gleich wieder da. Nein, Thor! Böses Pferdchen! Man darf den Menschen nicht auf die Füße treten. Das mögen die nicht.«
Nikola sah mich eindringlich an.
Die Frau stieß wilde Flüche auf Deutsch aus und hüpfte auf einem Bein herum. Ich grinste sie breit an. »Tut mir leid. Du bist hier fertig, Nikola? Sehr gut. Dann lass uns jetzt zum Hotel gehen und sehen, ob wir einen Parkplatz für Thor finden.«
Er musterte mich missbilligend und meinte dann mit einem Blick auf den Laster: »Diese Frau hat mir angeboten, mir das Innere ihres Gefährts zu zeigen. Es scheint von diesem Benzinmotor, den du erwähntest, angetrieben zu werden, und ich würde es mir gerne genauer ansehen. Wenn ich deine Welt erforschen soll, dann muss ich verstehen, wie die Dinge funktionieren, und dazu gehört auch, wie ein …«, wieder musterte er den Lieferwagen, »… wie ein FedEx funktioniert.«
»Ach, Liebling«, sagte ich zu ihm und zerrte ihn sanft von der Verführerin fort. »Sie will dir noch ganz andere Sachen zeigen als nur ihre Pakete.«
Io, ich wünsche das Innere dieses Gefährts zu sehen.
Das weiß ich, aber glaub mir, diese Frau hat nicht vor, dir zu demonstrieren, wie der Lieferwagen konstruiert ist. Sie will dich einfach nur flachlegen.
Er sah etwas perplex aus. Wieso sollte sie mich angreifen und zu Boden strecken wollen? Ich habe ihr doch nichts getan.
Nikola, du bist jetzt wie alt? Über sechzig? Du siehst allerdings nicht älter aus als dreißig. Wie ein extrem attraktiver Dreißigjähriger. Deine wundervollen Augen, dein schwarzes Haar und natürlich dein Gesicht, ganz zu schweigen von deiner Brust und deinen Beinen und den unanständigen Dingen in deiner Hose. Und diese Frau – ich bitte dich, es ist doch offensichtlich. Ich stehe direkt vor ihr, mit der Hand auf deinem Arm, und trotzdem lamentiert sie unbeirrt auf Deutsch weiter. Was sie wohl sagt? Ich wette, sie säuselt dir verführerische, technische Dinge ins Ohr. Wie auch immer, jedenfalls will sie mit dir all die Dinge anstellen, die ich gerne mit dir machen möchte. Aber ich teile nun mal nicht gern. Also wird sie leider keine Gelegenheit haben, sie mit dir auf der Ladefläche ihres Schlampenmobils auszuprobieren.
Er fixierte mich mit einem langen Blick und zog dann sein Notizbuch hervor. Jetzt verstehe ich. Du bist eifersüchtig.
Stimmt gar nicht.
Die Frau versuchte schon wieder, Nikola zum Lieferwagen zu zerren.
Jetzt sah ich rot. »Jetzt hör mir mal zu, Fräulein, ich weiß ja nicht, wie ihr das hier in Österreich handhabt, und ich verstehe auch, dass ich mich als gute Amerikanerin euren Sitten anpassen sollte und so weiter, aber wenn du das noch einmal versuchst, dann verpasse ich dir eine. Er ist nicht zu haben, kapiert?«
Die Frau zischte mir auf Deutsch etwas Unverschämtes zu. Nikola lachte auf und antwortete ihr in derselben Sprache. Dann packte er Thors Zügel, legte einen Arm um mich und zog mich mit sich in Richtung Stadtzentrum.
»Na schön, Mr Weltgewandt, was hat sie so Lustiges gesagt? Und was hast du ihr erwidert, das sie so schockiert hat?«
»Sie wollte wissen, ob ich nicht meine Mutter loswerden könnte, damit sie mir in Ruhe alle meine Fragen über ihr Gefährt beantworten kann.«
Ich rang nach Luft. »Deine Mutter? Was für ein Miststück!«
Er drückte mich. »Ich habe ihr erklärt, dass du zu mir gehörst und dass ich mich zwar freuen würde, dass sie mich flachlegen möchte, aber dass allein du das darfst.«
»Äh, ja. Über die Verwendung von umgangssprachlichen Ausdrücken müssen
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