Keine Zeit und trotzdem fit
der Organismus vergrößert nicht nur seine Kapazitäten, sondern er sorgt auch noch vor. Wenn er verstärkt körperlich gefordert wird, ist damit zunächst sein inneres Stoffwechselgleichgewicht gestört, das heißt, er verbraucht mehr Energie als vorher. Diese nimmt er sich aus seinen Energiereserven. In der Erholungsphase werden diese Energiereserven nicht nur wieder aufgefüllt (kompensiert), sondern durch einen intelligenten Schutzmechanismus über das Ausgangsniveau hinaus aufgefüllt, um im Falle einer erneuten, gegebenenfalls höheren Belastung vor Erschöpfung gefeit zu sein. Dies nennt sich Superkompensation.
Als Schaubild lässt sich das so darstellen:
Das Prinzip der Superkompensation
|61| Lässt man nach diesem Reserve-Anlegen maximal zwei bis drei Tage verstreichen, dann beginnt man das nächste Ausdauertraining bereits auf einem höheren Niveau als vorher. Wiederholt man das Ausdauertraining beispielsweise alle zwei Tage, erlebt man, wie der Organismus Schritt für Schritt sein Leistungsniveau anhebt.
Steigerung des Leistungsniveaus
Das Training fällt dem Betreffenden dadurch immer leichter. Voraussetzung ist aber, dass man sich nicht überfordert, das heißt, dass man weder zu oft noch zu intensiv trainiert. Zu oft heißt in diesem Fall, dass das erneute Training nicht vor dem völligen Abschluss der Erholungsphase eintreten darf. Diese dauert je nach Belastung eine Stunde bis zu zwei Tagen.
Hält man sich hingegen an eine tägliche oder im Abstand von zwei bis drei Tagen durchgeführte leichte bis mittlere Belastung mit etwa 50 Prozent des Leistungsvermögens, erreicht man schon in kurzer Zeit erhebliche Leistungsverbesserungen.
Nach zehn Wochen Ausdauertraining von täglich zehn Minuten verbessert sich die maximale Sauerstoffaufnahmekapazität und damit die Kondition um bis zu 20 Prozent
|62| Wir selbst haben in unserem Institut in einem dreiwöchigen Trampolintraining mit 25 Probanden bei einer Pulsbelastung von 110 Schlägen pro Minute und täglich nur zehn Minuten Dauer eine durchschnittliche Leistungssteigerung von 14 Prozent erreicht. Der entscheidende Gewinn liegt darin, dass
durch Bewegungsreize in den Muskelzellen und Muskelfasern eine bis zu 100 Prozent vergrößerte Anzahl von Mitochondrien und Ribosomen,
eine Aufstockung des Glykogendepots (Energiespeicher) sowie
eine Zunahme des Myoglobingehaltes (Sauerstoffreservoir) erreicht wird.
Lässt man allerdings mehr als drei Tage verstreichen, bevor man sich wieder dauerbelastet, geht dieser Effekt völlig ungenutzt verloren. Deshalb ist es so wichtig, regelmäßig drei- bis viermal in der Woche zu trainieren. Und deshalb ist das anderthalbstündige Training einmal pro Woche, zum Beispiel am Wochenende, im Sinne der Konditionssteigerung letztlich wirkungslos!
20 Jahre 40 Jahre jung bleiben
An einem einleuchtenden Beispiel hat Wildor Hollmann die Wirkung des Ausdauertrainings erläutert: »Das über 100 Jahre alte Aspirin wird gefeiert. Studien beweisen, dass es in der Lage war, die Herzinfarktwahrscheinlichkeit um 47 Prozent zu senken. Mit Recht also wird ein solches Medikament gefeiert, obwohl das natürlich seine unerwünschten Nebenwirkungen hat. Gäbe es nun ein Medikament, welches folgende gesicherte Eigenschaften besäße:
hochprozentige Senkung des Sauerstoffbedarfs des Herzens,
Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit,
Verbesserung der Fließeigenschaften des Blutes,
|63| Verminderung der Thrombosegefahr,
Reduzierung der die Arteriosklerose verursachenden Substanzen bei gleichzeitiger
Steigerung der diesbezüglichen Abwehrkräfte und
Begünstigung hormoneller Reaktionen,
wie würde wohl ein solches Supermedikament weltweit tagein, tagaus gefeiert werden! Die regelmäßige Einnahme eines solchen Präparats würde zur Selbstverständlichkeit unseres Alltags zählen. Aber all das ist durch ein entsprechend betriebenes Ausdauertraining möglich, und es zeigt obendrein keine unphysiologischen Nebenwirkungen. Vornehmlich trifft das auf den langsamen Dauerlauf zu.«
Hollmann fasst dies in der Behauptung zusammen: »Durch moderates Laufen kann man 20 Jahre 40 Jahre jung bleiben.« Ich, Gert von Kunhardt, kann für mich bestätigen, dass ich bei ergometrischen Untersuchungen regelmäßig Erstaunen über meine »jugendlichen Ergebnisse« hervorrufe. Eine Arzthelferin hat mir im vorigen Jahr gleich zweimal hintereinander ein EKG (Elektrokardiogramm) abgefordert, weil sie glaubte, einen Fehler gemacht zu haben. Als ich beim
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