Keinen Plan, ein Paar Socken und 1000 km vor sich...
von einem Schnitt
von 5km/h ausgeht, der für mich nach den letzten Etappen als durchaus
realistisch einzuschätzen ist.
Ich entscheide, mir die Quelle erst einmal anzugucken. Sie
ist atemberaubend. Ein kleines Waldstück mitten im Nirgendwo mit der erwähnten
Quelle, eine kleine gepflegte Herberge mit zehn frisch bezogenen Betten und wie
sich dann zeigt, eine zwar arg dominante, deutsche „Mutter der Kompanie“ als Hospitalera,
aber Dusche, Toilette und warmes Wasser sind vorhanden. Editha hat zwar ihre
unmissverständlichen Strukturen und Regeln, ist aber wirklich nett und kocht
sogar für den Abend ein phantastisches Menü mit ausschließlich frischen
Zutaten. Das ist nicht immer auf dem Weg üblich. So muss ich der Señora in
Hornillos also dankbar sein, dass sie mich weggeschickt hat. Ich hätte dieses Kleinod
niemals als potentielle Herberge in meine Planung einbezogen. Die Ruhe ist
himmlisch, es redet kaum einer ein Wort, wir essen zusammen, Editha versorgt
die Verletzungen an den Füßen und schließlich wird eine gemeinsame Weckzeit
ausgemacht. Was alles möglich ist, wenn die Herbergsmutter eine Richtung
vorgibt. Ich bin mal wieder erstaunt.
Noch ein absoluter Geheimtipp unserer Fußpflegerin Editha
aus San Bol … Damenbinden als Polsterung für verwundete Stellen der
geschundenen Füße.
27.05.: San Bol – Hontanas (5,0km)
Auf den ersten Metern des Weges merke ich wieder mein
linkes Knie. Es ist nichts wirklich Schlimmes, aber ich habe gestern genügend
Beispiele vor mir sitzen gehabt, deren Füße und Beine so arg mitgenommen sind,
dass an ein Weitergehen nur mit wirklichen Schmerzen zu denken ist. Ich hole
Kim, die Belgierin ein, die nur die nächsten fünf Kilometer gehen wird. Ich
schließe mich zumindest bis zum nächsten Ort ihrem Tempo an. Ist angenehm, mal
ganz langsam zu laufen und ein völlig anderes Gefühl.
Im nächsten Ort wird gefrühstückt – das zweite, diesmal
etwas üppiger als in San Bol. Wir treffen dort Lena (Deutschland), die wie Kim
ebenfalls Schmerzen hat und auch Andreas (Finnland), den diverse Blasen plagen.
Wir alle haben die Nacht zusammen in San Bol verbracht. Ich entscheide
kurzerhand einen kurzen Tag einzulegen und es bei den fünf Kilometern zu
belassen. Somit bin ich morgens um 9:00 Uhr fertig mit meinem Tagewerk. Wir
vier finden die nächste schöne Herberge von dem gleichen Besitzer wie San Bol.
Er erkennt uns wieder und wir vier erhalten ein Sechsbett-Zimmer, dem keine
weiteren Pilger zugeordnet werden. Ein wirklicher Ballsaal im Vergleich zu den
anderen Herbergen und wirklich sauber.
Wir faulenzen den Tag in der Sonne, lesen, treffen bekannte
Pilger und kochen abends zusammen. Der Schlaf ist erfreulicherweise in der
zweiten Nacht infolge wirklich erholsam. Was auch daran liegt, dass wir vier
uns kennen und keiner schnarcht.
28.05.: Hontanas – Itero de la Vega (21,3km)
Wir starten morgens mit einer erweiterten Truppe. Gregor
und Daniel stoßen zu uns. Daniels Aufgabe für heute, mir möglichst viele Wörter
auf Französisch beizubringen, stellt sich für den 15-Jährigen als keine allzu
leichte Aufgabe heraus. Zwei Stunden malträtiert er mich mit Farben, Sonne,
Regen und alles was einem auf dem Weg so begegnen kann. Danach brauche ich eine
Pause. Das reicht, zumal ich wirklich Schwierigkeiten habe ihm zu folgen, da er
so gut wie kein Englisch spricht. In Castrojeriz essen wir noch zusammen
Mittag. Danach trennen sich unsere Wege. Ich entscheide mich weiterzugehen, die
paar Kilometer sind zu wenig. Es ist wieder einmal sehr schade, die Gruppe zu
verlassen, aber Greg und Daniel machen morgen sowieso Pause und die Mädels (Kim
und Lena) haben zu schwer mit ihren Knien zu kämpfen. Alles in allem kann ich
das Tempo nicht halten, sonst muss ich doch noch Sonderurlaub beantragen.
Also gehe ich weiter, lerne auf dem Weg Claire aus
Frankreich kennen, verlasse sie allerdings an der Herberge in San Nicolas, da
sie noch geschlossen ist und ich knapp zwei Stunden warten müsste. Eine mehr
oder weniger kluge Entscheidung, da die Herberge anscheinend ein weiteres
wirkliches Kleinod des Weges darstellt. So gehe ich weiter in den nächsten Ort
und treffe Andreas wieder sowie Bea und Catia, mit denen ich mich kurz in
Castrojeriz unterhalten habe. Wir vier, Nick und ein spanisches Pärchen
bestellen für den Abend Paella vor.
Das wiederum war eine kluge Entscheidung, da an
selbstgemacht und hervorragend schmeckend für nur vier Euro inkl. zwei Flaschen
Wein wirklich gar
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