Keinen Plan, ein Paar Socken und 1000 km vor sich...
Konsonantenfolgen ganz andere
gesprochenen Laute als unsereins. Deutsch hört sich für sie sehr abgehakt und
fast aggressiv an. Uns fehlt die Melodie in der Sprache, manchmal aber auch
Gott sei Dank die Lautstärke. Kurz vor Sarria merke ich, dass mit meinem Zahn
irgendwas nicht stimmt. So scharfkantig habe ich ihn nicht in Erinnerung.
Irgendwas musste mir ja passieren. Mist! Ändern kann ich nichts daran,
Schmerzen habe ich keine. Also kümmere ich mich nach einigem Überlegen dann
doch nicht darum. Erst wenn es akut wird, so entscheide ich, gehe ich zum Arzt.
Auf Spanisch mein Problem erörtern und dazu einem Arzt vertrauen, den ich nicht
kenne und wahrscheinlich nicht verstehen werde, ist mir dann doch zu viel.
Zumindest so lange es nicht sein muss. Wir haben heute knappe zwei Stunden
Pause gemacht und sind trotzdem völlig fertig, als wir in Sarria ankommen. Die
öffentliche Herberge ist voll. Dafür bekommen wir einen Tipp von einem anderen
Pilger und finden so eine private Herberge mit frisch bezogenen Betten und
kompletter Bettgarnitur. Das wird eine Nacht werden! Catia erhält an dem Abend
noch eine SMS, dass Sandy und auch Jacqueline schon in Moimentos (Mercadoiro)
sind – eine ganze Tagesetappe vor uns … die spinnen die Österreicher. Da ist
uns die Dame doch mal eben unter Nutzung der kürzeren Wegalternative 20 km
voraus. Wir essen noch zu Abend, treffen Steve, Stephan, Paulette, die anderen
Österreicher. Helmut und Klaus, diverse andere, uuuuund – ja zu meinem ganz
persönlichen Tageshighlight zählend – auch Hannes und Peter wieder. Ich schlafe
heute hervorragend, zumindest bis zum Wecken!
12.06.: Sarria – Portomarin (23,3km)
Tja so ist das. Gestern Nachmittag den netten Tipp von dem
freundlichen Opi für die Herberge bekommen, dann gestern Abend auch noch gut
mit ihm unterhalten, muss ich ihn als wir später in unseren Schlafraum gehen –
die anderen Pilger schlafen schon – anzischen … die Knalltüte wollte allen
Ernstes auf den Lichtschalter drücken und das um halb elf. Leute gibt‘s! Dazu
gelernt hat er ja, das Licht lässt er heute Morgen aus. Aber mit seiner
Kopftaschenlampe spielt er Disco und sein Lichtstrahl geistert hektisch quer
durch den Raum … unter anderem trifft er auch mein Gesicht. Nun bin ich wach,
vielen Dank auch. Es gibt wirklich unsensible Menschen, oder sind sie einfach
sozial völlig inkompetent? Ich kann nicht verstehen, wie solch simple Dinge so
schwer zu begreifen sind. Wir gehen nach unserem Frühstück los. Andreas schafft
es nicht, heute Morgen zu uns zu stoßen. Es fährt, wie gesagt, Sonntags kein
Bus. So gehen Nikki, Catia, Annina, Alex und ich los. Meine Erkältung macht mir
zu schaffen, es kommt außer dem Kratzen im Hals auch noch Husten dazu. Wir
zelebrieren wieder unser zweites Frühstück. Vom Weg nehme ich heute wenig wahr.
So herausragend ist er gerade nicht und ich merke, dass ich nicht komplett fit
bin. Das einzig Schöne am heutigen Tag ist unsere Truppe.
Wir passieren die 100 km-Marke; eigentlich ein Fake, weil
sich der Weg in den letzten Jahren geändert hat und es nun sechs Kilometer mehr
sind. Ich hole trotzdem den Cilantro raus und wir trinken auf unseren letzten
Abschnitt. Sandy meldet sich mehrmals bei Catia per SMS. Ich bin aber einfach
platt und habe eigentlich aufgegeben, ihn nochmals zu treffen. Er will
unbedingt am 15. Juni Santiago erreichen. Für uns, bei unserem derzeitigen
Tempo, nicht möglich. Für mich schon gar nicht. Die Erkältung zieht zu viel
Energie. Und ich habe schon gar keine Ambitionen, ständig irgendwas zu tippen
und über ungelegte Eier zu sprechen. Ich werde wandern und fertig. Irgendwie
bin ich sauer auf mich und die Situation. Schließlich wollte ich mit Sandy
Santiago erreichen. Nikki ist am Nachmittag ein Stück weit voraus und fängt uns
bei unserer Ankunft in Portomarin an der öffentlichen Herberge ab. Wir wollen
kochen, doch die Öffentliche hat keine Küche, dafür aber die andere, die 20m
weiter entfernt liegt. Nach dem üblichen Pilgerkram (Credential abstempeln
lassen und zahlen, Betten beziehen, duschen, waschen) lege ich mich erstmal ins
Bett. Die anderen ruhen sich auch aus. Wir haben abgemacht, gegen 19:00 Uhr
für‘s Abendessen einkaufen zu gehen. Aber die Rechnung geht nicht auf. Catia
berichtet nach einer kurzen Stippvisite in der Stadt, dass die Küche unten zwar
existiert. Doch die geräumigen Schränke sind leer. Nur ein völlig in die Jahre
gekommener Topf, kein Teller, kein
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