Keinen Plan, ein Paar Socken und 1000 km vor sich...
Danach
geht es mir besser, Alex grinst mich an, als er mich einholt und Minuten später
finden wir den lange ersehnten gelben Pfeil als Zeichen, dass wir auf dem
Camino sind. Mir geht es schlagartig wieder gut.
Später berichten die Mädels, dass sie doch irritiert waren.
Von der Seite kannten sie mich noch nicht. Am Strand angekommen kaufen wir uns
jeder eine Cola und ich springe gemäß dem Pilgerbrauch, abgesehen von einer
Jakobsmuschel, puddelrüh in et Meer. Hinaus kommt man als neuer Mensch, so
heißt es. Gut, Haare hab ich auch Wochen später nicht, aber insgesamt haben
sich doch einige Dinge im Laufe des Weges für mich geändert. Neuwertig zu sagen
ist vielleicht übertrieben, aber TÜV hab ich für die nächsten zwei Jahre
bekommen. Wir stapfen noch eine Zeit lang durch den Sand, um dann die letzten
Kilometer anzugehen. Es ist kurz vor acht, als wir Finisterre erreichen. Wir
haben zwischenzeitlich einen zweiten Strand bewandert, Finishfotos geschossen,
Muscheln gesammelt, Videos gedreht oder auch einfach nur nachgedacht und den
Anblick genossen. Wir machen uns auf die Suche nach einem privaten Zimmer, Jacqueline
hat per SMS berichtet, dass die öffentliche Herberge schon voll ist. Nach
kurzer Suche ist für relativ günstiges Geld ein Haus mit zwei Appartements
gefunden. Die Zimmer sind unterschiedlich teuer. Am nächsten Morgen weiß ich
dann auch wieso. Ein Bett ist 1,40 Meter, dass andere dann doch mindestens 1,80
Meter breit. Alex und ich haben die Kuschelversion gebucht.
Es wird schnell geduscht und eingekauft. Wir müssen uns
beeilen, der Sonnenuntergang ist gegen 22:00 Uhr und wir müssen nach dem
Einkauf von Finisterre zum Leuchtturm am Kapp nochmals 3,5km laufen. Das
Problem dabei ist: Wir sind schon platt. Es hilft alles nichts, die Fotos vom
0,0km- Stein wollen gemacht sein, bevor die Sonne untergeht, bzw. der
Sonnenuntergang genossen wird. Also Beine in die Hand und die Küstenstraße
herauf gehetzt, so schnell es geht. So schaffen wir es dann die Fotos zu
machen, nur um noch schnell, schnell auf die andere Seite vom Leuchtturm zu
eilen und „in Ruhe“ den Sonnenuntergang zu genießen. So hatten wir das nicht geplant,
eigentlich auch untypisch für die letzten Wochen und den Weg. Aber so ist das,
wenn man alles mitmachen möchte. Der Sonnenuntergang war trotzdem ein schöner
und passender Abschluss. Ich kann mich nur nicht entscheiden, zwischen
fotografieren und einfach zuschauen.
Mit dabei ist Luigi, ein Freund von Annina. Ebenso treffen
wir im Anschluss noch Jacqueline, Catia und Bea, mit denen wir bis in die Nacht
auf den Klippen sitzend, auf‘s Meer schauen, essen, Wein trinken und erzählen.
Alex verbrennt standesgemäß sein Shirt und ich meine 38 Tage lang getragenen,
nie gewaschenen Wollsocken. Es war wirklich Arbeit die Wolle, die auch noch
leicht feucht von der heutigen Etappe war, anzuzünden und auf
Verbrennungstemperatur zu halten. Aber wozu hat man zwei Jahre Geld und Zeit in
meine Ausbildung als Feuerpatsche gesteckt, wenn nicht dafür. Außerdem
unterstützt mich Nikki, die im australischen Busch auf einer Farm groß geworden
ist, als unabdingbare Praktikerin. Wat soll da noch schief gehen?
Gegen 1:00 Uhr streichen wir die Segel und machen uns auf
den Rückweg. In unserem Appartement gucken wir uns die Fotos der vergangenen
Wochen an, um dann gegen 3:00 Uhr todmüde ins Bett zu fallen. Ein echtes
Highlight. Alex und ich schlafen unter dem Dach. Es gibt nur ein Dachflächenfenster,
was wir leicht geöffnet hatten. Zwischenzeitlich regnet es – auch ins Zimmer.
Es gibt nur eine Tagesdecke und die Bettdecke. So enge sind wir beide dann doch
nicht, dass wir uns die Bettdecke teilen und so schlafe ich in die Tagesdecke
eingerollt ein. Wenn zwei Männer auf so engem Raum schlafen, ist der Schlaf
nicht wirklich tief. Aber immerhin ist es ein erholsames Nickerchen.
21.06.: Kap Finisterre – Santiago
Alex wacht um 8:00 Uhr auf und geht duschen. Er versucht
zwar, mich nicht zu wecken, was bei 1,40m Bettbreite allerdings ein schier
unmögliches Unterfangen darstellt. So bin ich denn auch wach und sortiere
meinen Rucksack neu. Gegen 10:00 Uhr bin ich nach meiner Dusche dann auch
fertig, habe den gesamten Rucksack ausgeräumt, die Muscheln, Steine und
Souvenirs gesichert und alles schön auf dem Bett verteilt. Als wir zwei ein
Stockwerk tiefer bei den Mädels aufschlagen, haben die noch Sand in den Augen
und werden gerade erst wach. Wir schlagen Alarm – HUNGER! Einkaufen!!
Weitere Kostenlose Bücher