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Keinen Plan, ein Paar Socken und 1000 km vor sich...

Keinen Plan, ein Paar Socken und 1000 km vor sich...

Titel: Keinen Plan, ein Paar Socken und 1000 km vor sich... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Sedlacek
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unspektakulär der erste „Einmarsch“ nach
Santiago war, so grandios ist er heute. Die Stadt ist um fünf nach zehn, kurz
vor dem „Schlafengehen“, der Himmel präsentiert sich in den verschiedensten
Blautönen, in der Altstadt spielen diverse Musiker, es ist eine angenehme
Temperatur und die Straßenlaternen spenden ein ganz eigenes Licht. Es ist wie
nach Hause kommen. Das erste Mal, dass wir eine Stadt zweimal sehen.
Zurückgekommen sind wir auf dem ganzen Weg nirgendwo hin – von meinem
abendlichen Kurztrip nach Finisterre mal abgesehen. Wir überlegen, ob wir nach
Abladen unserer Rucksäcke noch einmal in die Stadt gehen, um mehr von diesem
Flair aufzusaugen. Aber erst einmal ins Hostel, Betten belegen und gucken, ob
Alex dort ist. Er ist es. Wir bekommen die Info an der Rezeption, die sogar
noch offen hat. Alex soll zwei Zimmer weiter liegen. Ein kurzer Blick ins
dunkle Zimmer – alle schlafen – und wir wissen Bescheid. Das typisch bläuliche
Leuchten eines Blackberry oberhalb der Bettdecke kann nur von unserem
Brasilianer kommen. Ich zische ihm zu, mir zu folgen. Es gibt eine Mischung aus
Standpauke und völliger Freude ihn doch noch einmal wiederzusehen. Wir setzen
uns in die Küche und trinken ein letztes Bier und essen Schokolade, der
Rundgang in der Stadt wird gecancelt. Ins Bett will wieder einmal keiner von
uns so wirklich. Irgendwann trennen wir uns doch. Die letzte gemeinsame Nacht
ist da. Ab morgen werde ich wieder alleine zu Hause liegen, in einem schönen,
sauberen Bett, nach einer wohligen Dusche mit viel Platz und auch anderen
Klamotten, als die zwei Garnituren der letzten Wochen … aber alleine. Das erste
Mal niemand um mich, nach 41 Tagen 24 Stunden nonstop unter Menschen. Wir
umarmen uns noch einmal und dann falle ich in einen unruhigen und kurzen
Schlaf. Die Oropax lasse ich weg, weil es bei unserer Ankunft von einer Zimmernachbarin
hieß, dass mein Bett schon durch einen Typ belegt wäre, der immer erst nachts
um 1:00 Uhr kommt und dann lautstark sein Bett bezieht. Die Notfallnummer vom Hospitalero
haben wir. Bin gespannt, ob es wirklich jemand wagt, mich aus dem Bett zu
schmeißen, oder ob es doch ein Hirngespinst der Frau war. Die Tasche, die unter
meinem Bett lag und keinem gehörte, wurde auf jedem Fall vom Hospitalero
einkassiert.

22.06.: Santiago – Palma – Köln
    Ich wache um 6:30 Uhr auf; streitig gemacht hat mir mein
Bett niemand. Gut für mich und gut für jeden potentiellen Bettendieb. Ich
schätze mich dann doch als eher ungehalten ein, wenn ich nachts geweckt werde,
weil jemand unberechtigterweise mich aus meinem Bett vertreiben möchte. Ich
gehe schnell duschen und mache mich fertig. 7:00 Uhr oder 7:30 Uhr wollen wir
Frühstücken gehen. Die zweite Zeit schaffen wir dann auch. Nach einigem Suchen
– um die Uhrzeit hat noch nicht viel auf – entscheiden wir uns für das erste
gesichtete Café. Hier gibt‘s kein Frühstück, aber immerhin Café con leche und Churros,
ein längliches herzhaftes Gebäck, das frittiert wird. Keine Glanzleistung als
Frühstück, aber bei Spaniern beliebt und von uns an diesem Morgen akzeptiert.
Wir sitzen so da und mir wird wieder einmal klar, dass ich gleich die letzten
verbleibenden Familienmitglieder unwiderruflich gehen lassen muss. Das lastet
schwer. Wir gehen nach unserem Kaffee zur Post, um Annina‘s Schuhe abzuholen,
die sie dort eingelagert hat. Alex möchte zudem noch ein Paket mit Klamotten nach
Hause schicken. Er ist ja kein Pilger mehr. Also auch keine Pilgerkleidung mehr
auf seinem anschließenden Weg nach Portugal und durch Europa. Für knappe 40
Euro schickt er vier Kilogramm nach Sao Paolo. Schon das zweite Paket mit
Kleidung, das er nach Hause schickt.
    Nach der Post müssen wir uns beeilen. Anninas Zug geht in
einer halben Stunde, um 9:30 Uhr. Alex und ich wollen sie begleiten und dort
verabschieden. Das hält ungefähr bis zur Hälfte der Strecke, als Alex eröffnet,
dass er sein Busticket bekommen muss und uns hier verlässt. Ich bin wie vor den
Kopf gestoßen. Was soll das denn jetzt? Annina sagt direkt, dass ich mit Alex
gehen soll, zwei Verabschiedungen will sie sich heute nicht zumuten. Jut,
nachdem das geklärt wäre, verabschieden wir uns von Annina. Tränen fließen –
ein beschissener Moment. Alex und ich gehen zurück, meiner Auffassung nach zu
seiner Busstation. Ich drehe mich noch einmal um, ein letzter Blick hinter der
schwindenden Annina her. Dann geht‘s mit Alex gerundete 300m zurück. Da

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