Keiner wie er (German Edition)
„Warten Sie!“ Um auf Nummer sicher zu gehen, warf er einen Schein durch das geöffnete Fenster, ohne sich vorher zu informieren, ob es sich nun um einen Zwanziger oder einen Hunderter handelte. „Ich habe nichts Falsches getan!“, knurrte er dabei in Tinas Gesicht. „Wenn dir irgendwas nicht passt, ist das nicht mein Problem !“
„Da werde ich dir nicht widersprechen!“ Abermals hinderte er sie erfolgreich daran, den Wagen zu öffnen.
„Warum benimmst du dich dann so dämlich?“
Ihr Kopf fuhr herum. „Dämlich? Ich benehme mich dämlich? Sorry, meiner Ansicht nach gibt es hier nur einen dämlichen Schwachkopf, und der bist du!“
„Ach so? Und warum?“
„Weil du dich als erwachsener Mann immer noch wie ein Teenager aufführst! Das ist einfach nur peinlich!“
Er hob eine Augenbraue. „So, ist es das? Aber dass du dich mit dreißig in irgendwelchen Clubs herumtreibst, um etwas für eine Nacht aufzureißen, ist es nicht, nein? Was unterscheidet uns beide denn? Erkläre mir das!“
„Keine Lust!“
So langsam drohte Daniel ernsthaft der Kragen zu platzen. Er packte auch ihren zweiten Arm und zwang sie, endlich den Versuch aufzugeben, diese verdammte Autotür zu öffnen. „Uns unterscheidet überhaupt nichts!“, knurrte er verhalten. „Oder doch, vielleicht eines: Ich hätte darauf verzichtet, das habe ich sogar. Du wirst es nicht glauben. Deine scheiß Vorurteile kannst du allesamt vergessen. Du weißt nichts! Also verschone mich mit deinem Mist. Und jetzt sieh zu, dass du verschwindest. Das ist möglicherweise für alle Beteiligten das Beste. Irgendwann ist Schluss!“
Damit ließ er sie los und ging.
Nach Hause.
* * *
Die folgende Woche verging in einer Art miesen Dämmerzustand, in dem Daniel sich ernsthaft fragte, ob er nur phantasiert hatte.
Weshalb musste sie sich von den elend vielen Clubs genau diesen aussuchen? Er befand sich an keiner der Boulevardstraßen New Yorks, kein renommiertes Fünf-Sterne-Hotel lag auch nur in entfernter Nähe. Am meisten jedoch ärgerte Daniel sich über seine Reaktion. Nichts hatte er falsch gemacht und war ihr nichts schuldig. Verdammt! Was fiel ihr ein, aufzutauchen und ihm Vorhaltungen zu machen, weil er auch ohne sie lebte ? Dieser Egoismus machte ihn sogar extrem wütend. Hielt er ihr vor, dass sie trotz seiner Abwesenheit noch unter den Lebenden weilte?
Nach einer Woche, in der Daniel vergeblich auf die Normalisierung der Dinge wartete, gab er auf. Sprich: Widerwillig akzeptierte er Jonathans Einladung zum letzten Barbecue des Jahres, obwohl er sich bereits vor etlicher Zeit abgewöhnt hatte, daran teilzunehmen.
Zu geschichtsträchtig.
Diesmal suchte er die Erinnerungen sogar, um sich die jüngsten Ereignisse damit aus dem Kopf zu schlagen. Eine Art der Neutralisation.
Ein Experiment. Neuerdings fand er an denen ja Gefallen. Auch wenn ihn Tina um das Heißeste bisher so gemein gebracht hatte.
Doch als er in Ithaka eintraf, begann er zu ahnen, dass es wohl keine Neutralisierung geben würde. Ihn empfing nämlich ...
Die brüllende Stille.
Niemand sagte etwas, warum auch? Lieber musterten sie ihn mit erhobenen Augenbrauen – natürlich nur, wenn er es scheinbar nicht bemerkte – und übten sich in der Auswertung des vergangenen Sommers. Selbstverständlich kam auch die Ernte auf den Farmen zur Sprache, die New York so zahlreich umlagerten, der Stand der Sonne, das Aufkommen der Herbstvögel in diesem Teil des Landes und weitere unglaublich wichtige Themen.
Jedenfalls, bis Daniel endgültig die Beherrschung verlor. Momentan lag seine Belastungsgrenze recht niedrig.
„Könnte mir vielleicht jemand mitteilen, was jetzt wieder los ist?“ Wütend nahm er sich ein Bier und leerte die Hälfte in einem Zug.
Alles starrte sich betreten an, was seine Stimmung auch nicht sonderlich in die Höhe trieb. Stöhnend breitete er die Arme aus. „ Sie ist nicht hier! Ich habe keinen Schimmer, weshalb ihr mit etwas anderem gerechnet habt. Habt ihr doch, oder wie soll ich das Theater hier verstehen?“
Betretenes Schweigen stellte die einzige Antwort dar. Bis sich schließlich Tom ein Herz fasste. Nicht umsonst galt er als der Unerschrockenste unter Daniels Familienangehörigen und Freunden. „Na ja, wir nahmen an, dass nicht mal du es diesmal noch versauen kannst.“
„Thomas!“ Jonathan schien momentan nicht sehr glücklich.
Daniel runzelte die Stirn. „Wovon sprecht ihr eigentlich?“ Dabei sah er nicht Tom an, sondern behielt seinen Vater
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