Keinesfalls Liebe (German Edition)
über mich anzusprechen, was mich beschäftigte. „Wann kommt eigentlich Daniel?“, fragte ich Celine betont beiläufig.
Sie trocknete gründlich einen unserer Teller ab, während sie antwortete: „Um zwei. Du bist dir sicher, dass du das machen willst?“
Ein Blitz des Entsetzens durchzuckte mich. In nur einer halben Stunde würde ich ihn wiedersehen! In meinem Bauch kribbelte es. Die legendären Schmetterlinge …
Ich biss mir auf die verletzte Unterlippe in der Hoffnung, mich mit dem Schmerz ablenken zu können. Mit bescheidenem, nicht nennenswerten Erfolg, obwohl es stärker wehtat, als erwartet.
„Ja“, sagte ich schließlich heiser. „Ja, das wird schon.“
Zitternd holte ich ein Glas aus dem Schaumwasser in der Spüle. Es fiel mir fast aus den Händen.
Daniel kam eine Viertelstunde zu spät. Jede Sekunde bis zum harten, energischen Klopfen an unserer WG-Tür versengte mich – die Ungeduld fraß sich durch meinen Körper wie eine ätzende Säure.
Ich öffnete die Tür und wurde sofort von ihm geblendet. Ich wünschte mir – nein, ich gierte danach zu wissen, wer er wirklich war. Es schmerzte, denn ich würde es nie herausfinden. Das wusste ich. Das war das Einzige, was ich wirklich mit Sicherheit sagen konnte.
Es war so surreal, ihn zu sehen …
Er lächelte. „Hey, Jo. Praktisch, dass du im selben Wohnheim lebst.“
„Praktisch“, wiederholte ich ohne viel Begeisterung und ging seufzend zur Seite. „Komm rein.“
Daniel kam meiner Aufforderung sofort nach. Seine Präsenz füllte den Raum aus; er bewegte sich so sicher und selbstbewusst, als … ach, was weiß ich. Ich hatte keine Lust, nach Vergleichbarem zu suchen. Daniel war mit nichts zu vergleichen.
„Schön habt ihr’s. Kleiner als bei mir. Ich hab mir eine ganze Wohnung gemietet, weißt du, eine für vier Personen. Nett dekoriert.“
„Danke“, murmelte ich und schloss die Tür hinter ihm. Blöder Angeber. Wegen Ego-Typen wie dir müssen sich andere Studenten irgendeine Bruchbude mieten. Du elender IDIOT.
Daniel drehte sich wieder zu mir um, nachdem er ein paar Augenblicke lang den Flur mit den angrenzenden Zimmern gemustert hatte, und lächelte zerknirscht.
„Tut mir leid wegen gestern.“
Du Arschloch , wollte ich ihm entgegen schreien, glaubst du wirklich, ich fall auf dich rein?
„Schon gut.“
„Was war eigentlich mit Ryan?“, fragte er plötzlich.
Ich war so perplex, dass ich nur verdutzt dreinschauen und „Bitte was?“ fragen konnte – auf Deutsch. Zu meiner Überraschung grinste Daniel.
„Ich kann doch noch ein bisschen Deutsch“, sagte er selbstzufrieden.
Wow , dachte ich. Toll, aber, hey. Komm zum Punkt.
„Daniel …“
„Als du gegangen bist, ist dir doch Ryan gefolgt.“ Er fuhr sich beschämt durchs Haar. „Und als er wiederkam, hat er ein paar Minuten vor sich hin gestarrt, dann hat er sich mir an den Hals – ach, nein, das tut jetzt nichts zur Sache.“
„Würde ich auch sagen!“
Daniel räusperte sich. „Also?“
„Was also?“
„Was hast du ihm gesagt?“
„Ich weiß nicht mehr genau“, log ich ohne zu zögern.
Das überraschte ihn. „Wie meinst du das, du weißt nicht mehr, was du gesagt hast?“
„Er hat mich geschlagen“, erzählte ich bissig, „du kannst dir sicherlich vorstellen, dass da so einiges anderes verblasst. Außerdem, schau dir mal meine Lippe an. Ganz schön schick, so eine fette Schramme, findest du nicht? Tut ziemlich weh beim Essen und Trinken.“
„Hab’s schon gesehen. Ryan reagiert ab und an … ein wenig heftig.“
Ich hatte zwar eher etwas wie ‚ Warum hat Ryan das wohl getan?‘ erwartet …
„Ich auch.“ Mein Blick hätte ihn sicher in Flammen aufgehen lassen können, aber ich war gnädig und schaute stattdessen in Richtung Wohnzimmer. „Da geht’s lang, wie du weißt.“
Daniel drehte sich wieder um und ging rüber. Ich folgte ihm mit einem Gefühl der Nervosität im Bauch, von dem ich nicht sagen konnte, ob es positiv oder negativ war.
Celine hatte die Staffelei schon aufgebaut und mischte eifrig die Farben. Als sie uns hereinkommen sah, lächelte sie so freundlich wie möglich.
„Hallo, Daniel. Danke, dass du hergekommen bist.“
„Schon okay“, erwiderte er hochmütig. „Nackt?“
Celine und mir schoss Hitze in die Wangen.
„Bestenfalls“, sagte sie heiser. „Auf dem Esstisch liegen Tücher für die Hüften.“
Daniel nickte und begann sofort sich auszuziehen. Ich spürte zeitgleich den Reflex zu flüchten und den Drang
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