Keinesfalls Liebe (German Edition)
sag’s dir, Daniel, nein, ich schwöre es dir sogar: Du wirst dir an mir die Zähne ausbeißen!“
Ich sprang auf, lief rasch in Richtung Parkausgang und sehnte mich plötzlich nach meiner WG im Wohnheim. Ich wusste bereits jetzt, dass ich heute Nacht – heute Morgen, besser gesagt – die ganze Zeit darauf warten würde, die polternden Schritte in der Wohnung über mir zu hören.
So schnell wie möglich verließ ich den Park, aber kaum war das Gelände außer Sichtweite, hörte ich meinen Namen.
„Jo!“
Ich drehte mich genervt um – und spürte, wie mir meine Beherrschung entglitt. Es war das Engelsgesicht. Ryan. Mit einer Laterne in der Hand, die ihm einen Heiligenschein aufs Haar setzte. Warum war er mir gefolgt?
Obwohl er vor Schweiß troff, wie Daniel, die anderen und ich auch, war er immer noch wunderschön. Ihm pappten genau wie mir die Haare an Stirn und Wangen und Hals, aber er blieb derselbe Engel. So war er fast noch schöner. Sein Atem war noch beschleunigt vom vollen Einsatz im Spiel.
Er wartete nicht, gab mir keine Zeit, mich zu fangen, und kam zum Punkt. „Du solltest es dir aus dem Kopf schlagen.“ Sein Grinsen und das triumphierende Funkeln in seinen Augen machten mich unsicher.
„Wovon sprichst du?“, fragte ich leise.
„Von Daniel. Schlag es dir aus dem Kopf“, wiederholte er in festem, kalten Tonfall. „Ich bin der Einzige, der mehrmals zu ihm ins Bett darf. Dich wird er niemals seelisch so nah an sich heranlassen.“
Ich war so rasend und explodierte wieder, aber diesmal lächelnd und ruhig.
„Aha, du bist ihm also seelisch nah ? Ich sag dir mal, was seelische Nähe ist: Liebe. Und Zuneigung, die man zeigt. Kleine Aufmerksamkeiten, Geschenkchen.“
Ryan verzog das Gesicht. „Nichtsnutzige Romantik!“
„Ich bin noch nicht fertig.“ Immer noch blieb ich ruhig und lächelte. „Seelische Nähe ist, wenn jemand mit dir über seine Sorgen, Probleme, Ängste, Wünsche, Träume und Ziele spricht. Wenn jemand dir Einblicke in Vergangenes gibt. Macht das Daniel? Nein, eben nicht, und das tut dir weh, weil du zu viel für ihn empfindest!“
Mir wurde ganz plötzlich übel vor Angst, und ich wurde von schlechtem Gewissen durchrauscht, als er zusammenzuckte. Ich hatte tatsächlich seinen wunden Punkt getroffen. Im Laternenlicht sah ich, wie Hitze in seine Wangen schoss, wie sich seine Augen erschrocken weiteten, weil er wusste, dass ich ihn durchschaut hatte, und dann verzogen sich seine Lippen, heftiger als Daniels, und plötzlich war er so nah, dass ich zurückgewichen wäre, wenn er sich nicht so schnell bewegt hätte.
Ryan, das Engelsgesicht, schlug mir mit einer Wucht ins Gesicht, die mich aufkeuchen ließ. Zurücktaumelnd presste ich mir die Hand auf die Nase; mir dröhnte der Kopf, und ich spürte das Brennen in meinen Augen. Ich hatte nicht die Kraft, die Tränen zurückzuhalten. Mit einem Schluchzen fand ich das Gleichgewicht wieder und starrte ihn an. Dieser Moment war erschreckend real.
Ryan starrte zurück. Er strahlte grimmige Zufriedenheit aus, es gab keine Spur von Mitleid oder Selbstekel, obwohl mir warmes Blut über das Gesicht lief. Mir war so schwindelig … ich musste mich hinsetzen.
Ryan ging zurück zu seinen Jungs.
Eine Weile saß ich einfach nur da, hielt mir die Nase und versuchte zu kapieren, wie sehr man jemanden lieben muss, um jemand anderen so sehr zu hassen, dass man ihn schlägt. Ich drückte zitternd meinen Jackenärmel auf meine Nase, um die Blutung zu stillen.
Ich weiß nicht, wie lange ich da saß; es kann nicht länger gewesen sein als zehn Minuten, höchstens. Irgendwann kam Seans Auto vor den Park gefahren. Die Scheinwerfer blendeten mich. Er stieg aus und kam sofort auf mich zugerannt.
Als er mich erreichte, war ich immer noch in Schockstarre.
„Jo! Oh Mann, scheiße! Jo!“
Er packte mich fest und zog mich hoch, presste mich an seinen Körper. Sofort ging es mir besser, aber ich blieb erstarrt, während er mich, beruhigende Worte murmelnd, zu seinem Auto dirigierte.
Ich sank auf den Beifahrersitz und erschlaffte. Einerseits durchrauschte mich Adrenalin – andererseits fühlte ich mich, als wäre ich in einer Art Trance. Zum Schlafen war ich viel zu aufgekratzt. Man hatte mich noch nie mit körperlicher Gewalt konfrontiert, und ich war einfach nicht in der Lage, mich aus dem Schock herauszukämpfen. Ich nahm nicht richtig wahr, dass Sean auf mich einredete.
Nur eine kleine, schüchterne Stimme in mir blieb dabei, dass San Bernardino
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