Keinesfalls Liebe (German Edition)
von hinten erwischt. Die Reparatur wird schweineteuer! Tut mir leid. Sobald es möglich ist, komm ich zu dir.“
Noah erzählte mir auch von seinem neuen Freund, mit dem er bald nach Bremerhaven ziehen würde, und dass dort jederzeit ein Zimmer auf mich wartete, falls ich mit ihm kommen wollte. Ich vermied es tunlichst anzusprechen, dass meine Adoptivmutter von seiner Entscheidung für einen Mann nicht gerade begeistert sein würde – als sie von meiner Schwärmerei für einen Jungen erfahren hatte, war das das Ende gewesen und sie hatte mich rausgeschmissen. Ich erinnerte mich noch daran, wie laut Noah sie angeschrien und wie sehr er geweint hatte. Wenigstens hatte ich damals schon halb in einem Studentenwohnheim gelebt und nicht auf der Straße gesessen.
Ich dachte ehrlich darüber nach, Micks und Noahs Angebot anzunehmen, entschied mich aber für San Bernardino, die Uni und vor allem für Daniel.
„Trotzdem danke, Noah“, seufzte ich, „und sag’s auch Mick, ja? Ich hab immer gewusst, ihr beiden kommt irgendwann zusammen. Es ist so schön zu wissen, dass ich einen Ort habe, an dem ich wohnen kann, falls mir hier alles zu viel wird. Ich hab dich lieb und ich wünsch dir viel Glück mit Mick.“
„Ich lieb dich auch, Bruderherz! Und dir viel Glück mit Daniel“, ergänzte er verschwörerisch.
Ich lachte bitter. „Danke, das kann ich so was von gebrauchen.“
Nach ein bisschen Plauderei über Gott und die Welt erzählte ich ihm von unseren Brüdern, und dieses wahnwitzige Gefühl, eine Mischung aus Freude und Verwirrung und Aufregung und Kummer, das in mir tobte wie ein zerstörerischer Sturm, spiegelte sich in Noah. Auch ihn machte es traurig, dass einer unserer lang vermissten Brüder gestorben war. Und anfangs dachte er, ich wollte ihn auf den Arm nehmen.
Wir sprachen lange miteinander. So intensiv wie selten zuvor.
Ich hatte tagelang darauf gewartet, dass Ryan sich meldete, aber er war wohl zu unsicher. Weil ich ihn nicht erreichen konnte und Grey nicht gerade direkt in die Arme spazieren wollte, versuchte ich die Funkstille zu akzeptieren.
Was Daniel betraf, gab es eine Wendung: Er stand wenige Tage nach Neujahr vor meiner Tür und lud mich zu sich ein.
Als ich zusagte und seine Hand nahm und ihn zu den Treppen zog, beflügelt von der großen Entspannung und dem Frieden in mir – und von Lust auf ihn –, lachte er sanft und hielt mich auf.
„Nicht da lang, und nicht heute. Morgen Nachmittag um fünf Uhr hol ich dich ab und fahre mit dir in die Berge bei Los Angeles. Mein Vater ist außer Landes und ihm gehört dort eine gemütliche Hütte. Die haben wir ganz für uns – das ist genau das Richtige für die kalten Tage.“
Kalte Tage war untertrieben. Tatsächlich war es in Los Angeles und Umgebung, also auch bei uns, so kalt, dass sich ein neuer Rekord ankündigte. Es hatte sogar schon Schnee gegeben.
„Das … hört sich … verdächtig nach Romantik an“, stammelte ich verblüfft.
Er zog mich näher an sich, und ich schloss die Augen und legte meinen Kopf auf seine Brust. Hmmmm, er duftete so gut …
„Lass dich überraschen …“, schnurrte Daniel und gab mir einen innigen Kuss, der meinen Schoß zum Pochen brachte. Viel zu früh ließ er von mir ab und huschte grinsend die Treppen hinauf.
„Hmpf“, machte ich beleidigt. Ich hätte mich jetzt so gern von ihm vernaschen lassen!
Während der Fahrt vermied ich es tunlichst, Fragen zu stellen, die er als zu intim empfinden könnte. Ich spürte, dass hinter der Überraschung mehr steckte als nur das Ziel, mich locker und willig zu machen. Er hatte mich vermisst – das schien förmlich aus ihm herauszubrechen. Und das machte mich hibbelig.
Wir plauderten hauptsächlich über die Uni, die Stadt und die Welt; Daniel musste sich auf die Straße konzentrieren, weil ein bisschen Schnee lag. Hier hatte keiner Winterreifen.
Wir fuhren vor ein riesiges Holzhaus. Die Straße war schmal; ein anderes Auto würde Schwierigkeiten haben, sich an Daniels vorbeizuquetschen.
Freudige Nervosität packte mich endgültig, als Daniel mir die Tür öffnete und sogar die Hand reichte, um mir aus dem Wagen zu helfen. Er zog ein bisschen an mir, und ich ließ mich ganz widerstandslos gegen seinen Körper sinken und begrüßte seine Lippen mit meinen. Der Schnee fiel in dicken Flocken und hüllte uns in sanfte, dröhnende Stille. Das weiße Wunder lag wie eine Isolierschicht auf der Umgebung. Es war, als wären Daniel und ich ganz allein im Universum.
Vom
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