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Keks & Drugs & Rock 'n' Roll

Keks & Drugs & Rock 'n' Roll

Titel: Keks & Drugs & Rock 'n' Roll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Virág
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bleiben.
    Es hört auf zu regnen und die Kinder hüpfen alle draußen herum, die Größeren unterhalten sich. Die Schule besteht aus zwei Häusern auf einem Gelände am Waldrand. Das eine Gebäude hat zwei Unterrichtsräume, das andere ist ein einziger Raum. Und das alles aus Holz, mitten in die Natur gesetzt, ohne Zaun und befestigte Gehwege. Die Nähe der Bäume strahlt eine freie, offene Atmosphäre aus, die man auch in den Unterrichtsräumen spüren kann.
    Erst werden wir von einem fröhlichen jungen Lehrer, Ralph, mit einer Nickelbrille in das kleine Haus eing eladen und den Kindern vorgestellt:
    „Dieser Kumpel hier, Kinder, kommt von der anderen Seite des Eisernen Vorhangs. Wir bitten ihn jetzt, er soll uns mal etwas von Drüben erzählen, und ihr solltet ihn über alles, was euch einfällt, fragen.“
    Boolah hält eine Einführungsrede. Da ist alles wichtige, was er von mir in den letzten Tagen erfahren hat, drin. Er spricht kurz und komprimiert, direkt auf die Kinder zugeschnitten. Er sitzt vor der Klasse auf einem Tisch, ich auf einem anderen. Ich habe eine schwere Aufgabe, die ich aber voll genieße. Was soll man hier aus dem Stehgreif für zwölf-vierzehn jährige US-Amerikaner erzählen, damit sie über Europa, und vor allem über den Teil hinter dem Eisernen Vorhang, einen Hauch Tuchfühlung bekommen.
    Das allerwichtigste ist natürlich der Verkehr. Dass in den kommunistischen Ländern andere Autos herumfahren, verstehen sie schon. Aber, dass die meisten Arbeiter kein Auto haben, und dass sie nicht damit zur Arbeit fahren können, begreifen sie nicht.
    „Womit fahren dann die Menschen dort?“
    „Nun, natürlich mit der Bahn, mit der Straßenbahn oder mit dem Bus.“ Ja, das ist eine harte Nuss. Ein Amerikaner betrachtet alles mit amerikanischen Augen. Mit der Naturkunde und Klima geht alles wesentlich geschmierter. Ralph jedoch sorgt dafür, dass ich es nicht allzu leicht habe:
    „Kinder“ nimmt er das Wort an sich, „wir wissen alle, dass sich in der Politik überhaupt nicht das widerspiegelt, was sich die Mehrheit der Menschen wünscht. Das muss in den Kommie Ländern auch so sein...“
    Damit sind wir gemeinsam an der ersten großen Feststellung angelangt: Nicht die einfachen Menschen sind miteinander verfeindet, sondern nur die politischen Richtungen und Ideol ogien.
    „Aber die Politik wird auch von Menschen gemacht“ ruft Lucy, ein dreizehnjähriges Mädchen.
    (Wenn jemand etwas sagen oder fragen will, fängt er damit an, dass er sich vorstellt.)
    „Ich denke, es gibt böse Menschen und gute Menschen hier g enauso wie dort“ sagt Jeff.
    Die Klasse kommt immer mehr in Fahrt. Am meisten interessiert sie, was für Kleider die Kommie-Jungs und Mädels tragen, was für Musik sie hören, wer ihre Lieblinge sind, wann sie anfangen sich zu knutschen, un dsoweiter. Teenie Blabla..
    Ich frage sie, in welchem Alter fangen die Kinder hier zu rauchen an? Die übereinstimmende Antwort lautet: Im Alter von Fünfzehn.
    „Das verstehe ich nicht“ sage ich. „Ich habe Kinder gesehen, die waren sechs-sieben Jahre alt und dürften schon an einem Marihuana Joint ziehen.“
    „Ach, Marihuana ist was anderes!“ rufen sie in Chor. „Das hat mit Rauchen nicht s zu tun. Hihi, hehe...“
    Ich muss ein sehr dummes Gesicht machen, denn sie lachen alle. Ab nun, ist das Kraut unser zentrales Thema.
    „Ist es bei euch auch so teuer, und sind die Bullen auch so dahinter her?“
    Sie bombardieren mich mit Fragen.
    „Nein“ erkläre ich es ihnen, „bei uns ist ein anderes Ding die Nr. Eins, der Alkohol. Der ist genauso gefährlich, wie Hash oder Crack. Es gibt sogar auch synthetischen Alkohol. Der ist billiger.“
    „Ijj, Alkohol“ murren gleichzeitig mehrere. „ So was mögen wir überhaupt nicht.“
    „Das Kraut dagegen ist Mickymaus“ lacht Boolah. Und die Kinder belehren mich absolut gründlich.
    „Der Alkohol zerstört den Organismus und stumpft das Gehirn ab. Er ist genauso schädlich wie die harten Drogen.“
    Jenny schneidet eine angewiderte Grimasse:
    „Pfui, ich kannte eine Alkoholikerin, die am Ende schon unter sich gekackt hat. Sie war schon total verrückt, sie konnte nur noch leben, weil der Rum sie am Leben hielt. Es ist merkwürdig, Alkohol kannste kaufen, und das Gras verbieten se.“
    So verpassen sie mir eine lehrreiche Lektion in Kraut-Kunde, von der ich mich gar nicht richtig erholen kann, als ich schon - flugs - in einer anderen Klasse stehe. Bei den neun bis zehn

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