Keks & Drugs & Rock 'n' Roll
wozu soll man in die Sachen mehr hineindeuten, als was drinnen steckt.
Ich bin müde und sage einfach:
„Tschüß, ich gehe schlafen.“ und gehe zu meinem Platz, ins kühle Vorzimmer...
Umso heißer ist der Sonnengruß früh um acht Uhr an der Palmen gesäumten Ausfahrtstraße. Es ist eine gepflegte grüne Gegend. Auf dem Hang linkerseits recken sich Weinreben, auf der anderen Seite hustet ein Sägewerk, dazwischen ein gutgelaunter Typ (ich) und kaum Verkehr. Endlich kann ich meinen Daumen wieder in die Luft stechen. Ich weiß nicht, was
das Aufregendste am Trampen
ist? Warten auf ein Auto, oder drin sitzen und sich mit Fremden unterhalten? Auf jeden Fall, die erste halbe Stunde ist immer so beflügelnd, dass ich von dem Gefühl der unbegrenzten Freiheit beherrscht werde. Abenteuer, Neugier: Was erwartet mich hinter der Kurve? Der Zauber der Straße, voller Dynamik, Bewegung und Unbekanntes. Irgendwo ist ein riesengroßer Magnet, der mich zieht an. Nicht das Ankommen ist das Ziel, sondern spüren, dass ich vorwärts komme. Erregt sein. Dieser Magnet heißt jetzt: San Francisco. Das Ganze hat seine Psychologie. Wenn es mir gelingt, diese Euphorie, die Anziehungskraft in meinen Daumen zu leiten, dass alle Fahrer es wittern können, dann habe ich schon gewonnen. Es hängt alles nur davon ab, wie viel Achtung mir die Person hinter dem Steuer zollen kann. Ich muss auf ihren Instinkt und nicht an ihren Verstand appellieren. Eine einzige Bewegung muss meinen momentanen Zustand mit allem Drumherum ausdrücken. Von meiner Geburt bis jetzt. Ehrlich und zuversichtlich, dass man vor mir keine Angst haben braucht. Ich bitte mit guter Absicht.
Bitteschön! So einfach ist es... Augenblicklich stoppt ein dunkelblauer Straßenkre uzer.
Der ältere Gentleman in dem dunklen Anzug ist gerade auf Geschäftsreise und bringt mich gerne bis zu der 101. Nur fünf Minuten Weg und ich bin schon auf der langen ‘Zielgerade’. Der Alte biegt dort nach Norden ab, ich aber nach Süden. Diese beiden Spuren werden mich nach Frisco schleusen. Worauf ich nicht mal lange warten muss. Kaum suche ich einen von Weitem sichtbaren Platz aus, da kommt schon Rhonda.
Eine Bewegung, ein Blick. Prima! Meinen Rucksack auf den Rücksitz, mich auf den vorderen. Neben mir meine legere Wohltäterin mit kurzem braunen Haar, die ihr Leben auf Mitte vierzig und das Auto direkt auf San Francisco zusteuert. Sie hat es eilig, um bei einer Gewerkschaftsversammlung rechtzeitig anzukommen.
„Ich bin Ärztin in einem Krankenhaus, und wir werden uns heute entscheiden, ob wir streiken sollen oder nicht. Wir haben viele sozialschwachen Patienten, für die der Staat immer weniger ausgeben will. Ich muss unbedingt rechtzeitig dort ankommen, weil auch ich eine Rede halten werde...“
Und reden, das kann sie wirklich. Kaum fange ich an, über die Rotkiefer n zu schwärmen, entpuppt sie sich als leidenschaftliche Umweltschützerin, und ich ziehe mit.
„Das ist doch eine Schande für Am erika“ klagt sie, „dass die Profitgier unser an Naturschätzen reiches Land so zerstört. Sie holzen mehrere tausend Jahre alte Bäume ab, nur weil das Geld bringt. Es gab sogar Fälle, dass man Bäume für die Japaner gefällt hat, nur weil sie es ‘bezahlen’ konnten. Wir haben schon öfter einige hunderttausend Dollar gesammelt und damit Bäume freigekauft.“
„Ja, ja“ stimme ich ein. „Aber das ist nicht nur ein Problem der Amerikaner. Ich denke, man sollte alle Naturschätze als Eigentum der ganzen Menschheit betrachten, damit nicht einige Leute über jahrtausende alte Dinge entscheiden dürften.“
„Tausend Jahre?“ fragt sie, und setzt fort. „Mehrere Millionen Jahre alt ist die Natur, die wir unter der Erde, und in den Bergen ausrauben! Dieses Land ist groß, wir haben ‘noch’ Reserven, deswegen denken nur wenige daran, dass was WIR jetzt vernichten, man vielleicht nie wieder gutmachen kann. Man müsste jegliche Umweltzerstörung und Vergiftung als kriminelle Tat ahnden, denn es ist absolut egal, auf welchem Punkt der Erde man die Luft verschmutzt, wir spüren es auf irgendwelche Art überall. Es gilt schon als Fakt, dass die Rodung der brasilianischen Tropenwälder einen direkten Einfluss auf das Weltklima ausübt. Die Atomtests braucht man gar nicht erst zu erwähnen. Sie kippen damit das ökologische Gleichgewicht der Erde. Sie brennen Löcher in die Ozonschicht.“
Der Himmel leuchtet kitschig Blau. Über uns schweben einige regungslose, weiße
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