Keks & Drugs & Rock 'n' Roll
entlang, und bleibe an einer roten Ampel stehen. Eine braunhaarige attraktive Frau rückt ihren Rock zurecht, zieht den breiten Gürtel nach und begrüßt mich. (Sie lief schon seit einer ganzen Weile in meiner Richtung, manchmal hatte sie mich, manchmal hatte ich sie überholt)
„Brauchst Du eine Frau“ fragt sie unvermittelt?
Ich schaue sie verdutzt an: „Nein, danke schön.“
Aber sie lässt sich nicht abspeisen.
„Du bist nicht von hier, stimmt?“ sagt sie. „Du bist kein Amerikaner.“
„Ja, woran siehst du das?“
S ie beruhigt schnell meine Eitelkeit.
„Ich habe einen Sinn für so was. ‘S ist doch mein Beruf. Warst Du schon mal mit einer amerikanischen Frau zusammen?“
„Nein, noch nie.“
„Dann k önntest du es mal mit mir ausprobieren.“
„Ach, danke…“
„Wieso? Gefalle ich dir nicht?“ Fragt sie enttäuscht.
„Oh, doch! Du bist wunderhübsch. Aber weißt Du… hm…hm…“
„Nun komm, wenn ich schon die erste Amerikanerin bin, von dir nehm ich kein Geld. Nur keine Angst.“
„Ich habe keine Angst. Aber, weißt Du, ich habe eine Frau.“
Sie macht ein verwundertes Gesicht: „Was denkst Du denn, die meisten Freier haben eine Frau. Sogar eben drum!“
„Aber ich liebe meine Lady“
„Oh? Das ist was anderes… Sie muss es gut mit dir haben… Weißt du, ich arbeite hier auf der Strasse.“
„Ja, das sehe ich nun.“
„Aber du nimmst es mir nicht übel? Oder?“
„Wieso sollte ich es. Es ist doch nett, mit dir zu reden. Ich mag hübsche Frauen.“
Sie schaut mir tief in die Augen und sagt. „Danke für das Kompliment. Ich habe mich schon daran gewöhnt, dass die Männer mich nur als Ware betrachten. Weißt du, die sagen selten was Nettes, meistens sind sie langweilig und widerlich. Die bedienen sich und interessieren sich nicht mal dafür, was ich denke…“ Sie kippt mir, als wär’ ich ihr bester Freund, ihren Seelenmülleimer aus, dann trennen wir uns an einer Ecke.
„Grüße deine Frau von mir“ sagt sie und zieht ihren Rock und die Bluse zu recht. „Dann… Entschuldige, aber ich muss heute noch arbeiten…“
Meine Beine ziehen mich immer weiter, als hätte ich gar keinen Hunger, und tatsächlich spüre ich immer weniger, dass ich heute nur ein paar Häppchen gegessen habe. Mein Magen schrumpft immer mehr zusammen, während ich eine Menge Energie verspüre. Mein Organismus öffnet seine vollgespeiste Energiequellen, so dass ich das Gefühl bekomme, ich könnte noch tagelang ohne Essen voll durchhalten. Es ist nicht Sache der Bedürfnisse, sie können sich im Nu auf Hungern umschalten, sondern Gebratenes, Gebackenes in den Schaufenstern, und die vielen Süßigkeiten, dieses Gaumenkitzeln treibt seine verschwörerischen Geschäfte mit meiner Bauchspeicheldrüse. „Iß! Friss! Genieße! Geschmäcker bedeuten das Leben!“ brüllen die Schaufensterauslagen und die Poster an den Wänden.
Ich bin gerade dabei, meine bedingten Reflexe zu r Ordnung zu pfeifen, als eine Visage mich anlächelt.
„Hey, Kumpel, erkennst du mich nicht?“
Es ist ein kleinwüchsiger, zierlicher Mexikaner, dem ich einige Male in den Suppenküchen begegnet bin. Wir freuen uns gegenseitig, wie Leute aus demselben Dorf, wenn sie sich in der Ferne zufällig treffen.
Er hat gerade in der Nähe Abendbrot gegessen, und würde mich auch gerne hinbringen, aber es ist schon zu spät.
„Ich esse mein Abendbrot meistens in dieser Küche. Weist du, ich habe in der Nähe einen Job gefunden. Fünf mal drei Stunden in der Woche. Fünf Dollar für die Stunde. Es ist eine leichte Arbeit auf dem Bau. Aber es ist viel besser als unten in Santa Fé. Weißt du? Ich komme aus New Mexiko. Dort ist es schwer eine Arbeit sogar für zwei Dollar zu finden. Es sind viele Mexikaner dort, die arbeiten sehr billig. Ich bin auch Mexikaner, aber amerikanischer Staatsbürger...“
Während er das erzählt, bringt er mich zu einem Nachtasyl. Dort stehen schon cirka dreihundert Männer um ein rotes, schulähnliches Backsteingebäude an. Ich bin von der Idee, mich in die Reihe einzugliedern und rumzuhängen, nicht sehr begeistert. Aber was soll ich tun? Ich habe heute keinen Schlafsack und keinen warmen Pullover mit.
Die Entscheidung muss ich trotzdem nicht selber treffen, die ist schon längst gefallen. Ich kann heute Nacht, selbst wenn ich es noch so wollte, nicht hier schlafen. Erst werden die Damen versorgt, die im Hof anstehen, dann werden die Männer zu einer anderen Tür umgelenkt. Das
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