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Keks & Drugs & Rock 'n' Roll

Keks & Drugs & Rock 'n' Roll

Titel: Keks & Drugs & Rock 'n' Roll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Virág
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verursacht ein Chaos, und alle drängeln sich, um die Plätze wie bei einem Rockkonzert, bis sich eine neue Ordnung bildet. Jetzt erst stellen wir fest, dass ich keine Wartenummer habe. Sie wurden mittags um eins verteilt. Ohne Nummer aber gibt es keinen Platz. Diese Gestalten hängen schon seit drei Stunden hier rum. Sie stehen an die Wand gelehnt oder liegen in Decken und Lumpen gehüllt auf dem Boden herum, und schlagen die Zeit tot. Sie standen sogar schon am Mittag einmal für ihre Nummer Schlange. Brrr...
    Manuel erweist sich aber als sehr draufgängerisch. Er hat nämlich eine Unterkunft, die er mit einer Handvoll Leuten zusammen mietet, daher hat er das verpflichtende Gefühl, mir auch zu einer Bleibe - und wenn es nur für eine Nacht ist - verhelfen zu müssen. Er klopft an einer großen Eichentür so beharrlich, dass am Ende ein Mann mit einem gepflegten Antlitz herauskommt. Aber er zeigt auf die Massen:
    „Diese Menschen dort stehen schon seit ein Uhr an. Also sie haben Vorrang.“
    Manuel trägt Trauer zur Schau, woraufhin der gepflegte Pfleger uns tröstet:
    „Wenn du morgen schon zum Mittag hier herkommst, bekommst du mit Sicherheit einen Platz.“
    Na, danke, mir reicht der Anblick der ausgebrannten Typen. Das ist nicht meine Welt. Ich stell mich doch nicht hin, um zu vegetieren, rumzuhängen wie diese Typen hier und gelangweilt Witze zu erzählen, um zu warten mit dem Rücken an die Wand gelehnt, dass die Zeit vergeht, und dass ich alt werde, und jedem, der zu spät kommt stolz meine Nummer zu zeigen: „Schau her! Ich habe schon eine.“ Nein, das ist wirklich nicht mein Traum.
    Ich freu mich sogar für Manuel, dass er lieber drei Stunden für wenig Geld arbeitet, als er den ganzen Tag ansteht und auf irgendetwas wartet. Um mich zu trösten, zeigt er mir die Billigläden der Gegend. Dann verabschieden wir uns mit der Versprechung: Wir treffen uns morgen beim Mittagessen.
     
    Ich ahnte da aber noch nicht, dass daraus nichts werden würde. Das entschied sich, nachdem ich spät Abend noch einen Versuch bei einer anderen Mission startete. Bis elf lungerte ich in einem großen Saal herum, den wir dann verlassen müssten, damit er zum Schlafraum umgeräumt werden konnte. Auch hier waren die regulären Nummern mittags ausgegeben worden. Später, da angeblich einige Plätze frei geblieben seien sollten, verteilten sie noch eine Menge Wartenummern. Dabei erwischte ich die Nummer sechsundzwanzig und hoffte eine halbe Stunde lang mit den anderen zusammen. Inzwischen wurde uns mitgeteilt, dass da nur noch sechs Plätze für die Hoffnungsnummern übrig waren.
    Niemand rührt sich von der Stelle, auch der Neununddreißigste nicht. Keiner! Alle bleiben stur in der Schlange und hoffen. Hoffen, hoffen, hoffen, dass doch noch etwas passiert. Ja, sie können nicht anders als warten. Almosengänger!
    Ah, was heißt hier Almosengänger!? Die sind dazu gemacht worden. Das ist ihnen ins Blut übergegangen. Hier wähnen sie sich in Sicherheit. Was würden sie mit der Freiheit anfangen können? Wie der Wellensittich, dem man den Käfig öffnet, wenn er wegfliegt, frisst ihn die Katze oder er krepiert vor Hunger. Man sagt ihnen nach, sie seien arbeitsscheu, wie auch die Indianer, Schmarotzer, die sich an der Gesellschaft satt saugen, denn die sind alle nur Säufer, undsoweiter... Sie sind zu Almosen erzogen worden. Wenn sie etwas brauchen: „Hier hast du Gratisessen, hier hast du Sozhilfe“, und man versteht nicht, warum ihnen das Geld durch die Kehle fließt. Ja, diese Leute sind mit einem raffinierten Schraubenzieher so eingestellt, dass sie ständig Unterspannung haben, und das versuchen sie mit einem inneren Generator auszugleichen, und der läuft mit Alkohol. Diese elektrisierten Typen hängen an den Drähten, aber irgendjemand hat gerade den Strom abgeschaltet, so warten sie darauf, dass etwas passiert. Egal was... Aus dem Verkehr gezogene O-Busse strecken vergebens ihre Arme nach den Stromleitungen. Und wenn sie heute eine Unterkunft bekommen, stehen sie morgen wieder auf demselben Abstellgleis... Die haben schon längst keinen Boden unter den Füßen, man hat ihnen anstelle dessen Suppenküchen und Nachtasyle unter den Arsch geschoben.
    Oh nein, Baby, das hat man nicht für mich erfunden! Mein Generator produziert ständig Überstrom, und rebelliert gegen diese Nichtstuerei. Das ist nicht mein Rhythmus, und auch nicht der Rhythmus der Stadt. Nein, der gilt nur für diese Kumpel hier, die mit diesem Rhythmus nach

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