Keks & Drugs & Rock 'n' Roll
Spaziergang in die Innenstadt, dessen Himmel gefärbt von Leuchtreklamen lila leuchtet. Das Zentrum ist nur eine Viertelstunde entfernt, aber sein Purpurzauber endet jenseits der Autobahn, die die Stadt in zwei Welten trennt, diesseits führen nämlich ungepflasterte, schlecht beleuchtete, holprige Straßen zwischen leeren, wahrscheinlich auf Spekulanten wartende Grundstücken. Ich begebe mich auf die helle Seite des Lebens, und das Neonspektakel ist wirklich faszinierend. Leute tummeln sich in Scharen, und in den Casinos klingeln und bimmeln die Maschinen. Mich aber erwartet ein Doppelstockbett zurück; mein Platz ist oben.
Schnell duschen, die eigenen Sachen in einem Korb abgeben, einen Pyjama entgegennehmen, ab in die Koje, Gequatsche mit dem Bettnachbarn, ein blutjunger Spund aus einem kleinen Nest in Nevada, der hier seit zwei Wochen ausharrt und langsam kapiert, dass dieser Ort nichts für ihn sei, aber er braucht noch ein wenig Courage, um sich auf die Landstraße zu wagen...
Zum Frühstück sitzen wir an einem gemeinsamen Tisch, schon früh um sechs beginnt man feine Sachen auszuteilen: Milchreis, Schinkensandwich, Kuchen und auf den Tischen stehen Milch, Kakao, Kaffee und Honig, von denen sich jeder nach Belieben bedienen kann. Mein Magen erweist sich als bodenlos, aber nach dem dritten Reiszuschlag ziehe ich die Notbremse. Hmm, das reicht wohl für mindestens eineinhalb Tage. Außerdem, muss ich mich noch bewegen können, so nehme ich meinen Rucksack und nichts wie raus aus der Stadt.
Kaum zwei Straßen weiter, an einem Grundstück verteilt die Heilsarmee ihr Gratisfrühstück. Ich habe Mitleid mit den Typen, die zitternd vor Kälte im Stehen ihre Kaffees aus Plastebechern in sich schlürfen und dazu trockenen Kuchen mammsen. Es erfüllt mich mit einem gewissen Stolz, dass ich im Vergleich wie ein König speisen durfte, während sie hier abgespeist werden.
Ich absolviere einen langen Marsch stadtauswärts auf der von Kasinos gefüllten Freemont Street. Ich passiere ein mit riesigen offenen Türen und bimmelnden Automaten lockendes Spielhaus, in dem ein Mann vor einer Maschine steht, die gerade Eindollarstücke herausspuckt. Er lächelt mit Wohllust, dass ich denke, keine Frau konnte ihn je so befriedigen. Er scheffelt mit beiden Händen das Geld aus dem Behälter und beginnt es erneut in die Maschine zu werfen. Haha... in der nächsten halben Stunde verspielt er so bestimmt das Doppelte von dem... Naja...
Einige Ecken weiter, begegne ich eine m großen Schwarzen Kerl, der gerade die Straße kehrt. Ich frage ihn:
„Wo finde ich hier einen Fotoladen?“
„Sowas gibt’s hier nicht!“
Ich will es nicht dabei lassen:
„Mir hat aber gestern jemand erzählt, dass es hier in dieser Gegend einen geben muss.“
Er schaut mich an, faltet seine Hände über den dicken Besenstiel und;
„Bullenscheiße!“ sagt er so, dass er dabei das ‘B’ mit seiner harten, tiefen Stimme besonders betont. „Wer war der Pisser? Hier gibt es keinen Bullenscheiß-Fotoladen!“
Ich gehe weiter , aber ich muss andauernd auflachen, denn mir fällt ständig ein, bessergesagt es will mir nicht aus dem Kopf gehen diese alles ausdrückende, hart betonte: „Bullenscheiße“ Ich muss auch noch wiehern, als mich dann in der Außenstadt ein alter Herr mitnimmt.
Er ist schon über achtzig, schwerhörig und versteht mich sehr schlecht, aber die Mundharmonika tut ihres. Der Alte suggeriert mir, was ihm lieb ist, und meine Musik klingt wie Polka, wovon er gleich so begeistert ist, das er mitsingt. Ich überbiete mich zum Abschied mit einer Schrammelmusik und staune, dass ich nach der meilenlangen Fahrt immer noch in irgendeinem Vorort von Las Vegas stehe.
Da bremst ein Fordbus neben mir, so, dass er mich fast vom Straßenrand fegt. Der Fahrer ist ein dicker Mann und ist stockbesoffen.
„Hab die ganze Nacht gefeiert, den Halloween durchgesoffen. Mein Schädel brummt wie’n’ Trucker.“
Er brummt nicht nur so, sondern ist auch so schwer, da kann ich noch so viel reden, er fällt immer nach vorn, und plötzlich schließen sich die Augen. Er wacht nur auf, weil ich das Auto mit einem Lenkradgriff vom Straßenrand auf den Fahrdamm reiße. Er starrt eine Weile nach vorn, dann schließen sich erneut seine Augen, und wir schlenkern und schaukeln auf der Landstraße, ohne dass er die Geschwindigkeit nur ein bisschen verringern würde. Dann schöpft er aus irgendwo wieder Kraft, beginnt munterer zu werden und erzählt mir, dass
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