Keks & Drugs & Rock 'n' Roll
den Truck-Stop.
Ein Truck müht sich gerade ab, auf der leicht steigenden Autobahnauffahrt an mir vorbei zu fahren. Ich winke aber so ausdrucksvoll, dass der Fahrer es nicht über sich bringt, mich hier stehen zu lassen.
Zbiszek ist ein Pole und hat einen noch deftigeren Akzent als ich. Anscheinend ist er nach Amerika gekommen, um Europa zurückzuheulen.
„Menschen hier interessieren sich nicht für die Welt. Sie sehen nur Amerika. Ich arbeite hart und verdienen viel Geld. Ich gehe zurück nach Europa. Dort ist leichter. Ich wohne in Chicago, in Polnischen Kolonie. Unser Kulturhaus bringen beste europäische Filme, und die Jenkies, keiner kucken sie. Gut Bergmann Filme, deutsche Filme. Keiner kucken sie. Wir sind fünf Leute im Kino vor ein Jahr, wenn sie zeigen den gut Oskar-Film ‘Mephisto’. Amerikaner, lieben nur sich.“
„Mann, oh Mann, warum bist du dann rübergekommen? Schüttele ich meinen Kopf.
„Weil viel Geld verdiene ich hier. Wenn ich habe großes Geld, gehe zurück nach Frankreich.“
„Warum Frankreich? Du denkst, es ist besser dort ein Pole zu sein?“
„Nein doch! Erst bekomme ich amerikanische Staatsbürgerschaft.“
Es ist nicht meine Sache, aber ich glaube nicht, dass er sich dort wohler fühlen wird. Er denkt, dass seine persönlichen Probleme sich durch eine Klimaänderung sich von selbst lösen.
„Schau, Zbiszek, wenn du in dir nicht zu Hause bist, wirst du nirgendwo zu Hause sein. Versuche erstmal dein eigenes Gleichg ewicht zu finden.“
„Ach, das ist in Ordnung“ winkt er selbstsicher ab und schaltet das CB Radio ein und sucht Kanal 19. Truckfahrer unterhalten sich, erzählen Witze durch den Äther. „Ich höre immer dieses. Da hörst du immer, wie das Wetter ist, und sie sagen immer, wo Bär steht. Weist du was ‘Bär’ ist?“
„Na klar, Polizist. Aber frage lieber die Kollegen für mich, ob jemand in Richtung Grand Canyon fährt?“
„Wie soll ich das?“
„Über Funk!“
Er möchte das irgendwie gar nicht tun, aber ich überzeuge ihn, dass andere Fahrer das für mich schon mal so getan hatten. Er greift unsicher zum Mikrofon überm Kopf.
„Hallo! Fährt jemand zum Grand Canyon?“
Die Antwort ist ein deftiges Schimpfen:
„Da stört uns schon wieder ein Arschloch! Hey Brüderchen, hörst du nicht, dass wir Witze erzählen?“
Zbiszek hängt das Mikrofon wieder ein. „Siehst du? Ich sage, es geht nicht.“
„Weil du es nicht richtig machst.“
Ich versuche ihm zu erklären, wie das geht, da hängt er das Mikrofon ab und drückt es mir in die Hand: „Ich hab noch nie probieren.“
Ich drücke den Knopf und rufe: “Breaker, Breaker! Zbiszek an die Kumpel! Ich fahre auf der Vierzig Richtung Flagstaff, und bin an dem Ausgang hundertvierzig. Ich habe einen Tramper aus Europa an Board. Fährt jemand zum Grand Canyon?“
Zwei Antworten bekomme ich, aber sie fahren in andere Richtungen. Ich bedanke mich und gebe das Mikrofon zurück. Zbiszek ist ve rwundert:
„Was war das Wort, du gesagt hast?“
„Breaker, Breaker, dass heißt, du möchtest etwas sagen.“
Er probiert es gleich aus und fragt, ob „Bär irgendwo im Busch“ sitzt.
Bevor er mich an der dunklen Straße aussetzt, bemerkt er zufrieden: „Noch ein paar Tramper, und ich lerne diesen Beruf richtig.“
Der Grand Canyon ist noch fünfundfünfzig Meilen weit von hier, und ich kann nicht mal vor meine Nase sehen, als ich von unter der ausgeleuchteten Brücke auf die ‘Vierundsechzig’ hinüber laufe. Perfekte Finsternis. Ich muss mit meiner Fußsohle die Straße austasten. Die entgegenkommenden Autos blenden mich und machen das Herumstehen unerträglich. Ich gehe und winke den selten auftauchenden Lichtern zu. Aber nichts. Nur die Augen werden jedes Mal geblendet, und ich fühle mich wie blind.
Jeder Scheinwerfer reißt mich aus der schwarzen Masse, so dass ich zu sehen bin, selber aber nichts sehen kann. Ich ahne nur, dass an beiden Seiten der Straße Wald läuft und hoffe auf eine baldige Brücke...
Nach einer Stunde gebe ich jedoch die Hoffnung auf und biege auf einen Feldweg ein, von dort laufe ich auf eine mit Steinen verstreute Wiese. Unter einer einsamen, breit ausladenden Kiefer rolle ich, die Steine zu Seite, und meine Isoliermatte aus. An meinem Kopfende biegen sich die Äste bis zum Boden, also ich bin geschützt. Am Fußende ist die Baumkrone ziemlich offen. Die schweren Wolken haben sich derweil verzogen und es entfaltet sich ein Sternenhimmel über mich. Alle
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