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Kellerwelt

Kellerwelt

Titel: Kellerwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niels Peter Henning
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Gegners zu packen und nach unten
zu ziehen. Zum Vorschein kam das Gesicht eines Mannes, das eine Rasur dringend
nötig gehabt hätte.
    Er sprang auf. „Scheißdreck,
verdammter!"
    Das Hochgefühl, das er noch
vor einem Augenblick empfunden hatte, verabschiedete sich im Zeitraum eines
Wimpernschlages. An seine Stelle trat Verwirrung. Dann Erkenntnis. Und dann
Wut. Sie kämpften hier nicht gegen Maschinen - zumindest nicht ausschließlich.
Stattdessen schossen sie auf Menschen. Jemand hatte diese armen Teufel in
Uniformen gezwängt, Klingen an ihren Armen befestigt und sie dann auf die
Kriegszone losgelassen. Hier mussten sie einen aussichtslosen Gladiatorenkampf
gegen weitaus besser bewaffnete und agilere Gegner führen, was zwangsläufig zu
einem systematischen Abschlachten der Menschen führte.
    Und er hatte munter an
dieser Party teilgenommen.
    Hinter ihm bellte die
Schrotflinte des Chefs zweimal in rascher Folge. Er wandte sich um und sah
gerade noch einen Klingenschwinger zu Boden gehen. Ein weiterer Angreifer
näherte sich und der Chef legte an.
    „ Nicht!", rief er und
sprintete los. Der Chef wandte sich halb zu ihm um. Dieser Moment genügte ihm,
um die Distanz zum Liliputaner zu überbrücken und den Chef beiseite zu stoßen.
Zumindest versuchte er es. Es gelang ihm nicht, denn der Chef trat bereits
einen Schritt zur Seite und ließ ihn ins Leere laufen. Damit stand er zwischen
dem Klingenschwinger und der Mündung der Remington, was ihm eine saftige
Beschimpfung seitens des Chefs einbrachte.
    Er kümmerte sich nicht
darum. Stattdessen parierte er den Angriff des Klingenschwingers. „Hör
auf", herrschte er den verkleideten Angreifer dabei an. „Wir sitzen im selben
Boot."
    Der Klingenschwinger hörte
nicht auf ihn und attackierte erneut. Er wich dem Schlag aus und redete dabei
weiter auf den Angreifer ein. „Wir können uns gegenseitig helfen." Ein
weiterer Schlag verfehlte seinen Kopf nur knapp. „Wir können euch hier raus
bringen." Der Klingenschwinger griff weiter an.
    „ Meine Fresse", sagte
der Chef und drängte sich vor ihn. „Das halt' ich im Kopf nicht aus." Dann
feuerte der Chef seine Schrotflinte ab und setzte damit einen Schlusspunkt
hinter die letzte Attacke des Klingenschwingers.
    Während der Chef die
verschossene Patrone gegen eine neue ersetzte, versuchte er, sich zu sammeln.
Das gelang ihm nicht sonderlich gut, denn zu viele Gedanken jagten ihm durch
den Kopf. Und über all diesen Gedanken hing einen Wolke aus Wut und Ärger, die
mit jedem Wimpernschlag an Dichte gewann. Schließlich trat er einen Schritt vor
und versetzte dem Chef einen Stoß.
    „ Warum hast du das
getan?"
    Der Chef warf einen Blick
über die Schulter. „Was?"
    „ Warum hast du den Kerl
abgeknallt? Vielleicht hätten wir ihn zur Vernunft bringen können. Dann hätten
wir einen Verbündeten gewonnen."
    Der Chef lachte kurz auf.
„Kleiner, das kannst du vergessen, und zwar achtkantig. Die Klingen sind so verrückt
wie Scheiße. Denen haben sie genug Chemie in die Armbeugen gepustet, um jedes
bisschen Vernunft aus ihrem Schädel zu ätzen. Mit denen kann man nicht reden.
Glaubst du etwa, wir hätten das noch nicht versucht? Die sind nur noch darauf
konditioniert, alles anzugreifen, was sie sehen. Denen ist nichts weiter
geblieben als irgendeine Form der wortlosen Kommunikation, damit sie ihre
Angriffe koordinieren können. Und weil das ziemlich gut funktioniert, sollten
wir nun schnellstens verschwinden."
    Der Chef wandte sich zum
Gehen. Die Kleine und das Panzerchen hatten sich während des Gefechts im
Hintergrund gehalten, doch nun schlossen sie wieder auf. Er hingegen zögerte
noch einen Moment.
    „ Eins noch", rief er
dann. Der Chef wandte sich mit einem entnervten Seufzer noch einmal zu ihm um.
„Wir schießen die Klingen ab sofort nur noch ab, wenn es unbedingt sein muss,
klar? Ansonsten gehen wir ihnen aus dem Weg."
    Der Chef brachte seine
Fassungslosigkeit mit einem Kopfschütteln zum Ausdruck. „Verdammt nochmal, was soll
denn dieses Gutmenschengeschwafel? Du redest diesen Blödsinn doch nur daher,
weil du immer noch nicht akzeptieren kannst, was du bist. In Wirklichkeit bist
du doch ganz scharf drauf, diese debilen Vollidioten umzubringen." Dann
atmete der Liliputaner demonstrativ durch. „Aber gut. Wir haben bis jetzt so
viel Glück gehabt, da will ich nicht lange diskutieren. Also machen wir es so,
wie du es willst. Und jetzt sollten wir schnellstens von hier verschwinden. Du
kannst meinetwegen die

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