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Kellerwelt

Kellerwelt

Titel: Kellerwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niels Peter Henning
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seinen Körper herumzuwuchten .
So geriet er zwar in Rückenlage, doch der Roboter behielt die Oberhand und ließ
sich nicht abschütteln. Eine Metallhand schloss sich um seinen Hals und drückte
zu wie ein Schraubstock. Er hatte dabei erstmals die Gelegenheit, einen
Schützen aus der Nähe zu betrachten.
    Zwei Kameraobjektive
blitzten unter dem Stahlhelm hervor. Dahinter Kabel, die nur teilweise hinter
Metallverkleidungen verschwanden. Keine Nase, aber ein Mund. Zwei Kiefer, mit
Zähnen bestückt. Mit echten menschlichen Zähnen. Wer dachte sich denn so etwas
aus?
    Er hatte keine Zeit, weiter
darüber nachzudenken. Der rechte Arm des Schützen kam hoch. Dieses Ding
versuchte, seine Primärwaffe in Anschlag zu bringen - eine Höllenmaschine von
einem Abschussmechanismus. Verschluss am Unterarm, kurz vor dem Ellbogen.
Munitionszufuhr vom Rücken her. Der Rest des Unterarms bildete ein kurzes,
gerades Rohr ohne Mündungsfeuerdämpfer. Keine allzu präzise Waffe, doch auf
diese Distanz bestand kein allzu großer Bedarf nach einem Präzisionsschuss.
    Er versuchte, das Rohr zu
packen und den Unterarm des Schützen zu blockieren, doch er schaffte es nicht.
Die Servos des Schützen begannen zu jaulen und die Mündung näherte sich seinem
Gesicht. Keine Chance. Gegen diese Elektromotoren kam er nicht an. Außerdem
ging ihm allmählich die Luft aus. Von vorne drückte der Schütze zu, von hinten
raubte ihm der Rucksack den Atem. Welche Optionen blieben? Das Gewehr? Nein,
außerhalb seiner Reichweite. Muskelkraft? Reichte nicht aus. Blieb noch die
SIG-Sauer. Kam er an die Waffe heran? Ja, wenn er seinen linken Arm unter dem
Rucksack hindurch hinter seinen Körper verdrehte. Er musste das Feuerrohr nur
noch einen Augenblick lang blockieren. Dann die Pistole aus dem Hosenbund
ziehen, den Sicherungshebel umlegen und die Waffe in Anschlag bringen. Kaum zu
schaffen, doch er musste es versuchen. Sein Leben hing davon ab.
    Peng!
    Der Helm der Gefechtsdrohne
sprühte Funken und flog davon.
    Peng!
    Noch mehr Funken. Der
Waffenarm des Schützen erschlaffte. Gleichzeitig ließ der Druck auf seine
Luftröhre nach. Schließlich erstarb auch das Wimmern der Servos.
    Er hustete und schob den
Metallhaufen mit beiden Händen von sich herunter. Gleichzeitig kroch er
rückwärts, bis er frei war und wieder aufstehen konnte. Dabei konnte er gerade
noch den Impuls unterdrücken, sich vollständig aufzurichten und eine verirrte
Kugel oder ein Schrapnell einzufangen.
    Als er sein Gewehr aufhob,
fiel sein Blick auf die Kleine. Sie kniete ein Stück hinter der Drohne und
hielt eine Baby-Glock im Anschlag. Er wunderte sich, wie es die Kleine
geschafft hatte, die Drohne aus einer Entfernung von gut fünf Schritten zweimal
hintereinander zu treffen, denn die Kleine zitterte wie ein Presslufthammer.
Außerdem war die Baby-Glock bestenfalls für aufgesetzte Kopfschüsse zu
gebrauchen. Auf eine Entfernung von mehr als drei Schritten konnte man mit
diesem Ding eigentlich nur daneben schießen.
    Im Grunde interessierte es
ihn aber nicht. Hauptsache, sie hatte die Drohne ausgeschaltet.
    Von hinten nahte der Chef
heran. Der Zwerg konnte es sich leisten, aufrecht durch den Kugelhagel zu
marschieren - ein Vorteil, wenn man einem ausgewachsenen Mann nur bis zur Hüfte
reichte.
    „ Junge, das war knapp",
sagte der Liliputaner. „Genau so oder so ähnlich hat es alle erwischt, mit
denen ich bis jetzt hier war. Hätte mich auch gewundert, wenn du einen echten
Durchmarsch hingelegt hättest. Früher oder später musste sowas passieren. Also
los, sehen wir zu, dass wir von diesem freien Gelände runter kommen."
    Er rückte seinen Rucksack
zurecht. Dabei kochte die Wut in ihm hoch. Anstatt Rückendeckung von diesem
Zwergen zu erhalten, hatte das Nutzvieh seine Verteidigung übernehmen müssen.
Nur zu gerne hätte er dem Chef dazu einige passende Worte gesagt, doch der
Liliputaner hatte bereits die Führung übernommen und schickte sich an, im Nebel
zu verschwinden. Also schluckte er seine Wut herunter und winkte die beiden
Zivilisten herbei.
    „ Los, Beeilung. Ihr geht
voraus, ich gebe Deckung."
    Auf den nächsten Schritten
kehrte ein wenig Ruhe ein. Weniger verirrte Kugeln in der Luft, weniger Gegner
im Umkreis. Stattdessen machten ihm die Granaten zu schaffen. Das gesamte
Gelände stellte eine einzige Buckelpiste dar - ein Explosionstrichter neben dem
anderen. Und die Detonationen rissen nicht ab. So verwandelte sich der Weg
durch diesen Abschnitt der Kriegszone in

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