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Kells Legende: Roman (German Edition)

Kells Legende: Roman (German Edition)

Titel: Kells Legende: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Remic
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bist eine große Bedrohung; genau genommen bist du sogar eine schreckliche Bedrohung. Wenn du Glück hast, kleine Anu, du kleines, perverses Vachine-Experiment, dann schicken sie dir die Canker. Aber wenn du Pech hast …«
    »Sie werden uns niemals erwischen.« In Anukis’ Stimme schwang ein Hauch von Panik mit. Sie fürchtete die Schnitter. Jeder fürchtete die Schnitter.
    »… wenn du Pech hast, werden sie selbst kommen.«
    Anukis’ Krallen fuhren aus ihren Fingern. Sie starrte auf Vashell hinab, der sie trotz seiner Schmerzen verspottete, jetzt, nachdem er den Schock verdaut hatte, dass sie ihm das Gesicht heruntergerissen hatte. Seine Arroganz und seine Verachtung ihr gegenüber waren offenbar wieder ganz wie zuvor. Ihr Hass auf ihn schwoll an. »Ich werde dich töten«, knurrte sie.
    »Nein«, sagte Alloria und packte Anukis’ Arm. Die Vachine schleuderte die Königin zu Boden, wo sie liegen blieb und diese beiden fremdartigen Kreaturen anstarrte.
    »Ich werde dich töten«, wiederholte Anukis und trat zu Vashell.
    »Das wäre ziemlich dumm. Denn wie willst du dann deinen Vater finden?«
    Es schneite, und die fernen, riesigen Berggipfel verschwanden hinter einem weißen Schleier. Es war dunkler geworden; der Himmel schimmerte in dieser sonderbaren, grauen Helligkeit, einer kalten Stille, wie man sie nur in den Bergen findet. Nebel quoll langsam um die Ecken der Baracken, und Anukis bemerkte aus den Augenwinkeln, wie sich jemand lautlos von der Seite her näherte. Eiskalte Schauer liefen ihr prickelnd den Rücken rauf und runter.
    »Wo ist er?«, fuhr sie Vashell an.
    »Du brauchst mich«, erwiderte Vashell, dessen Augen glühten. »Denn nur ich weiß, wo er das letzte Mal gesehen wurde. Ich habe entsprechende Berichte bekommen. Wenn du mich tötest, und glaub mir, ich bin bereit zu sterben, dann ist er für immer deinem Zugriff entzogen.« Er sprach zischend, mit seinen zerfetzten, hautlosen Lippen, die in einem entsetzlichen, grauenvollen Gesicht saßen, einem Gesicht, das kein Gesicht mehr war.
    »Ich werde dir die Augen herausschneiden«, versprach ihm Anukis.
    »Dann mach es einfach! Und hör auf, wie ein Vachine-Frischling zu plärren.«
    Der Nebel, kalt und strahlend weiß, verbreitete sich auf dem Boden, wogte bis zum Fluss und verdeckte das reißende Wasser. Er überzog die Leichen der toten Albino-Soldaten, und Vashell richtete sich auf die Ellbogen auf, als die weißen Schwaden ihn umhüllten. Er seufzte, und der Blick seiner Augen, den er auf Anukis gerichtet hielt, loderte auf. Ein triumphierendes Schimmern lag darin.
    »Die Schnitter reagieren sehr schnell«, meinte er. Seine Stimme klang wie ein Wiegenlied und war erfüllt von dem Honig des Blutöl-Rauschs; sein ganzes System wurde von der Substanz förmlich überwältigt, infolge der brutalen Prügel, die er bezogen hatte. »Einer von ihnen muss in der Nähe gewesen sein.«
    Anukis spürte die Panik in ihrer Brust. »Nein.« Sie wirbelte herum und musterte die Umgebung. Dann deutete sie auf Alloria. »Steigt in die Barke!«, fuhr sie die Königin an und drehte sich dann zu Vashell herum. Ihre Krallen und ihre Vampirreißzähne fuhren heraus. »Das ist einfach nur Bergnebel!«, zischte sie. Aber ihre Stimme klang unsicher, und ihr schien ein Splitter im Herzen zu stecken. Sie wussten beide, wie brutal die Schnitter waren und wie sonderbar, selbst für die Vachine, denen sie gnädigst halfen. Es waren Kreaturen des Schwarzspitz-Massivs, Kreaturen, deren Heimat tief unter dem Gestein lag; und sie folgten ihren eigenen, für Außenstehende unbegreiflichen Regeln.
    Wenn die Schnitter die Leichen für die Blutraffinerien aussaugten, erhielten sie, jedenfalls nahm man das an, eine Art Bonus für sich selbst. Wenn sie einen Menschen in eine trockene Hülle verwandelten, nahmen sie ihm auch einen kleinen Teil seiner Seele. Aber kein Vachine hatte diese Theorie jemals laut ausgesprochen, jedenfalls keiner, dem sein eigenes Leben etwas wert war. Die Schnitter standen sogar über den Göttern, jedenfalls soweit es die Gesellschaft der Vachine betraf. Obwohl Anukis diesen Gedanken niemals aussprechen würde, hatte sie das Gefühl, dass die Schnitter die Puppenspieler waren und die Vachine einfach nur ihre Marionetten.
    Vashell zuckte mit den Schultern und beobachtete Anukis scharf.
    »Du bist sehr stark geworden«, erklärte er. Seine Stimme klang nicht nur wegen seiner fehlenden Lippen undeutlich; er war einfach zu sehr von Blutöl durchtränkt. »Aber

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