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Kells Legende: Roman (German Edition)

Kells Legende: Roman (German Edition)

Titel: Kells Legende: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Remic
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tropfte von seinem Kinn, während er mit seinen dunklen Augen König Leanoric betrachtete.
    »Du bist sehr großzügig, Sire.« Er kicherte, als hätte er einen Witz gemacht, legte den Kopf schief, und nicht zum ersten Mal fragte sich Leanoric, was für eine Kreatur das wohl sein mochte. Was war mit ihm geschehen? Wieso aß er menschliche Überreste … was ihm den Namen Grabschänder eingebracht hatte? Dieser Name stammte aus den Zeiten, als er Gräber geschändet hatte, um an seine Nahrung zu gelangen. Und, zu guter Letzt, wieso kannst du diesen uralten Steinkreis nicht mehr verlassen? Diese Fragen hatten auch schon andere gestellt, und man hatte etliche bedeutende Professoren der Universität Jalder hierhergeschickt, um die Alten Sitten und das Vermächtnis der Blutöl-Magie zu studieren. Sie alle waren tot. Jageraw mochte merkwürdig sein, aber er war unglaublich mächtig und verfügte außerdem über die Fähigkeit, einfach zu … verblassen, wenn er bedroht wurde.
    Einst hatte man drei Söldner angeheuert, um den Leichnam des Grabschänders vor den König zu bringen, mit oder ohne Kopf. Einer hatte den Kreis mit einem Beutel voller Organe betreten und Jageraw herausgelockt, während seine Kameraden mit mächtigen Langbogen in der Dunkelheit der Dämmerung warteten. Sie hatten die Kreatur mit vergifteten und mit Widerhaken versehenen Pfeilen durchlöchert; mindestens sechs davon hatten in seinem Körper gesteckt. Blut war über seine glatte schwarze Haut gespritzt. Jageraw hatte vor Schmerz gekreischt, den Söldner gepackt, der im Steinkreis stand, und beide waren … verschwunden. Jedenfalls lautete so die Geschichte. Die Gefährten des Mannes warteten drei Nächte lang auf ihren Freund. Eines Abends dann machten sie sich auf die Suche und sahen ihn im Steinkreis. Er lag da, und seine Haut war vollkommen abgezogen, aber er war unglaublicherweise immer noch am Leben. Er wimmerte kläglich und bat seine Freunde um Hilfe. Diese stürmten impulsiv in den Kreis, und im selben Moment tauchte Jageraw wie aus dem Nichts auf. Sein Körper war vollkommen verheilt, und seine Klauen fuhren durch Schwerter und Schilde und trennten den beiden Männern die Köpfe vom Leib. In jener Nacht speiste Jageraw ganz ausgezeichnet.
    Und danach ließen die Leute den Grabschänder in Ruhe.
    »Du willst gegen die Eiserne Armee kämpfen, sagst du?«, fragte er Leanoric jetzt. »Ja. Ihre Blutöl-Magie ist sehr mächtig, sehr mächtig, und sie folgen den Alten Sitten mit den Schnittern aus den Legenden. Daher kommt ihre Macht. Sie werden deine Männer zu ihrem Entsetzen in Eis verwandeln«, meinte er lachend. »Das werden sie.«
    »Ich habe nie gesagt, dass es die Eiserne Armee ist«, erwiderte Leanoric misstrauisch.
    »Das ist die Armee, die Graal befehligt. Töten musst du ihn.« Jageraw biss von einem menschlichen Herz ab und kaute nachdenklich, während er auf seine Nahrung starrte. »Ihre Magie kostet Zeit, bis sie gewirkt ist, und darin liegt deine Chance. Sie greifen in der Nacht an, ja, in der hübschen heimeligen Nacht. Du musst dir eine Möglichkeit ausdenken, sie zu zwingen oder sie in eine Falle zu locken. Sobald sie ihre Magie gewirkt haben, nach einer kleinen Weile, können sie sie nicht mehr kontrollieren. Sie gehört dann nicht mehr ihnen. Jetzt muss ich gehen. Jetzt muss ich essen. Ich habe dir zu viel erzählt, das habe ich.«
    Jageraw grinste, und seine dunklen Augen funkelten boshaft.
    »Danke … Jageraw.«
    »Komm jederzeit wieder«, sagte die glatte, schwarze Kreatur und trat von König Leanoric zurück. Ihre keramischen Knochen knirschten. »Bring Geschenke, bring Essen, hübsches Fleisch von noch warmen menschlichen Leichen, das ist mir am liebsten.« Ihre Augen blinzelten, und die Gestalt begann zu verblassen. »Falls du überlebst, kleiner König«, kicherte sie und war verschwunden.
    Leanoric bemerkte, dass er kniete, und stand hastig auf. Dann verließ er rückwärts den uralten Steinkreis und bemerkte erst jetzt, dass er sein Schwert halb aus der Scheide gezogen hatte. Er fröstelte, als ihm bewusst wurde, dass er einige Dinge niemals verstehen würde; und gleichzeitig gab er zu, dass es Dinge gab, die er gar nicht verstehen wollte. Was ihn anging, konnte Jageraw verrotten.
    Leanoric drehte sich um, stieg auf sein Pferd und ritt so schnell über die niedrigen Moore, wie er es wagen konnte.
    Die überlebenden Dorfbewohner blieben sich selbst überlassen; Kell, Saark, Nienna, Myriam, Styx und Jex ritten den Rest

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