Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kells Legende: Roman (German Edition)

Kells Legende: Roman (German Edition)

Titel: Kells Legende: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Remic
Vom Netzwerk:
Wispern, dann war sie verschwunden, wie verschluckt von den riesigen Flanken von schwarzem Fels, während die Ingenieursbarke immer weiter und weiter vom Fluss in das einsame, unbarmherzige Reich des Schwarzspitz-Massivs gezogen wurde.
    Die Messingbarke glitt den Fluss hinab, ihre Uhrwerkmaschine summte, und ihre Nase schob sich durch die Eisschollen. Ein kalter Wind heulte über den Fluss, einsam und traurig wie ein verlorener Geist. Schließlich kamen sie an eine Stelle, wo der Fluss sich in zwei breite Ströme teilte, die jeweils in eine besonders steile Schlucht dieses abweisenden Bergmassivs abzweigten. Anukis verfolgte mit den Augen ihre Route, dann drehte sie sich zu Vashell herum, der auf einer Bank hockte, den Kopf auf die Reling der Barke gelegt, und dessen krallenlose Finger sich unablässig krümmten.
    »Wo geht es lang?«, erkundigte sie sich.
    »Willst du das wirklich wissen?«
    »Ja.« Sie runzelte die Stirn. »Bring mich zu meinem Vater.«
    »Es wird dir nicht gefallen, was du dort vorfindest.«
    »Überlass das Urteil darüber mir, Vachine.«
    Vashell lachte leise und seufzte dann. Er berührte mit den Fingern behutsam sein zerstörtes Gesicht, dann hob er den Kopf, blickte über den rauschenden Fluss und streckte die Hand aus. »Hier entlang.«
    »Bist du dir sicher?«
    »Natürlich bin ich mir sicher, Mädchen!«
    »Wohin führt der Fluss?«
    »Na ja«, Vashell lächelte, ein dämonischer Ausdruck auf seinem verstümmelten Gesicht. »Er führt zum Vrekken. Und dann weiter nach Nonterrazake, das dahinter liegt.«
    Anukis starrte ihn eine Weile an, während sie die Messingbarke geschickt in der Strömung im Gleichgewicht hielt. »Das kann nicht sein«, antwortete sie schließlich.
    »Warum nicht?«
    »Nonterrazake ist ein Mythos.«
    »Es ist Realität«, widersprach Vashell selbstgefällig.
    »Bist du dort gewesen?«
    »Darüber möchte ich mit dir nicht diskutieren, mein Kind.« Sein Blick verschleierte sich.
    »Ich kann dir sehr viel mehr Schmerzen zufügen, und ich kann dir auch einen schrecklichen Tod bereiten«, erklärte Anukis. Ihr Gesicht verzerrte sich vor Wut in der verschneiten Dämmerung.
    Vashell zuckte mit den Schultern. »Es gibt einige Dinge, die schlimmer sind als der Tod, Anu. Das wirst du noch in Erfahrung bringen. Du willst, dass ich dich zu Kradek-ka bringe, also bringe ich dich zu Kradek-ka. Obwohl ich dir versprechen kann, dass du dich bei mir nicht dafür bedanken wirst, ebenso wenig wie für die Dinge, die du dort erfahren wirst. Aber das ist das Wesen der menschlichen Natur, hab ich recht?« Er lachte, wie über einen eigenen, kleinen privaten Witz. »Und das der pervertierten Vampirmaschinen.«
    Anukis führte die Ingenieursbarke den Fluss hinab, und als die Nacht anbrach, wurden die rauschenden Wasser wieder ruhiger. Sie ankerte die Barke mitten in dem breiten Fluss, um ein bisschen zu schlafen.
    Dann ging sie hinab in die Hauptkammer unter Deck und sah zu, wie Alloria es sich in einer schmalen Koje gemütlich machte. »Wie fühlt Ihr Euch?«, erkundigte sich Anukis. Dann sah sie, wie Alloria sie anblickte. Als wäre Anukis ein todbringendes, unberechenbares, unbeherrschbares wildes Tier. Sie seufzte.
    »Es wird mir besser gehen, sobald ich dieses Land verlassen habe«, erwiderte Alloria sanft. Ihre Augen waren rot gerändert, und Anukis registrierte erst jetzt, dass sie geweint hatte. »Sobald ich wieder nachhause reisen kann.«
    »Ihr seid aufgeregt?«
    »Mein Land wird von einer gewalttätigen Rasse belagert, in deren Innerem ein Uhrwerk tickt, und mein Ehemann muss sein Leben im Kampf gegen sie riskieren. Ja, ich bin … aufgeregt. Ich fürchte, dass meine Kinder getötet werden. Ich habe Angst, dass man meinem Ehemann die Kehle durchschneidet. Vor allem jedoch«, bei diesen Worten starrte sie Anukis scharf an, »fürchte ich, dass Euer Volk unser Land unterjochen wird.«
    »Ich habe mit diesem Krieg nichts zu tun«, antwortete Anukis.
    »Ihr seid aber eine von ihnen.«
    »Sie haben mich ausgestoßen!«
    Alloria zuckte mit den Schultern, und ihre Furcht war beinahe mit Händen zu greifen. In diesem Moment wurde Anukis klar, dass sie Alloria verloren hatte, was sie sehr traurig machte. Alloria hatte die Bestie gesehen, die in Anukis’ Seele wütete; das hatte sie bis ins Mark erschüttert.
    »Trotzdem bleibt Ihr eine Vachine«, antwortete Alloria, kehrte Anukis den Rücken zu und hüllte sich in die schwere Decke.
    Anukis ging wieder hoch an Deck und überprüfte

Weitere Kostenlose Bücher