Kells Legende: Roman (German Edition)
Käfig, genau wie die kaum zu kontrollierenden Canker um ihn herum. »He«, knurrte Kell den nächsten Canker an. »Kannst du mich hören?« Die Bestie antwortete nicht, sondern starrte ihn nur mit ihren hasserfüllten Löwenaugen an. »Ist dir eigentlich klar, dass du ein Gesicht wie ein Pferdehintern hast?«, sagte er. Der Canker blinzelte, seine lange Zunge kam aus seinem Maul, und er leckte sich die Lippen, die er dabei fast über seinen halben Kopf stülpte. In seinem Schädel tickten winzige Zahnräder. Kell erschauerte erneut, aber diesmal hatte das nichts mit der Kälte zu tun.
»Kell.« Die Stimme war leise, kaum lauter als ein Flüstern. Kell spähte angestrengt in die Dunkelheit.
»Ja?«
»Ich bin es, Saark. Warte da auf mich.«
»Ach, weißt du, Junge, ich wollte heute ohnehin nicht ausgehen.«
Man hörte ein Grunzen, dann quietschte rostiges Metall. Die Käfigtür schwang auf, und Saark, vollkommen bleich und mit schweißüberströmter Stirn, lehnte sich an der offenen Tür gegen die Gitterstäbe.
Kell trat hinaus, stemmte die Hände in die Hüften und sah sich um. Dann wandte er sich an Saark. »Ich habe dich eigentlich ein bisschen früher erwartet.«
Saark grinste ihn herausfordernd an. »Ein ›Danke‹ hätte genügt.«
»Danke. Ich habe dich eigentlich ein bisschen früher erwartet. Und übrigens, du siehst aus, als wäre ein Pferd auf deinem Gesicht herumgetrampelt.«
»Ich hatte eine kleine Meinungsverschiedenheit mit Myriam und ihren Freunden.«
Kells Miene verfinsterte sich; dann bemerkte er die Blutflecken auf Saarks Kleidung. »Bist du verletzt?«
»Myriam hat mir einen Dolch in die Rippen gerammt.«
»Sie hatte Nienna bei sich.«
»Das hat sie immer noch. Tut mir leid, Kell. Sie hat Nienna nach Norden mitgenommen, ins Schwarzspitz-Massiv. Ich soll dir sagen, dass sie am Cailleach-Pass auf dich wartet. Sie weiß, dass du kommen wirst. Es tut mir leid, Kell; ich konnte nichts dagegen machen.«
Der riesige Krieger schwieg, rollte stattdessen seinen Hals und seine Schultern. Dann zuckte seine Hand zu der Stelle, wo sein Svian normalerweise steckte. Doch die Scheide war leer. »Mistkerle«, knurrte er, musterte die Umgebung, drehte sich um und setzte sich in Bewegung, ging zwischen den Käfigen entlang.
»Warte.« Saark humpelte ihm hinterher. »Du gehst in die falsche Richtung. Wir können uns durch Alt-Skulkra davonschleichen; ich glaube, nicht einmal die Albinos werden sich dort hineintrauen. Es ist immer noch ein vergiftetes Höllenloch; es stinkt dort wie in den Eingeweiden eines Schweins.«
»Ich muss Graal finden.«
»Was?«, fuhr Saark hoch. Er packte Kell und hielt ihn fest. »Wovon redest du, Mann?«, zischte er. »Wir sind von zehntausend verfluchten Soldaten umringt! Und du willst einfach zwischen ihnen herumspazieren und ihn umbringen?«
»Ich will ihn nicht umbringen!«, schnarrte Kell, dessen Augen glitzerten. »Ich will Ilanna wiederhaben.«
Saark lachte heiser. »Wir können dir eine andere Streitaxt kaufen, mein Alter!«, erklärte er.
»Sie ist … nicht nur eine Axt. Sie ist mit Blut an mich gebunden. Ich kann sie nicht zurücklassen. Das ist schwer zu erklären.«
»Allerdings, da hast du verdammt recht, das ist schwer zu erklären. Du willst jetzt dein Leben riskieren? Wir können entkommen, Kell. Wir können Nienna folgen.«
Kell blieb stehen, den Rücken Saark zugewandt. Als er antwortete, klang seine Stimme leise und unsicher. »Nein. Ich muss erst Ilanna wiederhaben; dann suche ich Nienna. Und danach töte ich Myriam und ihre perversen Abschaumfreunde.«
»Du bist wahnsinnig«, sagte Saark.
»Vielleicht. Du kannst gerne hier warten, wenn du möchtest. Ich bin gleich wieder da.«
»Nein.« Saark holte ihn ein, und sein Rapier glitzerte in der Dunkelheit. »Man hat mich zwar abgestochen wie eine Sau, aber ich kann immer noch kämpfen. Wenn wir uns jetzt trennen, werden wir garantiert erwischt und gefoltert. Verdammt sollst du sein, du und dein blöder, närrischer Dickschädel!«
»Sei still.«
Sie gingen leise weiter durch die nächtlichen Schatten.
Es beobachtete sie. Es kroch dicht am Boden gepresst weiter und beobachtete sie. Wenn sie zu ihm hinblickten, verbarg es vor Scham sein Gesicht, während große Tränen seine gefolterten Wangen hinabrollten. Es kauerte sich an den Boden, und sein Körper zitterte krampfhaft vor Trauer. Dann gingen sie weiter, und es erhob sich mit knirschenden Kiefern und folgte ihnen durch das Meer von Zelten
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