Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kells Legende: Roman (German Edition)

Kells Legende: Roman (German Edition)

Titel: Kells Legende: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Remic
Vom Netzwerk:
erkennen. Plötzlich kam Bewegung in die Gruppe. Saark sah zu, wie ein Mann hochgehoben wurde, der um sich trat und kämpfte und dann wieder auf den gefrorenen Boden geworfen wurde. Saark presste die Lippen zusammen, als er Graal erkannte, mehr an seiner arroganten Haltung als an seiner Rüstung oder seinem Aussehen. Der General hatte eine ganz bestimmte Art, sich zu bewegen, irgendwie archaisch, und er strahlte eine ebenso alte Arroganz aus, weit beeindruckender als Adel, so als sollten gefälligst die ganze Welt und all ihre Wunder beiseitetreten, wenn er sich näherte.
    Saark beobachtete von dem kleinen Hügel aus, wie Graal wegging, zu irgendwelchen … Saark verschlug es den Atem. Das waren Käfige, jede Menge von Käfigen. Canker. Scheiße. Saark blickte mit seinem gesunden Auge nach links und sah einen riesigen Haufen von Cankerleichen … ein wirklich gewaltiger Berg. Sein Herz schwoll vor Stolz an. Wenigstens haben wir ein paar von diesen Mistkerlen erwischt, dachte er verbittert. Er versuchte erneut, den General ausfindig zu machen, aber Graal war in dem Labyrinth von Käfigen und Zelten verschwunden. Wohin war er gegangen? Verdammt! Saark suchte methodisch die Reihen von Zelten ab, dort, wo Canker grollten, fauchten und schliefen; schließlich fand er den General wieder. Graal beobachtete … einen Mann. Einen Mann in einem Käfig. Saark grinste. Das musste er sein! Wen sonst hätte man wie einen Canker in einen Käfig sperren müssen? Es gab nur einen einzigen, mürrischen, säuerlichen alten Ziegenbock, der Saarks Meinung nach dafür in Frage kam. Doch dann sank Saark wieder der Mut. Was hatten sie Kell angetan? War er gefoltert worden? Verstümmelt? Vielleicht hatte man ihm sogar die Glieder abgehackt? Saark kannte aus erster Hand die Schrecken der Schlacht nur zu gut, den Wahnsinn des Krieges.
    Aber wenigstens lebt er noch, dachte Saark.
    Er legte sich rücklings in den Schnee und schloss die Augen, als die Welt sich erneut zu drehen schien. Doch diesmal ließ das Gefühl selbst dann nicht nach. Er rutschte ein bisschen den Hügel hinab, suchte in seinen Taschen und fand seinen winzigen Medizinbeutel. Während er all die langen Stunden bis zum Anbruch der Nacht wartete, beschäftigte er sich mit einer kleinen Messingnadel und einem Stück Faden aus Schweinedarm. Er nähte sich wieder zusammen, und nachdem er sich übergeben hatte, schlief er ein.
    Kell erwachte langsam aus seiner Bewusstlosigkeit, so als würde er durch ein Meer aus schwarzem Honig schwimmen. Er lag auf einem Metallboden, und kalter Wind fuhr beinahe zärtlich über seine Haut. Ihm war bitterkalt; er öffnete die Augen, starrte auf das uralte, angelaufene Metall, auf den Boden und auf den Schlamm dahinter, der allmählich von Schneeflocken bedeckt wurde. Er hustete, stemmte beide Hände auf den Boden unter sich und wuchtete sich hoch. Dann fiel er wieder zurück, als ihm schwindelte und seine Sinne sich um ihn zu drehen schienen. Er hatte ein Gefühl von … Verlust. Er spürte den Verlust von Ilanna. Den Verlust seiner blutgebundenen Axt.
    Mehrmals krümmte Kell die Finger und blickte sich um. Er befand sich in einem Käfig mit dicken Metallstangen, und draußen, überall um ihn herum, standen ganz ähnliche Käfige, in denen perverse, malträtierte Canker hockten. Die meisten schliefen, aber ein paar hockten auf ihren Hinterbeinen und beobachteten ihn mit ihren bösartigen gelben Augen. Ihre Herzen schlugen unregelmäßig, wegen der verbogenen Uhrwerke.
    Kell rollte die Schultern und kroch dann auf den Knien in die Ecke seines Käfigs, von wo er hinausblickte. Er war wieder in Leanorics Lager, nur dass jetzt keine Soldaten aus Falanor mehr zu sehen waren, sondern nur Wachen von Albinos, die aufmerksam patrouillierten, die Hände auf ihren Schwertgriffen. Kell runzelte die Stirn und sah sich suchend um, dann begriff er, dass die beiden Lager zu einem verschmolzen waren, genauso wie ein Canker und sein Uhrwerk. Die Eiserne Armee hatte das Lager von Falanor in Besitz genommen.
    Es war dunkel geworden, und Kell begriff, dass er mindestens einen ganzen Tag lang außer Gefecht gewesen sein musste. Er sah sich weiter um, spähte zwischen den Stäben hindurch und erkannte schwach die Umrisse von Alt-Skulkra mit den eingestürzten Kuppeln und verfallenen Mauern. Dahinter lag das Valantrium-Moor, und von dem Sumpf wehte ein kalter Wind heran, der frischen Schnee versprach.
    Kell fröstelte. Was jetzt? Er war ein Gefangener. Saß in einem

Weitere Kostenlose Bücher