Kells Rache: Roman (German Edition)
war, in die entgegengesetzte Richtung davonzurennen. Außerdem ist ihr Biss giftig, Jungchen, also komm ihnen auf keinen Fall zu nahe.«
»Ausgesprochen tröstlich. Was steht da geschrieben?«
Kell zuckte mit den Schultern und machte sich daran, üb erflüssige Dinge aus seinem Rucksack zu nehmen. »Nim m alles aus deinem Beutel, was du nicht brauchst. Wir müssen mit so wenig Gepäck wie möglich da durch. Es gibt in diesen Tunneln einige sehr schmale Stellen, enge Passagen. Plätze, an denen man leicht feststecken kann.«
»Sagtest du nicht, diese Würmer wären groß? Mit Reißzähnen so lang wie ein Unterarm oder so etwas?«
»Das stimmt auch, aber sie können ihre Körper zusammenpressen, um sich durch schmale Öffnungen zu zwängen. Wie Ratten, Saark.« Seine Augen funkelten. »Du solltest dieses Ungeziefer kennen, schließlich kommst du vom Königlichen Hof. Und um deine Frage zu beantworten, die Inschrift lautet: ›Nimm einen anderen Weg‹.«
»Das ist alles? Das ist die ganze Warnung?«
»Reicht dir das nicht? Zusammen mit diesem widerlichen Gestank von Tod, als hätte Dake, der Axtschwinger, einen fahren lassen?«
»Du verstehst es wirklich trefflich, mit Worten umzugehen, Mann.« Nachdem sein Rucksack leichter war, zückte Saark sein Rapier und fuhr mit einem Finger über die Klinge. Dann schob er die Waffe wieder in die Scheide. »Gehen wir los. Bevor ich meine Meinung ändere.«
»Du kannst jederzeit umkehren. Vielleicht kannst du diese Vampirkiller ja mit deinem Charme um den Finger wickeln.«
»Was denn, damit sie mich beißen und mich in einen von ihnen verwandeln? Das wäre der reine Wahnsinn!«
»Ja, das wollen wir nicht, Jungchen, hm?« Kells Augen funkelten. »Denn dann müsste ich dich einen Kopf kürzer machen!« Er lachte dunkel und grollend und schlug Saark aufmunternd auf den Rücken.
Als sie zum Eingang traten und Kell sich bückte, um hineinzugehen, Ilanna vor sich ausgestreckt, berührte Nienn a seinen Arm. »Großvater?«
»Ja, Äffchen?«
Sie lächelte über den Kosenamen. »Ich habe Angst«, gestand sie.
»Das brauchst du nicht. Ich beschütze dich.«
»Das weiß ich. Aber … ich habe trotzdem Angst.«
Kell drehte sich um und richtete sich wieder auf. Dann hob er Ilanna in die Luft und betrachtete ihre merkwürdig matten schwarzen Schmetterlingsklingen. Die Waffe war so anders als jede andere Waffe, die er gesehen hatte. Sie war älter als die Berge, jedenfalls behauptete das die Legende. Und unzerstörbar. Er küsste die Klingen, bückte sich und küsste Nienna dann auf eine Wange. »Halte dich dicht an mich, Kleine. Und hab keine Angst vor der Dunkelheit. Kell geht neben dir.«
Nienna nickte. Ihre Augen schwammen in Tränen. Dieses Abenteuer war so ganz anders, als sie es erwartet hatte. Mit all dem Blut und dem Tod hatte sie nicht gerechnet. Ebenso wenig damit, dass eine gute Frau wie Katrina vollkommen umsonst ihr Leben geben musste, nur für die Ehre von Dieben und Mördern. Sie seufzte. Und folgte Kell in die Dunkelheit.
In den Valentrino-Höhlen herrschte auf den ersten hundert Metern tiefste Dunkelheit, dann jedoch schimmerte der Boden in einem sehr fahlen, widerlichen Licht. Ansonsten blieb es düster, und die Finsternis schien sie zu umhüllen, hielt in der einen Faust die Klaustrophobie und unheimliche Echos in der anderen. Innerhalb weniger Minuten hatte Saark seine Position als Nachhut aufgegeben und trat Nienna fast auf die Hacken.
»Kell«, zischte er, nachdem sie etwa zehn Minuten lang einem ebenen, gewundenen Gang gefolgt waren.
»Was?«, fragte der alte Krieger.
»Dieses Licht. Auf dem Boden. Bei Dakes Eiern, was ist das?«
Kell grinste. Sein Gesicht wirkte in dem blassen, ätherischen Schein wie das eines Totenschädels. »Schleim, von den Würmern. Wahrscheinlich sondern sie ihn ab.«
Saarks Miene verfinsterte sich. Er sah aus, als würde ihm schlecht. »Mist!«, sagte er. »Ich wünschte, ich hätte nicht gefragt.«
»Keine Sorge«, meinte Kell beruhigend, der Niennas Gesicht aus dem Augenwinkel bemerkt hatte. »Dieses Tunnelsystem ist gigantisch; es erstreckt sich Hunderte von Meilen unter den Bergen, sowohl in die Tiefe als auch horizontal. Man kann hier wochenlang herumlaufen, ohne jemals einen Wurm zu Gesicht zu bekommen. Die Leski sind primitive Lebewesen und haben keinen Verstand. Das Einzige, was sie kennen, ist fressen und sich fortpflanzen.«
»Klingt ganz ähnlich wie das, was wir gebildeten Menschen hauptsächlich machen«,
Weitere Kostenlose Bücher