Kells Rache: Roman (German Edition)
ich schneide sie in Streifen. Langsam, Stück für Stück.«
»Du hast deinen Standpunkt klargemacht, Jungchen«, a ntwortete Kell, der sich keine Überraschung anmerken lie ß, dass der Anführer seinen Namen kannte. »So wie ich den meinen. Also, erzähl mir, was passiert als Nächstes in dieser widerlichen und nach Säure stinkenden Albino-Latrine? Hast du vielleicht noch ein paar nette Überraschungen für uns?«
»Nur noch eine«, erwiderte der Anführer sanft, während er beinahe zärtlich mit seiner Klinge über Niennas zitternden Hals strich. »Es möchte dich jemand sprechen.«
»Und wer soll das sein? Meine Mutter?«
»Nein.« Die roten Augen des Anführers funkelten. »Sein Name ist Graal. Er hat dich bereits erwartet.«
15
SEELENGEMMEN
Skaringa Dak war ein riesiger, tödlicher Berg, selbst nach den Maßstäben der Schwarzspitzen gemessen, die ohnehin in dem Ruf standen, riesig, tödlich, gnadenlos, ja, schlicht unüberwindlich zu sein. Skaringa Dak thronte hoch über den umliegenden Gipfeln. Stand jemand zufällig genau an der richtigen Stelle zwischen den zerklüfteten Klippen und konnte zwischen den Gipfeln und anderen Hindernissen hindurchblicken, vermochte er vielleicht, falls sich die Nebel hoben und die Schneestürme nachließen, das ferne, ausgedehnte Silvatal zu sehen, das Heim der Vachine, das Heim der mittels der Kunst der Ingenieure entwickelten Vampirrasse.
In der Nähe des Gipfels, umrundet von schimmernden, scharfen Felskanten, lagen zerklüftete Hänge, die aus Millionen von schimmernden, polierten Marmorsteinen so spitz wie Dolche bestanden. Zu Fuß waren sie unüberwindlich und bildeten eine natürliche oder vielleicht auch nicht so natürliche Barriere vor dem flachen Plateau des Höllspitz, das fünfhundert Meter unter dem echten Gipfel des Berges lag.
Höllspitz.
Seit zehntausend Jahren ein Ort des Mysteriums und der Magie, umringt von Felswänden, Spalten, Nischen und Klüften, spitzen Felsdornen und scharfen Kanten. Es gab nur einen Zugang zu diesem Plateau, durch einen schmalen, abfallenden Tunnel, der tief in den Bauch von Skaringa Dak führte und nur Narren einlud, ihn zu erkunden.
Höllspitz.
Ein Plateau von etwa fünfhundert Metern Durchmesser, aus flachem Fels, poliertem Marmor, der von natürlichen Adern aus Silber und Gold durchzogen wurde, die unter dem schmelzenden Schnee funkelten. Die umgebenden Gipfel waren tief verschneit, nicht so das Höllspitz-Plateau. Das Höllspitz war immun gegen Schnee. Manche behaupteten, es gäbe einen Riss im Gestein, durch den ein Vulkan tief im Berg Hitze aus unvorstellbaren Tiefen heraufpresste. Andere schrieben es der Dunklen Magie zu, die dort im Laufe der Jahrhunderte Fuß gefasst hätte. Sie stammte noch aus der Zeit der Kriegsfürsten der Vampire aus den Blutlegenden. Und die, unsichtbar wie esoterische Strahlung, sich dort gehalten hätte.
In der Mitte des Höllspitz und von sich kreuzenden goldenen und silbernen Adern in dem glänzenden Boden verbunden standen die drei Granitthrone: uralt und vor Jahrhunderten mit primitivsten Werkzeugen aus dem Stein geschlagen. Sie waren gezackt, grob und primitiv. Außerdem waren sie älter, als eine moderne Zivilisation es sich hätte vorstellen können. Vor den drei Thronen war ein kleines rundes Becken in den Marmorboden eingelassen, gefüllt mit einer undefinierbaren Flüssigkeit. Dieses natürliche Becken war mit Tausenden von vertikalen Tunneln verbunden, natürlichen Spalten und Rinnen, steinernen Röhren, die sich durch das Gestein bis hinab zu den Wurzeln des Berges erstreckten. Es waren die Arterien des Berges, seine Lebensadern.
Graal stand neben den Granitthronen, gekleidet in eine weiße Robe. Der Wind peitschte ihm das feine weiße Haar um das Gesicht, und mit seinen ungewöhnlichen, strahlend b lauen Augen betrachtete er die Szenerie, auf die er fast ein tausend Jahre gewartet hatte. Ein klagendes Heulen s challte durch die Berge. Graal lächelte. Er konnte den mäc htigen Zug von so viel Blutöl spüren sowie die damit verbundene Magie der Seele. Jetzt brauchten sie nur noch die Seelengemmen und das Opfer, um den Zauber zu vollenden und zu binden. Um die Kriegsfürsten der Vampire zurückzuholen. Und vor allem: um die Kriegsfürsten der Vampire zu kontrollieren.
Graal blickte nach links. Kradek-ka, Uhrwerker der Vachine, nickte einmal knapp. Dann kümmerte er sich wieder um Anukis, seine Tochter, die leicht schwankend neben ihm stand. Blutöl schimmerte auf ihren
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