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Kells Rache: Roman (German Edition)

Kells Rache: Roman (German Edition)

Titel: Kells Rache: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Remic
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Abteilung Soldaten, verborgen hinter Felsbrocken. Einer der Männer, der größte von ihnen, ein Soldat mit breiten Schultern und schmalen Hüften, hielt eine lange Röhre vor seine Augen, die mit einer Reihe von sehr fein geschliffenen Linsen gefüllt war. Der komplizierte Mechanismus funkelte, wenn die ersterbenden Strahlen der Wintersonne darauf fielen.
    »Kannst du ihn sehen?«, erkundigte sich Beja.
    »Ja. Er kommt zurück«, erwiderte Cardinal Walgrishnacht. Seine Stimme klang ruhig, verriet keinerlei Emotionen, aber seine dunklen Vachine-Augen glänzten. Er beo bachtete scheinbar gleichgültig, wie der Kundschafter nä her kam und dann vor ihnen Haltung annahm. Der Mann verbeugte sich tief, wie es sich vor einer so hochstehenden und gefährlichen Persönlichkeit wie Walgrishnacht gebührte.
    »Du hast gesehen, was passiert ist?«, fuhr der Krieger-Ingenieur den Mann an.
    »Jawohl«, erwiderte der Späher, den Blick auf den verschneiten Boden gesenkt. »General Graal hatte seine Töchter gerufen, die Seelenfresser. Unsere Prinzessin wurde …« Er schluckte, hob den Kopf und erwiderte Walgrishnachts d urchdringenden, vom Uhrwerk verstärkten Blick. »Sie wur de geköpft«, vervollständigte er seinen Satz.
    Walgrishnacht stand einen Moment wie betäubt da, und als er den Kopf abwandte, hatte er Tränen in den Augen. Sie liefen ungehindert über seine blassen Wangen. Noch nie in zwanzig Jahren Kampf und Mord und Totschlag hatte Walgrishnacht geweint.
    Beja beobachtete den Cardinal der Vachine-Krieger-Ing enieure, dieser ausgesuchten und unendlich tödlichen El iteeinheit, die heimlich, als Reserve sozusagen, Prinzessin Jaranis gefolgt waren. Um sie zu beschützen, falls die Ereignisse es erforderten. Ein heftiger Schneesturm hatte die beiden Gruppen jedoch voneinander getrennt, und die Prinzessin war eigensinnig weitergereist, zweifellos weil sie unbedingt General Graals Fortschritte in Augenschein nehmen und de n Hohen Ingenieuren in Silvatal umgehend Bericht erstatten wollte, statt ein Lager aufzuschlagen, bis der Sturm abflaute, wie es vernünftig gewesen wäre.
    Jetzt war sie also tot. Und Walgrishnacht konnte einfach nicht glauben, wie die Lage sich entwickelt hatte. General Graal war ein Diener der religiösen Kultur der Vachine, und zwar seit nahezu drei Jahrhunderten. Er hatte zusammen mit Kradek-ka geholfen, ein neues Zeitalter fortschrittlicher Uhrwerktechnologie zu etablieren. Das hatte ihre Rasse aus dem Barbarentum erhoben und zu einer Hochkultur entwickelt. Graal war Gründungsmitglied der Lehre des Ingenieurkonzils und dazu ein entschiedener Vertreter und Verteidiger des Eichentestaments. Der General hatte entscheidend mitgewirkt, diese blasshäutigen Kreaturen zu domestizieren, die Alshina, die unter dem Schwarzspitz-Massiv hausten. Und er war maßgeblich an der Ausbildung dieser Soldaten in Kriegsführung und Taktik beteiligt. Zudem war er der strategische Kopf hinter vielen erfolgreichen Invasionen und Ernten im Norden, jenseits des Herzens der Berge in den Ungezähmten Landen. Nach dem jüngsten Zusammenbruch etlicher Blutraffinerien war Graal es gewesen, der sich an die Spitze des Konzils gesetzt und eine Abstimmung darüber initiiert hatte, in den Süden einzufallen. In der Philosophie, der Politik, der Ethik, der Geschichte und der Ehre der Hohen Ingenieure – in allem war Graal über jede Kritik erhaben und unantastbar. Er war das Herz der Vachine-Gesellschaft. Er war ihr integraler Bestandteil, so bedeutend wie ein Herzkolben.
    Walgrishnacht kaute auf seiner Unterlippe und wischte sich mit einer langen, messingnen Kralle die Tränen vom Gesicht.
    »Was sollen wir jetzt tun?«, fragte Beja leise. Er war nervös. Sein ganzer Körper strahlte Unsicherheit aus.
    Walgrishnacht erhob sich und reckte sich mit einem leisen Klicken seiner Uhrwerkinnereien. Er blickte über die fernen Schneefelder, auf das Feldlager der Albino-Armee und wusste, tief in seinem Innersten, seiner Seele, dass sie auf eine noch nie da gewesene Weise hintergangen worden waren. Aber was waren Graals Pläne? Welche Ziele verfolgte er? Worum auch immer es sich handeln mochte, sie beinhalteten ganz gewiss nicht, die Rasse der Vachine vor der Auslöschung durch Blutöl-Mangel zu bewahren …
    Walgrishnacht schüttelte den Kopf. Seine Gedanken wirbelten wirr wie ein Schneesturm durch seinen Kopf. Die ganze Situation war einfach … unbegreiflich! Unmöglich! Und beispiellos verbrecherisch! Es hatte Morde gegeben, schlimmer

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