Kells Rache: Roman (German Edition)
»Du bist wirklich wunderschön und sinnlich«, erklärte er und streifte seine Stiefel ab.
Shanna griff zu der Laterne und drehte die Flammen noch weiter herunter. Als sie sich zu ihm wandte, wirkten ihre Augen dunkel, wie Becken aus flüssigem Rubin. Ihr Gesicht war hager, aber berückend schön. Als sie lächelte, schmolz Saark wie Butter in der Pfanne. Er stöhnte, trat wieder zu ihr, küsste sie, umschlang sie und berührte sie. Sie wand sich unter seiner Berührung in lustvoller Qual, doch dann packte sie seinen Kopf plötzlich in einem kräftigen Griff und starrte ihm tief in die Augen.
»Ich glaube, ich bin im Himmel«, flüsterte Saark.
»Das wirst du bald sein«, versprach ihm Shanna. Dann knirschte es zweimal, als ihre Reißzähne ausfuhren und sie ihren Kopf an seinen Hals presste. Der Wahnsinn hämmerte wie mit einer Faust auf Saarks Verstand ein, aber das reichte nicht, um fünfundzwanzig Jahre militärische Ausbildung und all die Kämpfe in der wirklichen Welt auszulöschen. Saark bog sich zurück, wirbelte herum und trat dann schockiert zur Seite. Im nächsten Moment sprang er sie an, rammte beide Füße gegen Shannas Brust und katapultierte sich mit dem Rückstoß nach hinten, schlug einen Purzelbaum in der Luft und landete geschmeidig neben der Tür auf den Füßen. Er sah sie an.
Shanna hatte die Hände auf die Brust gepresst, den Kopf auf die Seite geneigt und lächelte immer noch. Sie schien keinerlei Schmerz zu empfinden. Ihre Miene jedoch verriet jetzt spöttische Enttäuschung. »Was denn? Du willst mich so schnell verstoßen, mein wunderschöner und verbal so wendiger Liebhaber?«
Saark blickte an Shanna vorbei zu seinem Rapier, das nutzlos neben dem Fenster stand. Er grinste, ein böses, schiefes Grinsen ohne jeden Humor, während er die Hände ausstreckte. Er starrte die Vachine an und trat einen Schritt nach links. Shanna folgte seiner Richtung und ging gleichzeitig auf ihn zu.
»Du hättest mich gebissen«, sagte er, den Blick auf ihre langen Reißzähne gerichtet. Dann sah er in ihre Augen und verfluchte sich. Sie waren blutrot, das Rot der Albino-Krieger, die Kell und ihn jagten. Aber sie hatte Reißzähne, wie diese Vachine-Kreaturen von jenseits der Berge. »Was zum Teufel bist du?«
»Das würdest du schwerlich verstehen, Saark, mein Süßer«, sagte sie und griff ihn an.
Saark sprang zur Seite und hämmerte ihr die rechte Faust gegen die Wange. Dann wirbelte er herum und rannte auf die andere Seite des Zimmers. Shanna berührte ihr Gesicht und schob die Unterlippe ein wenig vor. Sie schmollte.
»Das war ein bisschen … exzessiv, Saark, findest du nicht?«
Jetzt erst begriff er, dass er ihr seinen Namen gar nicht genannt hatte. Ihm wurde eiskalt. Irgendein uralter Instinkt sagte ihm, dass diese Frau oder diese Vachine, oder was auch immer sie sein mochte, sehr, sehr gefährlich war. Und sie hatte nach ihm gesucht. Ihn gejagt.
Shanna sprang erneut auf ihn zu und blockte drei schnelle Schläge ab. Dann packte sie ihn geschickt an Hals und Unterleib und schleuderte ihn durchs Zimmer. Er krachte gegen die Wand und landete als keuchender Haufen auf dem Boden. Ihm schwindelte. Im nächsten Moment war sie bei ihm, kniete neben ihm, griff seine langen, schönen, eingeölten Locken und riss seinen Kopf brutal nach hinten. Aus den Augenwinkeln sah er, dass ihre Reißzähne noch ein Stück weiter ausfuhren. Sie schimmerten wie Messing.
»Du wirst so süß schmecken, mein Liebster.« Sie lächelte, sich der Ironie ihrer Bemerkung vollkommen bewusst.
»Nein«, krächzte er … während ihre Reißzähne sich auf seinen Hals senkten.
Kell marschierte durch den Schnee, der unter seinen Stiefeln knirschte. Das Glas der Whiskyflasche fühlte sich unter seiner schweren Weste kalt auf seiner Haut an. Er blieb an einer kleinen Kreuzung stehen und sah sich um. Im Dorf war es ruhig, geradezu unheimlich ruhig. Es war neblig und schneite, und in den meisten Häusern brannten Lichter, die von dicken Vorhängen gedämpft wurden. Die Dorfbewohner wussten, was passierte, wenn die Soldaten der Eisernen Armee ihren kleinen, sicheren Zufluchtsort hier zwischen den niedrigen Hügeln entdeckten. Sie bewachten ihre Anonymität mit eifersüchtiger Furcht und in dem Wissen, dass sie eine schreckliche Vergeltung erleiden würden, wenn sie entdeckt würden. Klug, dachte er. Sehr klug.
Dann betrachtete Kell die gewundenen Gassen, während sein Atem in der Luft dampfte. Er holte die Whiskyflasche heraus und
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