Kelwitts Stern
kleinen Jombuuraner?«
Kelwitt verstand nicht ganz, was das alles sollte. »Aus dem Meer.«
»Aus dem Meer?«
Also erklärte er den ganzen Fortpflanzungszyklus. Erklärte, dass jeder Jombuuraner im körperlichen Stadium der Reife – das er, Kelwitt, in wenigen Sonnenumläufen erreicht haben würde – fortwährend ein Sekret absonderte, das Millionen von Fortpflanzungszellen enthielt, die irgendwann das Meer erreichten und im Wasser umhertrieben, Sonnenlicht tankten und jedes Mal, wenn sie auf andere Fortpflanzungszellen trafen, mit diesen Stücke des Erbguts austauschten. Erläuterte, wie die Zellen, die nicht untergingen, sich irgendwann unter den Brustschuppen eines Jombuuraners festsetzten und zu Larven heranwuchsen. Legte dar, dass diese Larven sich irgendwann wieder davonmachten – manchmal unter Mitnahme der entsprechenden Brustschuppe –, um sich zu verpuppen. Verdeutlichte, dass die Puppen am Strand angespült wurden und einen Lockstoff aussandten, der ausgewachsene Jombuuraner dazu brachte, die Puppen in ihr gemeinsames Nest zu holen und dort mit ihren Körpern zu wärmen, bis die Schale brach – was sie ohne den Druck eines Körpers nicht konnten – und die Jungen schlüpften. Noch während er all das erzählte, stieg in ihm der leise Verdacht hoch, dass das womöglich nicht die einzige denkbare Art im Universum sein mochte, wie Nachwuchs zustande kommen konnte.
Tatsächlich schien ihm S’briina kaum glauben zu wollen. »Das ist ja irre kompliziert!«
»Was ist daran kompliziert?«, wunderte sich Kelwitt.
»Und du weißt überhaupt nicht, wer deine Eltern sind!«
»Was sind Eltern?«
S’briina schüttelte den Kopf. »Also, jetzt erkläre ich dir mal, wie das bei uns Menschen funktioniert. Dann wirst du schon sehen, dass eure Methode ganz schön kompliziert ist.«
Menschen, das hatte Kelwitt längst verstanden, war die Bezeichnung, die die Erdbewohner ihrer eigenen Spezies gegeben hatten. »Gut«, meinte er. »Allerdings glaube ich nicht, dass sich etwas daran ändern lässt.«
»Schon klar. Also – damit ein Kind entstehen kann …«
»Ein Kind ist ein Menschenjunges?«, vergewisserte sich Kelwitt.
»Ja. Kann man so sagen.«
»Ich verstehe.«
»Gut, also – damit ein Kind entstehen kann, braucht man genau einen Mann und eine Frau.«
Kelwitt hob die Hände zur Geste der Verzweiflung. Ihm vorzuwerfen, der jombuuranische Fortpflanzungszyklus sei kompliziert! »Und was ist ein Mann? Eine Frau?«
»Bei uns Menschen gibt es zwei Arten von Fortpflanzungszellen. Es gibt Eizellen, und es gibt Samenzellen. Eine Eizelle und eine Samenzelle müssen zusammenkommen, damit daraus ein Kind entstehen kann. Die Eizelle wird von der Frau beigesteuert, die Samenzelle vom Mann.«
Zwei verschiedene Fortpflanzungszellen? Und wo blieb der Austausch von Erbmaterial? Es hieß doch immer, das sei wesentlich für die Entwicklung der Arten. Kelwitt überlegte. Wahrscheinlich war es so, dass einem immer der Ablauf, den man kannte und an den man gewöhnt war, am einfachsten und einleuchtendsten vorkam.
»Ich verstehe«, sagte er also. »Und wie wird festgelegt, wer als Mann und wer als Frau fungiert?«
»Da gibt es nichts festzulegen«, erwiderte S’briina zu seiner Überraschung. »Man ist entweder das eine oder das andere.«
Daran hatte Kelwitt wieder eine Weile zu überlegen. »Heißt das etwa, es gibt zwei Arten von Erdbewohnern … von Menschen?«, fragte er vorsichtig. Darauf schien es hinauszulaufen, oder?
»Ja, genau«, sagte S’briina.
»Das ist die logische Konsequenz«, bestätigte auch Tik Kelwitts entsprechende Frage.
»Das heißt, du bist auch ein Mann oder eine Frau?«
»Ja«, erklärte S’briina. »Ich bin eine Frau.«
Kelwitt war maßlos verblüfft, dass ihm eine so elementare Tatsache so lange verborgen geblieben war. »Wahrscheinlich gerade weil sie so elementar ist«, meinte Tik. »Es gibt selten Veranlassung, über Dinge zu sprechen, die jedermann geläufig sind.« Er erfuhr, dass Tiilo ein Mann war, Unsremuutr eine Frau und F’tehr wiederum ein Mann. Mehr noch – Tiilo und S’briina waren die Jungen von F’tehr und Unsremuutr! »Das heißt«, wunderte er sich, »du weißt genau, von wem deine Erbanlagen stammen!«
»So ist es. Und die Menschen, von denen man abstammt, das sind die Eltern.«
Wie befremdlich! Kelwitt versuchte, sich vorzustellen, wie es sein musste, zu wissen, dass man Erbanlagen von nur zwei Ahnen besaß – und diese auch noch persönlich zu kennen. Ja,
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