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Kelwitts Stern

Kelwitts Stern

Titel: Kelwitts Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Schulanfang wieder bevor.
    Sogar Vater kam außergewöhnlich früh nach Hause, gab Mutter einen Kuss und sagte etwas von einer Lieferung, die sie endlich dem Zoll in Bremen entrissen hätten. Dann wandte er sich Kelwitt zu, lächelte gezwungen und sagte: »Hallo, Kelwitt! Wie geht es dir?«
    Worauf Kelwitt eine seiner fingertänzelnden Gesten vollführte und erwiderte: »Hallo Vater. Mir geht es gut«, und sich umsah mit etwas, das nur das jombuuranische Gegenstück eines verwunderten Gesichtsausdrucks sein konnte, als alle lachten wie verrückt.
    An diesem Abend rief Gabriele Lange, Grundschullehrerin aus Stuttgart, ihre Freundin Eva-Maria Duggan, geborene Schulze, in Thunder Bay, Ontario, an, um ihr zum Geburtstag zu gratulieren. Eva-Maria Schulze war, ebenfalls in Stuttgart, unglücklich verheiratet und Lehrerin für Englisch und Französisch gewesen, bis sie während einer Studienreise in Kanada den Holzgroßhändler Joe Duggan kennengelernt hatte. Mit einer Entschlossenheit, die niemanden mehr gewundert hatte als sie selbst, hatte sie sich von ihrem langweiligen Mann scheiden lassen und ihre Beamtenlaufbahn an den Nagel gehängt, um nach Kanada auszuwandern, Joe Duggan zu heiraten, ihm drei Kinder zu gebären und fortan ein Leben zu führen, das nach allem, was ihre zurückgebliebene Freundin und ehemalige Kollegin Gabriele Lange davon mitbekam, beneidenswert glücklich sein musste.
    Das Problem war, dass der Anruf einen Tag zu spät kam. »Es tut mir wirklich leid, dass ich dich gestern Abend nicht mehr anrufen konnte«, erklärte Gabriele Lange. »Aber du glaubst es nicht, was für schreckliche Streiche mir die Kinder hier spielen. Eine ehemalige Schülerin von mir, die auch hier in der Straße wohnt, hat mich so erschreckt, dass ich vom Fahrrad gefallen bin und zum Arzt musste.«
    »Du Arme!«, kam es von der anderen Seite des Atlantiks, mit einer winzigen Verzögerung, weil die Telefonverbindung über einen Satelliten lief. Im Hintergrund quengelte Eva-Marias Jüngster herum. »Shut up!«, mahnte ihn seine Mutter.
    »Als ich vom Bus kam, stand dieses schreckliche Mädchen wieder da«, fuhr Gabriele Lange fort. Das permanente Gequengel im Hintergrund machte sie nervös. Möglicherweise geriet ihre Erzählung deshalb ein wenig konfus. »Als ich sie fragte, wer ihr Begleiter sei, behauptete sie, es sei ein Außerirdischer.«
    »Tatsächlich?«, meinte ihre Freundin.
    »Ja. Ein Außerirdischer, stell dir vor.«
    »Unglaublich«, kam es zurück.
    Irgendwie hatte Gabriele Lange das Gefühl, dass diese Episode ihre Freundin nicht besonders interessierte, und wechselte das Thema.

13
    Hermann Hase und sein Kollege Kaulquappe erreichten die Scheune am Mittwochmorgen gegen zehn Uhr.
    »Na?«, meinte Hase stolz und deutete auf das mächtige Loch im Scheunendach. »Siehst du?«
    »Ich sehe ein Loch in einem Scheunendach«, erwiderte Kaulquappe.
    »Schon gut«, knurrte Hase.
    Es herrschte leichter Nebel, und ein Geruch nach Schnee hing in der Luft. Der Wetterbericht hatte allerdings wieder einmal keine weiße Weihnacht vorausgesagt, sodass es wahrscheinlich doch bloß bei einem eklig kalten Nieselregen am Nachmittag bleiben würde. Die Scheune mit ihrem durchlöcherten Dach stand da wie eine vergessene Ruine, die Felder ringsumher lagen braungrün und verlassen.
    Das Tor war nicht verschlossen. Es quietschte gehörig, als Hase es öffnete, und irgendwie hatte er das Innere anders in Erinnerung. Das Stroh nicht so zerwühlt vor allem. Ihm schwante Übles, und nachdem er in den Büscheln herumgestochert hatte, blieb er am Anfang einer unübersehbaren Traktorspur stehen und verkündete: »Der Flugkörper ist nicht mehr da.«
    »So«, sagte Kaulquappe nur und verschränkte die Arme vor der Brust.
    Hase deutete auf die Spur, die sich allerdings draußen vor dem Scheunentor in einer Vielzahl ähnlicher Spuren verlor. »Man hat ihn fortgeschafft.«
    »Den Flugkörper.«
    »Genau.«
    »Und wer?«
    »Weiß ich nicht.«
    »Wer wusste denn davon?«
    Hase zählte an den Fingern ab. »Zuerst habe ich es dem Chef gemeldet. Ameisenbär. Außerdem waren hier ein paar Leute aus dem Dorf, als ich ankam. Die Scheune gehört dem Brunnenwirt.« Er schaute seinen Kollegen an, der immer noch abwartend dastand, die Arme verschränkt, die Spitzen des Oberlippenbarts seltsam zuckend. »Den könnten wir mal fragen, oder?«
    Kaulquappe nickte. »Großartige Idee.«
    Am Morgen klagte Kelwitt über Schmerzen im Oberkörper. »Die Schlafmulde ist

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