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Kelwitts Stern

Kelwitts Stern

Titel: Kelwitts Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Wenn ich morgen statt der Fortsetzung einen großen Bericht über Ihr UFO brächte, dann müssten wir am Freitag – also an Heiligabend – das Dritte Reich und den Zweiten Weltkrieg abhandeln. Sie sehen sicher ein, dass wir das nicht tun können.«
    »Aber … aber was tun Sie, wenn etwas passiert? Wenn irgendein Präsident erschossen wird, zum Beispiel?«
    »Oh«, grinste Wilz und musste sich das Lachen verbeißen, »ich bin sicher, dass das niemand tun wird. Jeder Attentäter kann sich ausrechnen, dass jetzt keine gute Zeit für so was ist.«
    »Meinen Sie?«
    »Ja, natürlich.«
    »Dann heißt das, Sie haben kein Interesse an dem UFO.«
    »Tut mir wirklich leid. Aber Ihr Außerirdischer hat sich einen ungünstigen Zeitpunkt ausgesucht.«
    »Na ja«, meinte der Unbekannte kleinlaut. »Da kann man wohl nichts machen.«
    Irgendwie begriff sie, dass es Licht war, das da durch ihre Lider drang, und nur ein Traum, was sie erlebte, aber sie wollte nicht aufwachen, wollte erst zu Ende träumen, so schön war es.
    Dann war sie wach und spürte ihr Herz rasen, atmete schwer. Kelwitt.
    Sie hatte von Kelwitt geträumt. Junge, was hätte er dazu gesagt, wenn er gewusst hätte, was sie von ihm geträumt hatte!
    Der Traum verflog mit dem Tageslicht, die Einzelheiten entschwanden, nur das Gefühl blieb zurück, ein weiches, warmes, lustvolles Gefühl, ein Begehren, eine strömende, heiße Ankündigung von Ekstase.
    Sabrina wälzte sich herum und fuhr mit den Händen dabei über ihren Körper. Ihre Hände glitten unter den Schlafanzug, suchten die Weiche ihres Bauches, ihrer Schenkel, ihrer Haut, die davon geträumt hatte, von Kelwitt berührt zu werden. Das ging doch nicht! Ein Außerirdischer. Ein fremdes Lebewesen, fremder als jedes Tier auf Erden. Ein absolut fremdartiger Organismus …
    Wenigstens musste man keinen Gedanken an Empfängnisverhütung verschwenden.
    Sie starrte an die Decke.
    Was der Punkt der Wahrheit in ihrem Geist ihr wohl mit diesem Traum sagen wollte?
    Nur noch ein paar Tage. Dann würde er weg sein, weg für immer. Abgründe aus Zeit und Raum würden sie trennen, von denen sie nicht einmal hoffen konnte, sie sich vorzustellen, geschweige denn jemals zu überwinden. Und er würde nicht wiederkommen.
    Den Rest ihres Lebens würde sie mit Erinnerungen an diese Woche verbringen. Sie würde damit leben müssen, was sie vergessen hatte zu fragen. Zu sagen. Zu tun.
    Irgendwie mussten sich die Jombuuraner doch auch fortpflanzen, oder?
    »Oh, verdammt!«, stieß sie aus und warf die Bettdecke beiseite. Vielleicht sollte sie einfach eine kalte Dusche nehmen – wie die Mönche im Mittelalter.
    Weil nichts anderes mehr im Haus war, aß Hermann Hase eine Dose Erbsen mit Möhren zum Frühstück und blätterte, während er das kalte Zeug aus der Dose löffelte, in seinem abgegriffenen kleinen Adressenbüchlein.
    Die Taxifahrt gestern Nacht hatte ihn fünfhundert Mark gekostet, und er hatte wohl oder übel noch einen Hunderter drauflegen müssen, um sich das Stillschweigen des Fahrers zu erkaufen, der bei ihrer Ankunft gemerkt hatte, dass er kein Arzt war. Zum Glück hatte er genug Bargeld im Haus gehabt. Mehr als genug. Hermann Hase gehörte zu denen, die nicht daran glaubten, dass die Computer der Banken die bevorstehende Umstellung der Jahreszahlen auf das Jahr 2000 verkraften würden, und hatte deshalb vorsichtshalber den größten Teil seines Geldes abgehoben und zu Hause an verschiedenen Stellen in der Wohnung versteckt. Falls im Januar 2000 das Bankensystem zusammenbrechen sollte, würde er statt bedeutungsloser Ziffernfolgen auf der Festplatte eines funktionsuntüchtigen Großrechners zumindest noch richtiges Geld besitzen.
    Allerdings hatte er nicht sein ganzes Geld abgehoben. Einen gewissen Teil hatte er in eine Spekulation gesteckt, die ebenfalls auf den möglichen Folgeerscheinungen des Jahrtausendwechsels beruhte. Er hatte bei insgesamt 23 Banken Sparkonten eröffnet, jeweils mit einem Guthaben von hundert Mark. Am Tag nach Neujahr würde er alle diese Banken abklappern und sich die Zinsen gutschreiben lassen. Sollte eine darunter sein, deren Computer nur zweistellige Jahreszahlen verarbeiteten, würde dieser das neue Jahr »00« als Jahr 1900 begreifen und ihm die Zinsen für hundert Jahre gutschreiben. Eine relativ risikolose Sache.
    Aber nun galt es zu handeln. Die wiedergewonnene Freiheit zu nutzen. Sein Blick blieb an einer Telefonnummer hängen. Daneben stand der Name. Kaulquappe. Das war natürlich

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