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Kennedy-Syndrom - Klausner, U: Kennedy-Syndrom

Kennedy-Syndrom - Klausner, U: Kennedy-Syndrom

Titel: Kennedy-Syndrom - Klausner, U: Kennedy-Syndrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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praktische Durchführung der Operation Rose verantwortlichen Geheimnisträgern, zum Beispiel den Genossen Mielke und Honecker, ist so gut wie niemand darüber in Kenntnis gesetzt worden. Die Gefahr, dass etwas durchsickert, erschien mir zu groß, als dass man das Risiko hätte eingehen können, einen größeren Personenkreis in die Planungen miteinzubeziehen.«
    »Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.«
    »Genau, Genosse«, pflichtete Ulbricht postwendend bei und bedachte das Politbüromitglied, auf dessen Konto die launige Bemerkung ging, mit einem argwöhnischen Blick. »Eine Maxime, die man stets beherzigen sollte. Doch zurück zum Thema. Um Mitternacht werden sämtliche Grenzübergänge, welche das Territorium der Deutschen Demokratischen Republik mit dem kapitalistischen Ausland verbinden, bis auf Weiteres geschlossen. Darüber hinaus werden die bewaffneten Organe unserer Republik, das heißt Betriebskampfgruppen, Volkspolizei und NVA, dafür Sorge tragen, dass der Infiltration durch Konterrevolutionäre, Saboteure und CIA-Agenten ein unüberwindlicher Riegel vorgeschoben wird.«
    »Riegel, was hat denn das zu …?«
    »Das bedeutet, Genosse, dass wir von dem Recht Gebrauch machen werden, unsere Staatsgrenze so zu schützen, dass sämtliche Unterwanderungsversuche des Klassenfeindes von vornherein zum Scheitern verurteilt sein werden. Ab Mitternacht Berliner Zeit wird es niemandem mehr möglich sein, unsere Grenze zu überqueren. Weder von West nach Ost noch umgekehrt. Ganz gleich, wer es wagt, unsere Souveränität zu verletzen, die bewaffneten Organe unseres Staates werden ihn daran hindern.«
    »Immer mit der Ruhe, Genosse Ulbricht, so schnell schießen die Amis nicht.«
    Der Angesprochene holte tief Luft, kurz davor, dem FDGB 40 -Funktionär zu seiner Rechten einen Denkzettel in Sachen Parteidisziplin zu verpassen. Da dies allerdings nicht der Ort geschweige denn der rechte Zeitpunkt war, schluckte er seinen Ärger hinunter und nahm sich vor, dem feisten, sichtlich angeheiterten und für seine Eskapaden bekannten Mecklenburger bei passender Gelegenheit eine Standpauke zu halten. »Und wenn doch?«, war alles, was ihm schließlich über die Lippen kam, wenngleich der Tonfall, in dem dies geschah, für die Zukunft nichts Gutes erahnen ließ.
    »Die Amerikaner? Uns angreifen? Niemals. Die sind froh, wenn sie ihre Ruhe haben. Allen voran ihr Präsident.«
    »An ihrer Stelle, Genosse«, giftete Ulbricht, nicht gewohnt, dass man ihm vor versammelter Mannschaft widersprach, »wäre ich mir da nicht so sicher.«
    »Ich schon.«
    »Heißt das, Sie zweifeln an meinem politischen Sachverstand?«
    »Ich? Nie und nimmer«, lautete die ironische Replik. »Ich zweifle lediglich daran, ob von den Maßnahmen, die Sie, Herr Staatsratsvorsitzender, ergriffen haben, am Ende nicht doch etwas nach drüben durchgesickert ist. Machen wir uns nichts vor. Die Amerikaner haben überall ihre Leute sitzen, genau wie wir bei denen. Müsste mich wundern, wenn die Überraschung, die Sie ihnen bereiten wollen, nicht schon längst ausgeplaudert worden wäre. Alles, was recht ist, Genosse Ulbricht – so etwas kann man nicht geheim halten. Und selbst wenn – wie stehen wir dann da? Durch ganz Berlin wird ein Aufschrei gehen, wer kann, wird alles daransetzen, unsere Sperranlagen zu überwinden. Seitens unserer Verbündeten werden sich die Einwände natürlich in Grenzen halten. Logisch. Aber was ist mit der übrigen Welt? Mit den Staaten, die nicht zum sozialistischen Lager gehören? Von denen werden wir einiges zu hören bekommen, glauben Sie mir. Und wenn es dann noch Tote gibt, können wir endgültig einpacken.«
    Bebend vor Erregung, hatte Ulbricht seinen Kontrahenten gewähren lassen, aber wer ihn kannte, wusste, dass ein Wutausbruch nicht mehr lange auf sich warten lassen würde.
    Und genau das trat ein. »Sehe ich das richtig, Genosse«, knurrte er in dem Bemühen, nach außen hin Haltung zu bewahren. »Ausgerechnet Sie, der Sie dazu verpflichtet sind, die Partei der Arbeiterklasse und ihre Organe mit allen Ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln zu unterstützen, erdreisten sich, mir Vorhaltungen zu machen? Und das in Gegenwart meiner Gäste? Damit wir uns richtig verstehen: Ich bin es, der hier die Entscheidungen trifft, kapiert? Für den Fall, dass Sie damit nicht klarkommen, sehe ich mich gezwungen, Mittel anzuwenden, die Sie wieder zur Vernunft bringen …«
    »Bitte um Entschuldigung, Genosse Staatsratsvorsitzender, aber es ist

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