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Kerker und Ketten

Kerker und Ketten

Titel: Kerker und Ketten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
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Vergehen, Mohammedaner zu Sklaven zu machen oder sie als Sklaven weiterzuverkaufen. Mit Ungläubigen, die man fing, konnte man jedoch nach Belieben schalten und walten. Es gab weder ein Gesetz noch eine Sure im Koran, die solches untersagte. — Trotz des anhaltenden Regens brannten in dem kleinen Lager bald zwei Feuer, über denen es in Töpfen und Pfannen appetitanregend brodelte und schmorte. —
    Am nächsten Morgen brach zum erstenmal seit vielen Tagen die Sonne durch die grauen Wolkenbänke. Ihre Strahlen spendeten wohlige Wärme. Als der feurige Ball über den östlichen Horizont heraufkam, verrichteten die Sklavenhändler ihr Morgengebet, wobei Mustapha, der skrupelloseste Menschenhändler zwischen Marokko und Konstantinopel, die Rolle des Vorbeters übernahm.
    »Im Namen Allahs, des Allerbarmers, der da herrschet am Tage des Gerichts ...«, zelebrierte er mit der schrillen, heiseren Stimme eines Muezzins. Und dann brachen sie auf. Und da das Wetter schön blieb, legten sie ein erheblich verstärktes Reisetempo vor, so daß sie am Abend dieses Tages die Stadt erreicht hatten.
    Die Karawane wandte sich ohne Aufenthalt dem der Stadt Tunis vorgelagerten Hafen Goletta zu. Als sie das Hafenbecken erreichten, schrie Mustapha mit freudiger Stimme: »Maschallah, da sind sie! Allah hat es gefügt, daß mein Schiff schon auf mich wartet.« Er legte die Hände trichterförmig an den Mund und rief: »Hallo, hoooh, heeeh, »Mapeika«, dein Herr ist zurückgekommen. Holt uns an Bord!«Es dauerte nur wenige Minuten, dann lösten sich drei Beiboote von dem Schiff und schössen, von den kräftigen Fäusten der braunen Ruderer getrieben, über den wellenlosen Spiegel des Wassers.
    Marina erwachte plötzlich aus ihrer Lethargie. Im stillen hatte sie gehofft, daß ihre Reise in Tunis ein vorläufiges Ende finden würde. Als sie jedoch durch einen Schlitz zwischen den Vorhängen schaute, erkannte sie, daß die halbnackten Matrosen Anstalten machten, ihre Sänfte in eins der Beiboote zu befördern. Sie preßte die Hand vor den Mund, um nicht aufzuschreien. Das Boot mit ihrer Sänfte stieß vom Ufer ab. Ihr Traum, wenn möglich in Tunis einen Ausbruchsversuch zu unternehmen, schien also nicht in Erfüllung zu gehen. Ihre Hoffnung richtete sich jetzt auf die Schiffsreise. Sie, die ehemalige Kapitänin der »Trueno«, wußte, daß man etwa drei Wochen brauchen würde, um die Stadt des Goldenen Horns zu erreichen. Vielleicht stieß das Sklavenhändlerschiff auf eine spanische Galeone oder eine englische Fregatte, denen man sich bemerkbar machen konnte.

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    »Hast du die Weiber untergebracht?« fragte Mustapha. »Ja, Herr.«
    »Und ist das rothaarige Mädchen aus Frankistan zufrieden?«
    »Ich habe sie nicht gefragt, Sayd. Jedenfalls hat sie aufgehört zu weinen und zu schimpfen«, antwortete Abbas.
    »Gut, dann wollen wir uns jetzt ansehen, was Allah uns noch an Fracht beschert hat. Komm!« Die beiden stapften die Kajütentreppe hinab und gingen zur Kapitänskabine. Ohne anzuklopfen traten sie ein.
    Drinnen saß ein großer, hagerer Mann mit gekreuzten Beinen auf einem marokkanischen Kissen. Er ließ hastig einen Gegenstand hinter sich verschwinden und sprang auf, um sich vor Mustapha mit über der Brust gekreuzten Armen zu verbeugen. »Salam alejkum.«
    »Sal alejk«, war Mustaphas kurzer, wenig höflicher Gegengruß. Der Lange war der Kapitän des Schiffes, ein Türke namens Muras.
    Mustapha ging mit umwölkter Stirn auf den Platz zu, wo der Lange eben noch gesessen hatte, und bückte sich. Als er sich wieder aufrichtete, hatte er eine mit Bast umflochtene, dickbauchige Weinflasche in der Hand, hielt dem Kapitän die Bottel vors Gesicht und raunzte: »Hältst du so die Gebote des Propheten, du Schiffsratte? Deine Augen sind glasig wie die der Giaur, wenn sie dieses Zeug in sich hineingegossen haben. Das Schiff gehört mir, und du stehst in meinen Diensten. Wenn du schon die Frechheit besitzt, auf den Planken der »Mapeika« die Gebote Allahs zu übertreten, so sorge gefälligst dafür, daß auch für mich, deinen Herrn, einige Flaschen von diesem verfluchten Zeug bereitstehen.«
    Damit setzte er die Korbflasche an und goß den erheblichen Rest in einem Zug hinunter. »Aaaah«, machte er dann zufrieden. »Wie ist der Prophet nur auf die Idee gekommen, einem Rechtgläubigen den Genuß dieses lieblichen Wassers zu verbieten!«
    Muras Rejs [16] war froh, daß sein Herr wenigstens in dieser Hinsicht Spaß verstand. Nach seiner Ansicht

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