Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kerker und Ketten

Kerker und Ketten

Titel: Kerker und Ketten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
Vom Netzwerk:
bezahlen müssen? Wozu ist man ein guter Mohammedaner, wozu enthält man sich des edlen Wassers, das die verdammten Ungläubigen in ihrer großen Dummheit Wein nennen, weswegen wir es nicht trinken dürfen? Wozu betet man jeden Morgen zu so früher Stunde, wenn man zu guter Letzt doch noch sein schönes Geld für ein paar Diamanten hergeben muß? Die Welt ist voller Ungerechtigkeit. Du wirst einsehen, Halef, der du zugleich mein Diener und mein bester Freund bist, daß ich mein Geld unbedingt wiederhaben muß. Ist alles bereit?« »Ja, Sayd. Nun sage mir nur noch, wohin sie geritten sind!« »Nach Westen, ins Maghreb al-aksa.« Halef nickte und ging.

27
    Der Pfeifer, die beiden Hawburys und Ojo ritten in scharfem Trab. Sie wollten die Strecke nach Fes so bald wie möglich hinter sich haben; denn sie mußten stündlich mit dem Einsetzen des großen Regens rechnen. Zur Zeit klarte der Himmel zwischen vorüberziehenden Wolkenbänken immer wieder auf, und die Sonne schien auf die feuchte Erde und durchwärmte Pferde und Reiter. Wenn aber der Regen erst in dichten Schauern zu fallen begann, war es mit dem zeitweisen Durchwärmen endgültig vorbei.
    Gegen Mittag erreichten sie das Ufer des Schott es Sebaha, dessen spröde Salzkruste sich unter den ersten Regenfällen bereits langsam zu lösen begann. Die durch die Trockenheit entstandenen Risse verschwanden, und die etwa zwanzig Zentimeter dicke Sommerkruste würde sich nun langsam in eine zähe, schleimige Masse verwandeln.
    »Kann man über einen solchen Salzsee im Sommer reiten, Senor Doktor?« fragte Ojo den Pfeifer.
    Isolde Hawbury antwortete an Michels Statt:
    »Ich habe schon kühne Reiter gesehen, die es aus sportlichen Gründen wagten. Wenn man ein leicht tretendes Pferd besitzt, dessen Hufe unbeschlagen sind, wenn man dazu ein sehr guter, ruhiger und vor allem schneller Reiter ist, darf man so etwas schon wagen. Es kann allerdings auch passieren, daß Roß und Reiter versinken. Wen die zähe Masse einmal gepackt hat, den läßt sie nicht mehr los.« »Na, dann lieber nicht«, grinste Ojo.
    Ein starker Wind kam auf und riß den Reitern die Worte in Fetzen vom Munde, so daß die Unterhaltung bald einschlief.
    Das Schott hatte eine Länge von etwa zehn Kilometern. Von Zeit zu Zeit verengte sich das Ufer durch von Norden nach Süden führende Bergvorsprünge. Je weiter sie sich der Mitte näherten, desto unübersichtlicher wurde die Gegend.
    Der Wind trug Wolken vom Meer her über das Gebirge. Ojos Seemannsnase witterte bereits den Regen.
    »Es dauert nicht mehr lange mit dem Sonnenschein«, brummte er unwillig. »Wir werden in ein paar Minuten naß bis auf die Haut sein.«
    »Das ist nicht zu ändern«, lächelte Michel. »Und es ist auch nicht das erstemal, daß wir durchregnen. Ich glaube, wir werden uns daran gewöhnen müssen. Solange sich die Sonne überhaupt noch blicken läßt, haben wir wenigstens Hoffnung, daß wir auch wieder trocken werden.«
    Der Wind wurde noch stärker.
    Plötzlich verhielt der Pfeifer sein Pferd.
    »Was ist los?« erkundigte sich ungeduldig Steve.
    »Hast du das Gebirge im Auge behalten, Diaz?« wandte sich Michel an den spanischen Gefährten.
    »No, Senor Doktor, habe in den Himmel geschaut. Werde wohl nie eine richtige Landratte werden.«
    »Da«, rief Michel, »betrachte dir das vorspringende Bergmassiv vor uns genau. Wir müssen daran vorbei, wenn wir am Ufer des Schotts bleiben wollen.«
    Ojos Augen suchten den Kamm ab, der hier nicht höher als vielleicht fünfzig Meter war.
    »Da bewegt sich etwas«, meinte er. »Es ist eine flatternde Bewegung, als ob jemand ein Fahnentuch in den Wind hielte.«»Kein Fahnentuch — aber einen Burnus«, sagte Michel. »Wir müssen uns vorsehen. Vielleicht sind es Feinde!« Isolde übersetzte ihrem Bruder die spanischen Worte.
    »Feinde?« fragte der lange Steve, »woher sollen hier Feinde kommen? Glaubt ihr, daß der Daj seine Leute bis hierher geschickt hat, um uns zu suchen, Mr. Baum?«
    »Nein, natürlich nicht. Wenn ich Feinde sagte, so meinte ich nicht Gegner, die auf uns lauern. Aber vielleicht sind es Berber oder Rifkabylen. Sie sollen, wie es heißt, keinen Fremden ungeschoren des Weges ziehen lassen.«
    »Aber wir müssen nun einmal an ihnen vorbei. Ich schlage vor, wir reiten scharfen Galopp und bilden eine auseinandergezogene Reihe.«
    »Unsinn«, meinte Michel ungehalten, »meint Ihr, sie würden sich scheuen, uns zu verfolgen? Sie werden ausgeruhte Pferde haben. Und wenn wir uns

Weitere Kostenlose Bücher