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Kerker und Ketten

Kerker und Ketten

Titel: Kerker und Ketten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
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Geld gekriegt?« »Mr. Baum hat es ihnen gegeben.«
    »Gegeben? Das sieht ihm ähnlich. Er hat sicher wieder zuviel Verstand walten lassen, statt eine gehörige Portion Angriffsgeist zu zeigen, wie?«
    Isolde funkelte ihn an. »Wenn du nicht mein Bruder wärst, wünschte ich, daß dich das Messer jenes Arabers durchbohrt hätte. Das wäre der gerechte Lohn für deinen Eigensinn und deine Ungezogenheit.«
    Steves Stirn legte sich in Falten. Er wollte schon wieder aufbegehren. Aber seine Schwester ließ ihn gar nicht zu Wort kommen, sondern berichtete ihm kurz, in welcher Gefahr er geschwebt hatte und daß man ihn durch seine Schuld mit den fünftausend Piastern hatte loskaufen müssen. Steve biß sich auf die Lippen. Aber dann starrte er trotzig auf den Boden. Kein Wort der Entschuldigung kam über seine Lippen.
    Nach einer Weile fragte Ojo: »Und was machen wir jetzt, Senor Doktor?« Michel betrachtete prüfend sein Gewehr. Seine Finger glitten über die sechs Läufe. Er drehte sie um die Achse, zweimal, dreimal.
    »Ich glaube, ich habe einen sehr einsamen Ritt vor. Und du wirst von dieser Stunde an — für einige Tage wahrscheinlich — eine ziemlich große Verantwortung zu tragen haben.«
    Er sah zum Himmel, der sich mittlerweile gänzlich bezogen hatte. In diesem Augenblick fielen die ersten Tropfen auf seine Hand. Er stand auf.
    »Wie meintet Ihr das mit der Verantwortung?« fragte Ojo.
    Michel wandte sich an Isolde und sagte:
    »Ihr werdet einsehen, Miss Hawbury, daß ich den Halunken das Geld nicht überlassen kann. Eure Reise ist beendet, sobald Ihr wieder bei Euerm Vater seid. Aber Ojo und ich werden nicht so bald die Möglichkeit haben, wieder etwas zu verdienen. Die fünftausend Piaster sollten lange reichen.«
    »Ihr wollt sie also wieder holen?«
    »Ich muß. Ojo wird Euch beschützen, so gut er kann. Versprecht mir, daß Ihr ihn in Fes so lange aufnehmen werdet, bis ich wieder auftauche. Ich übergebe Euch die zweihundert Piaster, die ich für die Heilung des Jungen von Abd el Hamid erhalten habe. Sie werden für die Reise reichen.«
    Michel hatte spanisch gesprochen.
    Ojo machte große Augen.
    »Ich soll Euch allein lassen, Senor Doktor?«
    »Es geht nicht anders. Miss Hawbury braucht deinen Schutz. Steve ist zu unerfahren und zu unüberlegt.«
    »Wenn Ihr schon von mir redet, dann sprecht nicht in diesem unverständlichen Kauderwelsch«, rief der Engländer aufsässig.
    Michel zog den Sattelgurt seines Pferdes fester und machte sich zum Abritt bereit.»Adios, Diaz«, wandte er sich an den starken Spanier, während er aufsaß. »Paß mir gut auf Miss Hawbury auf. Good bye, Miss Hawbury.«
    Er drückte seinem Pferd die Absätze in die Weichen und stob davon. Steve schlug mit der Faust durch die Luft.
    »Er kann nicht schnell genug wegkommen«, zischte er durch die Zähne.
    »Je länger er wartet, um so größer wird der Vorsprung der Diebe«, verteidigte ihn Isolde und fügte hinzu: »Deine Feindschaft gegen Mr. Baum ist mir unverständlich.«
    Steve schwieg. Er schien bedrückt zu sein.
    »Feindschaft ist nicht das richtige Wort. Ich mag ihn nicht. Und das hat seinen Grund.« »Darf man den erfahren?«
    »Warum nicht? Du bist meine Schwester. Ich will ihn dir verraten. Er heißt — Marina.« »Du meinst die Andalusierin?«
    »Ja, die andalusische Gräfin. Sie liebt nämlich diesen abenteuernden Deutschen.« »Und deshalb haßt du ihn?«
    »Er erwidert ihre Liebe nicht. Das finde ich unfair. Marina ist eine fabelhafte Frau. Und ich mag nicht, daß sie ein Mensch wie dieser Pfeifer in ihren Gefühlen beleidigt.« Isolde sah ihren Bruder mit einem langen Blick an.
    »Du bist ja eifersüchtig, Steve! Und noch dazu auf jemanden, der dir gar keine Veranlassung dazu gibt!«
    »Ach, Unsinn, du verstehst das nicht.« »Doch, ich verstehe besser als du.«
    »Adelante!« rief Oj o, »reiten wir. Der Regen läßt auch nicht nach, wenn wir noch länger hier herumstehen. Lieber naß nach Fes kommen als gar nicht.«

28
    Die fünf arabischen Räuber und Halef, der Diener, sprengten in gestrecktem Galopp der Stadt zu. Halef ritt an der Spitze. In der Schärpe unter seinem Burnus steckte wohlverwahrt der Beutel mit den fünftausend Piastern.
    Halef hatte während der langen Jahre seiner Dienerzeit bei seinem Herrn, dem Kaufmann Abd el Hamid, so etwas wie die Stelle eines Vertrauten erworben. Er kannte alle Schliche Hamids und wußte, wie sein Herr sein Geld auf die leichteste Art und Weise mit dem Schmuggel von

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