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Kerker und Ketten

Kerker und Ketten

Titel: Kerker und Ketten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
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traf.
    »Los!« sagte Michel jetzt, »attackieren wir sie zu Pferde. Vielleicht können wir sie verblüffen.
    Wollen sehen, ob wir nicht mit ihnen fertigwerden.«
    »Weshalb habt Ihr den Engländer vorgeschickt, Senor Doktor?« fragte Ojo.
    »Ich hab ihn nicht vorgeschickt. Er hat nicht auf mich hören wollen und ist auf eigene Faust losgeritten. Jetzt können wir sehen, wie wir der Lage wieder Herr werden.«
    »Soll ich aufstehen?«
    »Ja, und Ihr auch, Miß Hawbury. Wir können Euch nicht zurücklassen, weil wir nicht wissen, ob wir Euch nachher noch holen können.«
    Isolde nickte tapfer. Angst hatte sie nicht. Und da Steve ihr Bruder war, wollte sie ihn wegen seiner Handlungsweise auch nicht verurteilen. »Los denn!« rief Michel.
    Die Pferde sprangen fast zu gleicher Zeit auf. Alledrei saßen im Bruchteil einer Sekunde oben. Dann jagten sie auf den Haufen zu.
    Aber dort bot sich ihnen ein grausiges Schauspiel. Ein langer Kerl sonderte sich von den anderen ab. Er mußte stark sein wie eine Eiche. Er hatte Steve Hawbury, der ja auch nicht gerade eine Puppe war am Kragen gepackt, hielt ihn hoch empor und zückte ein Messer. Isolde schrie auf. Aber der Araber hielt ihm das Messer nur auf die Brust. Ein anderer schrie: »Bei Allah, haltet an und hört, was ich euch zu sagen habe!«
    Michel zügelte sein Pferd. Auch Ojo und Isolde blieben vor Überraschung stehen. Die Stimme des Rufers gehörte keinem anderen als Halef, dem Diener Abd el Hamids.
    »Gebt den Sayd frei!« rief Michel mit Donnerstimme. »Wir haben euch nichts getan. Was wollt ihr?«
    »Allah hat dir Verstand gegeben, daß du vernünftig redest«, antwortete Halef. »Wir wollen nichts weiter als den Beutel mit den fünftausend Piastern, die du meinem Herrn gestohlen hast.« »Du weißt, daß ich sie nicht gestohlen habe. Warum gebrauchst du eine so dreiste Lüge?« »Allah weiß, daß ich nicht lüge. Mein Herr hat gesagt, du habest sie gestohlen, also stimmt es. Gib sie heraus! Dann könnt ihr weiterreiten.«
    Michel antwortete nicht. Er sah finster vor sich hin. Wie sollte er sich aus dieser mißlichen Lage befreien, wenn es um Tod oder Leben des Gefährten ging?
    »Zuvor mußt du mir noch eine Frage beantworten. In wessen Auftrag handelst du?«
    »Allah, ich sage nichts zweimal. Abd el Hamid, mein Herr, hat uns geschickt, damit wir ihm sein Eigentum zurückbringen und eine Belohnung dafür erhalten.«
    »Schwörst du beim Barte des Propheten, daß das hier wirklich auf Hamids Wunsch geschieht?« »Schejtan, warum soll ich nicht schwören, da es doch wahr ist?«
    Michel knüpfte sich den Beutel vom Gürtel und schwang ihn durch die Luft. Dann schleuderte er ihn Halef vor die Füße.
    »Nun gib den Sayd frei«, verlangte er. Der lange Araber ließ Steve los und kümmerte sich nicht mehr um ihn. Steve war noch immer bewußtlos und sank auf der Erde zusammen. »Allah segne deinen Weg und gebe dir eine gute Reise«, grinste Halef, hob den Beutel auf, gab den anderen einen Wink und verschwand mit Blitzesschnelle hinter der Felsenecke. »Weshalb verfolgen wir sie nicht?« fragte Ojo.
    »Wir haben einen Bewußtlosen hier liegen und eine Frau bei uns. Es ist also besser, wir halten uns nicht mit einer Verfolgung auf, sondern sehen zu, daß wir so schnell wie möglich weiterkommen. Ich traue dem Frieden nicht so recht. Vielleicht haben sie uns noch einen Hinterhalt gelegt. Das Geld konnten sie nur deshalb wiederbekommen, weil sie in dem Engländer ein noch wertvolleres Unterpfand hatten.«
    Steve rekelte sich langsam hoch. Seine erste Reaktion war der Griff nach seinem schmerzenden Hinterkopf.
    Dann setzte er sich auf und schaute benommen drein. Als er wieder gänzlich bei sich war, fragte er:
    »Habt Ihr sie alle niedergemacht? Sie haben mich hinterrücks überfallen. Als ich losritt, sprengten sie den Felsen herab, der auf dieser Seite sehr flach ausläuft, und schnitten mir den Weg ab. Habt Ihr sie weggejagt?«
    Michel antwortete nicht. Er war nicht wütend auf ihn, dazu dachte er viel zu großzügig. Aber ihn beschäftigte ihrer aller Schicksal. Wie sollte es, wenn sie nach Marokko gelangten, ohne das nötige Geld weitergehen?
    »Weggejagt?« fragte seine Schwester zornig. »Das war nicht nötig. Sie sind von selbst gegangen. Es waren Hamids Kreaturen. Sie wollten nichts weiter als das Geld, die fünftausend Piaster, die Mr. Baum für den Säbel erhalten hatte. Sie haben ihr Geld. Und nun werden sie uns hoffentlich in Ruhe lassen.«
    »Wie haben sie denn das

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