Kerstin Dirks & Sandra Henke - Vampirloge Condannato - 01
Begierde des Blutes
Vater drehte sich zu mir um und hob verblüfft beide Augenbrauen. „Im Moment nicht. Warum fragst du?“
„Oh. Ich wollte gern noch einen Spaziergang machen. Die Luft ist heute so herrlich frisch. Wenn du nichts dagegen hast?“
Ich spürte, wie mir das Blut allmählich in die Wangen schoss. Eine gute Lügnerin war ich noch nie gewesen. Er hatte mich sicherlich längst durchschaut.
Martha, die die leeren Krüge unterdes in die Waschschüssel legte, kam lachend zu uns zurück und stieß Vater in die Seite. „Ich glaube, deine Tochter hat einen Verehrer!“
„Ist das wahr?“ Er sah mich fragend an. In seinem Blick lag ein Schmerz, den ich schon einmal gesehen hatte, nämlich zu dem Zeitpunkt, als Elisa die Familie verlassen hatte um zu heiraten.
Ich seufzte gedehnt. Warum musste Martha sich auch einmischen? Was für eine peinliche Situation! Mein Gesicht sah wahrscheinlich schon wie eine Tomate aus!
„Da haben wir’s. Er macht ihr den Hof.“ Martha zwinkerte mir zu. Vater lief unzufrieden auf und ab. Ich kannte seine Einstellung. Eine anständige, junge Dame traf sich nicht zu nächtlichen Spaziergängen mit fremden Männern!
„Ich hoffe, dein Verehrer ist ein Gentleman. Die jungen Burschen von heute haben es nur auf das eine abgesehen. Sie wollen die Mädchen verführen. Und um ihr Ziel zu erreichen, ist ihnen jedes Mittel Recht. Erst machen sie dir schöne Augen, dann umschmeicheln sie dich mit charmanten Worten und ehe du dich versiehst, stehst du allein da mit einem unehelichen Balg an deiner Hand. Ich hoffe, dein Galan weiß sich einer jungen Dame gegenüber zu benehmen?“
Ich schluckte. Vater hatte ungewollt mit seiner Beschreibung ins Schwarze getroffen. In seinen Worten erkannte ich Jeremy wieder. Er hatte mich verführt, mich berührt und beinahe zum Äußersten gebracht. Bedeutete das, dass er nur seiner eigenen Fleischeslust frönte und ich ihm in Wirklichkeit egal war?
„Nein, er ist anständig, Vater“, sagte ich wenig überzeugt.
„Willst du uns den jungen Herrn nicht einmal vorstellen?“
„Sicherlich, Papa. Das mache ich, versprochen. Aber jetzt muss ich los, sonst komme ich wirklich zu spät.“
Ich sah ihn flehend an. Es hätte zu lange gedauert, ihm alles zu erklären. „Also gut, nun geh schon. Man hat es mit zwei erwachsenen Töchtern wahrhaftig nicht leicht... Aber bleibe nicht zu lange aus, hörst du? Und achte darauf, dass der Bursche seine Hände bei sich behält!“
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Sandra Henke & Kerstin Dirks Begierde des Blutes
„Ich habe dich vermisst“, sagte Jeremy, als ich sein Domizil betrat und legte von hinten die Arme um mich.
Oh ja, ich war glücklich, endlich wieder bei ihm zu sein. Aber meine Freude wurde schwer getrübt, denn die Worte meines Vaters hallten noch immer in meinen Ohren. War Jeremy ein solcher Verführer, wie Papa sie beschrieb? Trieb er seine Spielchen nur mit mir, um seine eigene Lust zu befriedigen? War ich ein willenloser Spielball für ihn? Ich wollte ihn zur Rede stellen, wusste aber nicht wie. Schon lenkten mich die sanften Küsse auf meiner Schläfe ab. Zärtliche Finger glitten durch mein Haar. Ein Kitzeln an meinem Nacken verschaffte mir die höchsten Glücksgefühle. Jeremy wusste seine Zunge einzusetzen. Als er mich schließlich die Treppe hinauf in sein Gemach führte und die blutroten Vorhänge über seinem Bett zuzog, wusste ich, dass er heute Nacht eine Revanche verlangte.
War ich dazu bereit? Mich quälte die Vorstellung, dass er womöglich nur meinen Körper begehrte!
Wir saßen auf seinem Himmelbett und blickten uns tief in die Augen. Das Licht des Mondes fiel schwach durch die seidenen Vorhänge, die sein Bett verhüllten. Ohne dass ich fähig war ihm Widerstand zu leisten, führte er meine Hand zu den Knöpfen seines schwarzen Rüschenhemdes, das ihm diesen unwiderstehlichen, aristokratischen Charme verlieh. Ich wusste, was er von mir verlangte. Vorsichtig öffnete ich den untersten Knopf. Ich hätte es genossen, wären da nicht diese furchtbaren Zweifel gewesen! Weiße Haut kam zum Vorschein.
„Unterdrücke nicht das Tier in dir, meine Schöne.“
Er streichelte meine Wange. „Lass es frei, Sophie.“
Vielleicht musste ich alle Bedenken einfach beiseite schieben und mich ganz auf ihn konzentrieren? Ich wollte ihn doch nicht enttäuschen. Oder schlimmer, verlieren! Sicherlich erwartete er von mir, dass ich mich ihm bedingungslos hingab, ihm jeden Wunsch von den Augen ablas. Nun, ich wollte mein
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