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Kesrith – die sterbende Sonne

Kesrith – die sterbende Sonne

Titel: Kesrith – die sterbende Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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Regul. »Du bist Niun vom Berge. Deine Ältesten haben sich mit uns in Verbindung gesetzt. Sie haben angeordnet, daß du umgehend zu deinem Volk zurückzukehren hast.«
    Niuns Gesicht begann zu glühen. Natürlich würden sie versucht haben, ihm zuvorzukommen. Er hatte nicht einmal daran gedacht. »Das spielt keine Rolle«, sagte er vorsichtig formell. »Ich bitte darum, auf einem eurer Schiffe dienen zu dürfen. Ich entsage meinem Edun.«
    Der Regul – eine gefaltete und nochmals gefaltete braune Masse, sein Gesicht inmitten der Gewichtigkeit überraschend knochig und glatt – seufzte und betrachtete Niun mit kleinen Augen zwischen zerknittert wirkenden Winkeln. »Wir hören, was du sagst«, meinte er. »Aber unser Abkommen mit deinem Volk erlaubt es uns nicht, dich gegen den Protest deiner Ältesten anzunehmen. Bitte kehre sofort zurück! Wir wollen keinen Streit mit Ihnen haben.«
    »Hast du einen Vorgesetzten?« fragte Niun rauh, ungeduldig und auch fast hoffnungslos. »Laß mich mit jemandem sprechen, der mehr Autorität hat.«
    »Du möchtest den Direktor sprechen?«
    »Ja.«
    Der Regul seufzte und fragte über Interkom nach. Eine knirschende Stimme lehnte im flachen Tonfall ab. Der Regul sah auf und rollte seine Augen mit einem Ausdruck, der eher zufrieden und blasiert als entschuldigend war. »Du hast gehört«, sagte er.
    Niun drehte sich auf den Fersen um, schritt aus dem Büro und dem Foyer hinaus, ignorierte den amüsierten Blick des Junglings Hada Surag-gi. Er fühlte, daß sein Gesicht brannte, daß sein Atem stoß- weise ging, als er das warme Innere des Nom verließ und auf den öffentlichen Platz trat, wo der kalte Wind durch die Stadt fegte.

    Er ging schnell, als hätte er ein Ziel und suchte es freiwillig auf. Er stellte sich vor, daß jeder Regul auf den Straßen von seiner Schmach wußte und insgeheim lachte. Das war nicht ganz ausgeschlossen, denn die Regul neigten dazu, über alles Bescheid zu wissen.
    Niun verlangsamte seinen Schritt nicht, bis er die Stadtgrenze auf dem langen, zum Edun führenden Straßendamm hinter sich gelassen hatte, und dann ging er wirklich langsam und kümmerte sich wenig um das, was er auf seinem Weg sah und hörte. Selbst auf der Straße war das offene Land kein Ort, an dem es ungefährlich war, sich nicht um seine Umgebung zu kümmern. Aber genau das tat er und forderte die Götter und den Zorn der She'pan heraus. Es tat ihm leid, daß ihm nichts zustieß und daß er schließlich über den vertrauten irdenen Weg zum Eingang des Edun schritt und zwischen dessen Schatten und Echos trat. Düster und schweigsam stieg er die Stufen zum Kel-Turm empor, schob die Tür zur Halle auf und meldete sich als pflichtbewußter Gefangener bei Kel'anth Eddan.
    »Ich bin zurück«, sagte er, ohne sich zu entschleiern.
    Eddan besaß den Rang und die Selbstgerechtigkeit, Niuns Zorn ein nacktes Gesicht zuzuwenden, und die Selbstbeherrschung, reglos zu bleiben. Alter Mann, al ter Mann , dachte Niun unwillkürlich, die Seta'al sind eins mit den Falten deines Gesichtes, und deine Augen sind so getrübt, daß sie bereits in die Dunkelheit blicken. Du wirst mich hier festhalten, bis ich so geworden bin wie du. Neun Jahre, Eddan, neun Jahre, und du bist schuld daran, daß ich meine Würde verloren habe Was kannst du mir in neun weiteren Jahren wegnehmen?
    »Du bist zurück«, sagte Eddan, der sein erster Waffenmeister gewesen war, und der zwischen Niun und sich dieses Meister-Schüler-Verhalten eingeführt hatte. »Was ist damit?«
    Niun entschleierte sich sorgfältig, ließ sich in der Nähe des warmen Dus, das in der Ecke schlief, mit gekreuzten Beinen auf dem Boden nieder. Das Dus wich aus und brummte eine rollende Beschwerde über die Störung seines Schlafs. »Ich wäre gegangen«, sagte Niun.
    »Du hast der She'pan Sorgen bereitet«, sagte Eddan. »Du wirst nicht wieder in die Stadt hinabgehen. Sie verbietet es.«
    Aufgebracht blickte Niun hoch.
    »Du hast das Haus in Verlegenheit gebracht. Denke darüber nach!«
    »Denke über mich nach!« rief Niun erschöpft aus. Er bemerkte, daß sein Ausbruch Eddan erschreckte, und stieß die Wörter mit rücksichtsloser Befriedigung hervor. »Was du getan hast, ist unnatürlich – mich hier festzuhalten. Ich schulde meinem Leben etwas – nicht zuletzt etwas Eigenständiges.«
    »Tust du das?« Eddans sanfte Stimme klang scharf. »Wer hat dich das gelehrt? Einige Regul in der Stadt?«
    Eddan stand ruhig, die Hände in seinem Gürtel, ein alter

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