Kesseltreiben
Düsseldorf haben die Personenbeschreibung und werden sich bei den Wohnungsnachbarn am Kaiser-Wilhelm-Ring umhören, und sie versuchen auch herauszufinden, wo Finkensieper gearbeitet hat. Das läuft aber alles im Moment nur mit halber Kraft, schließlich ist Sonntag.«
»Es wäre wohl einfacher, wenn die Kollegen ein vernünftiges Foto des Mannes hätten«, sagte Penny und schaute Cox an. »Du hast erzählt, dass das halbe Gesicht noch intakt ist. Denkt ihr, van Gemmern oder Bonhoeffer könnten am PC das Gesicht so rekonstruieren, dass man ein annehmbares Bild bekommt?«
Cox wiegte den Kopf. »Möglich, vielleicht, aber das müsste dann Bonhoeffer übernehmen. Klaus gräbt bereits in Kessel den Wald um, und das wird vermutlich eine Weile dauern. Ach, Norbert, Arend hat die Obduktion für halb zehn angesetzt. Soll ich das dieses Mal übernehmen? Dann kann ich ihn auch gleich fragen.«
»Ja, sicher, prima«, antwortete van Appeldorn und rührte weiter seinen Kaffee um, der glühend heiß war. Keiner von ihnen riss sich darum, bei einer Leichenöffnung dabei zu sein, und man versuchte, diese Aufgabe so gerecht wie möglich zu verteilen.
Toppe stand auf, setzte sich auf die Fensterbank, die früher einmal sein Stammplatz gewesen war, lockerte die Krawatte und öffnete den obersten Hemdknopf. Er hatte sich noch immer nicht an die Chefuniform gewöhnt, die er jetzt oft tragen musste, wohlfühlen würde er sich darin nie, das wusste er.
»Ich fasse es mal für mich selbst zusammen«, sagte er ruhig und fixierte einen Punkt an der gegenüberliegenden Wand. »Der Tote hatte keinen Ausweis dabei, keinen Führerschein, keine Autopapiere und auch kein Handy, obwohl er eins besitzt. Darüber hinaus fehlen auch seine Wohnungsschlüssel. Möglicherweise war der Mann auf diesem Parkplatz, weil er, wie schon dreimal in der vergangenen Woche, bei ‹Ophey› zu Abend essen wollte. Wenn das hier tatsächlich ein Hotelschlüssel ist, und danach sieht es ja aus, hat er seine Sachen vielleicht im Hotelzimmer gelassen.«
»Auch sein Handy?«, wunderte sich Cox. »Ein Anwalt, der sein Telefon nicht dabeihat? Kann ich mir nicht vorstellen.«
»Vielleicht hat ihm ja der Mensch, der ihn erschossen hat, die Sachen nach der Tat abgenommen, damit Finkensieper nicht so schnell identifiziert werden kann«, warf Penny ein. »Obwohl das natürlich ziemlich riskant gewesen wäre mit hundert Leuten im Festsaal, von denen jederzeit jemand hätte herauskommen können«, überlegte sie weiter. »Und dann hätte man ihm ja wohl auch seine Autoschlüssel weggenommen.«
»Ja«, bestätigte Toppe. »Dem Täter scheint es doch um eine möglichst sichere Deckung gegangen zu sein. Er wollte um keinen Preis gesehen werden, sonst hätte er nicht aus einer so großen Distanz geschossen und dabei das Risiko in Kauf genommen, nicht zu treffen.«
»Für einen Profikiller ist diese Distanz ein Klacks«, meldete sich Bernie Schnittges zum ersten Mal zu Wort. »Oder habt ihr etwa noch nicht daran gedacht?«
»Okay«, sagte er, als die anderen nicht sofort antworteten,»soll ich mich jetzt mal ans Telefon hängen und die umliegenden Hotels anrufen?«
»Gleich«, antwortete van Appeldorn. »Wir sollten erst mal unsere nächsten Schritte in Kessel abstimmen. Mich interessieren zum Beispiel deine Jäger. Wo genau haben die denn auf dem Feld gestanden? In der Nähe des Dickichts?«
»Nein, mehr am anderen Ende, so zwei-, dreihundert Meter weg.«
»Auf alle Fälle waren sie um die Tatzeit herum dort draußen und haben vielleicht jemanden bemerkt. Und dann natürlich ihre Waffen«, grübelte er laut weiter. »Wir müssen die Waffen einsammeln und untersuchen. Aber erst einmal müssen wir herausfinden, wer die Jäger waren.«
»Na, das ist doch einfach«, sagte Schnittges. »Jupp kennt doch den Jagdpächter, der wohnt sogar in der Nähe vom Tatort.«
»Ackermann gehört nicht zur Mordkommission«, entgegnete van Appeldorn schroff.
Schnittges zog die Augenbrauen hoch. »Tut mir leid, wenn ich das so offen sage, aber ich halte es für falsch, Jupp nicht hinzuzuziehen. Schließlich weiß er ganz gut über das Dorf Bescheid und kennt die Leute dort – wir nicht.«
Van Appeldorn biss sich auf die Lippen und warf einen kurzen Blick zu Toppe hinüber. Der schüttelte den Kopf. »Das ist deine Entscheidung, Norbert. Ich habe jedenfalls nichts dagegen.« Dann rückte er seinen Schlips zurecht. »So, ich muss jetzt los. Ich habe um neun einen Termin und brauche dafür
Weitere Kostenlose Bücher