Kesseltreiben
trocken. »Ich habe das Auto gefunden, zu dem der Schlüssel passt, Düsseldorfer Kennzeichen. Hier, ich habe es notiert.« Er legte einen Zettel auf den Tisch. »Der Wagen ist innen wie geleckt, keine Papiere, nichts. Außen nicht mehr so, wie auch alle anderen Autos, auf denen sich der Schädel verteilt hat. Die dürfen nicht vom Fleck bewegt werden, bis ich mit denen fertig bin, und das kann eine Weile dauern.«
»Das wird die Leute draußen im Saal sicher noch heiterer stimmen«, frotzelte Cox, schnappte sich den Zettel mit dem Autokennzeichen und ging zur Tür. »Ich mach mal über Funk die Halterabfrage.«
»Es gibt da ein Problem«, fuhr van Gemmern fort. »So wie es aussieht, hat der Schütze in dem angrenzenden Gehölz gestanden, und da wird die Suche nach Spuren und nach der Patrone schon bei Tageslicht schwierig genug. Jetzt ist sie auf alle Fälle unmöglich.«
»Dann müssen wir das Waldstück schleunigst absperren lassen.« Van Appeldorn stand auf, aber van Gemmern winkte ab. »Schon erledigt.«
»Okay, dann mach Schluss für heute«, sagte van Appeldorn. »Ich lasse über Nacht Wachen an der Absperrung.«
Sie gingen gemeinsam hinaus. Inzwischen war es deutlich abgekühlt – es war eben doch erst April –, und Schnittges fröstelte. In der Eile vorhin hatte er ganz vergessen, einen Pullover mitzunehmen.
Peter Cox saß in einem der Streifenwagen am Funk und schrieb sich etwas auf. Schließlich kam er zu ihnen. »Der Halter ist ein gewisser Sebastian Finkensieper, geboren am 26. Juni 1980, wohnhaft 40545 Düsseldorf, Kaiser-Wilhelm-Ring 219. Die K-Wache fährt die Adresse an. Sie melden sich gleich.«
»Vom Alter her könnt’ dat unser Jung sein, aber weiß man et?«, meinte Ackermann.
»Kümmerst du dich um den Rest, Peter?«, fragte van Appeldorn. »InPol-Anfrage, EMA-Daten, die ganze Palette. Am besten, du fährst ins Büro.«
Peter Cox deutete einen Salut an. »Ich denke, ich schalte auch die Zentralstelle in Berlin ein. Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass so ein junger Kerl kein Handy hat.«
Als er zu seinem Wagen ging, den er hinter dem Hotel geparkt hatte, hörte er, wie im Saal ein Tumult ausbrach.
Anscheinend hatte van Gemmern den Gästen gerade mitgeteilt, dass sie ihre Autos stehen lassen mussten.
»Zwanzig nach eins«, stellte van Appeldorn fest. »Da werden wir die Anwohner wohl erst morgen befragen.«
»Heute«, korrigierte ihn Ackermann. »Also, ich geh’ ja gerne Klinken putzen. Un’ ich kenn mich auch ’n bissken aus hier. Da vorne auf der rechten Seite am Baggerloch steht nur ein Haus. Da wohnt Kurt Goossens. Der war hier vor Jahren ma’ Ortsvorsteher, bis se den Titel abgeschafft haben. Hat gut anne Kiesbaggerei verdient, bei dem Grund, der dem gehört hat. Is’ übrigens auch der Jagdpächter hier. So an die hundertachtzig, zweihundert Hektar, würd’ ich schätzen.«
»Ackermann«, presste van Appeldorn zwischen den Zähnen hervor.
Jupp Ackermann hob die Hände und grinste versöhnlich. »Ich weiß, ich weiß, is’ ja schon gut. Also, geradeaus is’ nur Wasser, un’ anner Ecke links kommt der Reiterhof. Dat heißt, wenn man die Straße langgeht, liegt der natürlich rechter Hand. Un’ ich mein’, wenn Bernie dahinten die Schüsse von den Jägern gehört hat, dann müsste man auch die Leute fragen, die vorne am Seeweg wohnen. Nicht wegen de Jäger, sondern wegen dem anderen Schuss …« Er brach ab und runzelte die Stirn. »Wenn der da vorne aus dem Büschken gekommen is’, dann muss dat aber ’n Superschütze gewesen sein. Dat sind doch sicher gut hundertfuffzig Meter, wenn nich’ sogar noch mehr.«
Sie schwiegen einen Moment.
»Was ist mit dem Hotelschlüssel?«, fragte Schnittges dann. »Wir könnten uns das Branchenbuch vornehmen und die Hotels in der Umgebung abtelefonieren.«
Van Appeldorn machte eine vage Kopfbewegung. »Der Schlüssel sieht mir nicht so aus, als würde er zum Ersten Haus am Platz gehören, und dass die kleineren Klitschen einen Nachtportier haben, bezweifele ich. Nun denn, van Gemmern soll auf alle Fälle ein Foto von dem Schlüssel machen, das können wir dann zur Not an die Presse geben.«
Er zwinkerte, seine Augen waren trocken vor Müdigkeit.
Der Kollege vom Streifenwagen kam zu ihnen herüber. »Die K-Wache D’dorf hat sich gemeldet. An der besagten Adresse steht Finkensieper auf dem Klingelschild, aber da ist keiner zu Hause.«
»Danke.« Van Appeldorn unterdrückte ein Gähnen. »Ich fahre noch ins
Weitere Kostenlose Bücher