Ketaria - Die Sehnsucht des Daemons
echte Gefahren würde Julia noch misstrauischer machen. Erst wenige Stunden zuvor hatte er bei Tageslicht die kleine längliche Lederhülle, die ihm eine von Ricardos Krähen gebracht hatte, in den Überresten des Schreins versteckt. Er beschloss Julia gleich dorthin zu lotsen, um sie vor Anbruch der Dämmerung sicher nach Steintal zurückbringen zu können.
Als sie die ersten Mauerreste erreichten zog sich sein Herz schmerzhaft zusammen, wie auch schon ein paar Stunden zuvor, er hatte diesen Ort so sehr geliebt, hier hatte er einen Gro ßteil seiner Kindheit verbracht, noch immer meinte er den Duft der unzähligen Rosen riechen zu können, so lebhaft war die Erinnerung, aber nun war es nur noch eine Ruine, wie ganz Ketaria nur noch ein Schatten seiner selbst war. Erst als Julia ihn sanft an der Schulter berührte und besorgt fragte: „Sandro was hast du?“, wurde er sich bewusst, dass er gequält den Kopf gesenkt hatte. Er sah zu ihr rüber und erwiderte locker: „Nichts, du sagtest doch ihr habt den letzten Hinweis im Tempel gefunden, komm lass uns diesmal gleich im Schrein anfangen. Er liegt sicher ziemlich in der Mitte des Gebäudes.“ Sie musterte ihn misstrauisch, „woher weißt du das?“ Oh verflucht, er sollte wirklich besser aufpassen, er zuckte die Schultern, „das war meistens so in diesen alten Prunkbauten, habe ich mal gelesen. Und jetzt sieh mich nicht so an, im Gegensatz zu unserem kunstliebenden Barbaren kann ich lesen.“ Sie erwiderte nichts darauf, aber er konnte in ihren Augen mehr als deutlich lesen, dass sie geistig noch eine Frage zu all den anderen notierte. Sie banden die Pferde an einem der größeren Steine fest und er führte sie zum Schrein. Dort begannen sie alles systematisch zu durchwühlen, wobei er sich größte Mühe gab, der Stelle, an der der Gegenstand sich befand auszuweichen, es war für den Fluch sicherer, wenn nicht gerade er ihr den Hinweis überreichte. Während er darauf wartete, dass sie fündig wurde hoffte er inständig, dass Ricardo diesmal weniger kryptisch gewesen war. Endlich sah er wie sie den Lederbeutel zwischen den Steinen hervorzog und er eilte zu ihr. Julia zog die Schlaufen auseinander und griff vorsichtig in den Beutel. Was sie herausholte lies ihn allerdings scharf aufkeuchen. Sie hatte einen Dolch aus dem Beutel gezogen, und zwar einen auf dessen Griff kunstvoll das Emblem seiner Familie prangte, das Wappen von Ketaria. Sie hatte seinen Ausrutscher natürlich bemerkt und fragte ernst: „Kennst du den Dolch?“ Ob er ihn kannte? Es war sein verfluchter Dolch, ein Relikt aus schöneren Zeiten, eines der Wenigen, das er hatte bewahren können. Aber das durfte er ihr nicht sagen, "das Wappen eines der großen Häuser“, sagte er gespielt ruhig. „Dann müssen wir herausfinden von welchem Haus es stammt. Die betreffenden Leute können uns dann vielleicht etwas über den Herrn der Schrecken erzählen. Aber wo könnte man diese Information finden?“, fragte sie. „In den größeren Städten so wie Ehrental gibt es noch Bibliotheken, dort könntest du fündig werden.“ Sie sah ihn nachdenklich an, „möglicherweise könnte auch dein rätselhafter Gelehrter etwas wissen. Was meinst du? Werde ich ihn jemals kennenlernen?“ Sandro zwang sich keine Miene zu verziehen, als er sagte: „Nicht sehr wahrscheinlich, er ist recht menschenscheu.“ Sie verdrehte gespielt entnervt die Augen und seufzte: „Gibt es in Ketaria eigentlich auch ein paar Leute ohne Macken und Geheimnisse?“ Er verzichtete auf eine Antwort und reichte ihr den Dolch zurück. Sie wurde unvermittelt wieder ernst, „Sandro, wenn ich hier bleiben würde, ich meine nachdem der Herr der Schrecken besiegt ist, wie würden wir dann leben?“ Ihm wurde warm ums Herz, „dann bleibst du bei mir?“ „Ich …“, sie schluckte, „ich bin mir noch nicht sicher, darum versuche ich ja herauszufinden was mich erwarten würde.“ „Du wärst meine Königin“, sagte er zärtlich. Sie schlug wütend mit der flachen Hand auf einen Stein, und murrte: „Sandro das ist süß und total romantisch, aber es hilft mir nicht, ich brauche ein paar Fakten die mir bei einer Entscheidung helfen können. Werde ich dich immer nur nachts sehen, oder können wir gegen deinen Fluch etwas unternehmen? Wie werden wir leben? Wo werden wir leben?“ Sie sah ihn dabei so bittend an, dass er sich dafür hasste sie anlügen zu müssen, also zog er sie einfach an sich und bat um Einlass in ihren Mund, indem er sanft mit
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