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Ketchuprote Wolken

Ketchuprote Wolken

Titel: Ketchuprote Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annabel Pitcher
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eine ganz schlechte Angewohnheit.«
    Ich starrte ihn ungläubig an. »Du willst jetzt echt damit weitermachen?«
    »Ich sage doch bloß, dass du nicht mehr lügen sollst. Das ist …«
    »Das ist was?«
    Er zögerte. Holte tief Luft. Und sagte dann betont: » Unreif .«
    Ich lachte gezwungen. »Unreif? Und wer hat hier Fräulein Roth am Spiegel hängen? Wer redet über Geister und Alligatoren und Schlangengruben? Wer hat keinen Plan und weiß nicht, was er später mal machen will und …«
    »Lenk nicht vom Thema ab«, knurrte Aaron. »Du hast deine Mutter angelogen, und das ist nicht in Ordnung, Schluss, aus.«
    »Und wer sagt das? Du? Nur weil du älter bist? Hör doch bloß auf, Aaron. Du hast kein Recht, mir zu sagen, was ich tun und was ich lassen soll. Was ich meiner Mutter sage, hat nichts mit dir zu tun. Nichts .«
    Aaron zog eine Schulter hoch. »Mag sein. Aber was du mir sagst, ist wichtig, und du hast mir glatt ins Gesicht gelogen.«
    Eine Ampel sprang auf Rot um, als wir näher kamen, und ich checkte die Uhrzeit auf meinem Handy und fluchte leise. 21.55.
    »Du hast mir gesagt, dein Großvater sei tot.«
    Rot
    Rot
    Rot
    Grün
    »FAHR!«, kreischte ich, und der Wagen raste wieder los. 21.56 Uhr.
    »Aber du warst nicht am Grab deines Großvaters, als ich dich damals gesehen habe«, beharrte Aaron.
    »Nein, ich …«
    »Du warst bei mir zu Hause! Bei mir !«, schrie er so laut, dass meine Ohren schmerzten. »Mit meinem Bruder!«
    »Ich weiß, aber …«
    »In seinem Zimmer. Und da wagst du es, in mein Auto zu steigen und zu behaupten, dass du …«
    »Das reicht jetzt!«, brüllte ich und schlug mir mit der Faust auf den Schenkel. » Das reicht!«
    21.59 Uhr.
    Aaron bog in Laurens Straße ein. Ich beugte mich vor und hielt panisch nach Mum Ausschau, aber die Luft war rein. Ich öffnete die Tür.
    »Gern geschehen«, sagte Aaron sarkastisch.
    »Ach, werd doch erwachsen«, fauchte ich und stieg aus. Die eisige Luft kühlte meine erhitzten Wangen. » Vielen Dank fürs Herfahren. Hat Spaß gemacht.«
    »Ich verstehe nicht, wie du dich so verhalten konntest, Zoe!«, rief Aaron mir nach. »So hinterhältig und verlogen!«
    »Du hast mir nie Gelegenheit gegeben, etwas zu erklären!«
    Genau um 22.00 Uhr knallte ich die Autotür zu. Aaron gab Gas und raste die Straße entlang, und ich rief ihm alle erdenklichen Flüche hinterher. Der Wind peitschte mir ins Gesicht, und ich zitterte am ganzen Leib, und mein Blut schien zu brodeln.
    »Hattest du einen netten Abend?«, fragte Mum ein paar Minuten später, als ich auf den Sitz sank und meine Wut zu verbergen versuchte. Die Lüge blieb mir fast im Hals stecken, aber ich dachte an Aaron und würgte sie trotzig hervor.
    »Ganz okay. Für ein Geoprojekt. Du weißt schon.«
    Ich wollte dir noch weiter erzählen, was dann passiert ist, Stuart, aber ich muss jetzt aufhören, weil ich die Augen kaum noch offen halten kann. Habe in den letzten Nächten oft Alpträume gehabt. Bin immer wieder schweißnass und fröstelnd aufgewacht, weil es in Strömen regnete und der Rauch durch die Luft wirbelte und die Hand immer und immer wieder verschwand. Ich kann noch nicht darüber reden, was passiert ist. Aber ich verspreche dir, dass ich dir alles erzählen werde. Bald schon.
    Wir haben immer noch ein bisschen Zeit bis zum 1. Mai, falls es wirklich zum Schlimmsten kommt und die Nonne auch nichts ausrichten kann. Irgendwie muss dir doch zu helfen sein, deshalb solltest du nicht aufgeben und vor allem nicht glau ben, dass du diese Strafe wegen deiner Fehler verdient hast. Du siehst ja, dass ich auch welche gemacht habe. Du bist nicht allein, Stu. Und wenn du auf deinem Bett mit der dünnen Matratze liegst, musst du nicht glauben, dass die ganze Welt dich für abgrundtief böse hält. Denn es gibt ein Mädchen in England, das weiß, dass du auch Gutes in dir hast.
    Alles Liebe
Zoe

1 Fiction Road
Bath
    13. Februar
    Hallo, lieber Stu,
    die Spinne hat sich seit ein paar Wochen nicht mehr blicken lassen, aber neben der Tür sind ein paar neue Netze. Wahrscheinlich lungert sie irgendwo im Dunkeln herum, beobachtet mich und schreibt meine Geheimnisse dann in silbrigen Spinnwebbuchstaben an die Decke. Vielleicht drehe ich jetzt auch langsam durch, was übrigens nicht so verwunderlich wäre nach dem, was heute nach der Schule passiert ist.
    Ich hatte gewartet, weil ich mit meinem Religionslehrer sprechen wollte, und das wird dich bestimmt freuen, Stu, denn ich wollte ihn nach der Nonne

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