Ketten der Liebe
anderen Sohn zu ersetzen.
Ich habe dir doch schon alles erklärt Zaynab. Du bist nicht wie so viele meiner Frauen. Du kannst es verstehen. Was ich dir zu sagen habe, gefällt dir vielleicht nicht, aber du verstehst, warum ich es tun muß. Und behaupte nie wieder, daß ich dich nicht liebe, denn das stimmt nicht. Ich liebe dich so sehr, daß ich mir für den Rest meines Lebens deine Gesellschaft versage, um dein Leben und das Moraimas zu retten.«
»Ich halte das nicht aus, Herr!« flüsterte sie. »Wo soll ich hingehen? Wird Moraima je ihren Vater kennenlernen?«
»Wie kannst Du nur glauben, daß ich dich in die Welt hin ausjage?« rief er. »Ich habe dir dieses schöne Haus an der Straße nach al-Rusafa geschenkt. Es hat einen eigenen Weinberg und einen Obstgarten mit Blick auf den Fluß. Es gehört dir, Zaynab. Ich werde dich aber nicht freilassen, denn du verstehst sicher, daß eine Frau ohne den Schutz ihrer Familie in diesem Land nicht sicher ist. Ich habe dich Hasdai ibn Shaprut geschenkt. Er wird dein neuer Herr sein. Er wird dich und Moraima beschützen.«
Sie war verblüfft. Hasdai ibn Shaprut? Der ernste Arzt mit dem langen Gesicht? Plötzlich kicherte sie.
»Er ist ja ein ganz netter Mann, Herr, aber weiß dieser Arzt überhaupt etwas mit einer Liebessklavin anzufangen? Oder soll ich den Rest meines Lebens in Enthaltsamkeit verbringen?« Sie neigte fragend den Kopf. »Vielleicht habt ihr vor, mich heimlich zu besuchen? Ich würde das sehr begrüßen, Herr!«
Wieder spürte er den Schmerz in seiner Brust und rang nach Luft. »Du wirst Hasdai ibn Shaprut in jedem Sinne des Wortes gehören, Zaynab. Wenn dieses Gespräch beendet ist, werde ich dich nie wiedersehen, meine schöne Geliebte.«
»Und Moraima?« fragte sie. »Wollt Dir auch Eure Tochter verstoßen, Herr?«
»Sheila wird sie jeden Monat zu mir bringen«, sagte der Kalif. »Ich habe nicht vor, mein jüngstes Kind zu verlieren. Zahra wird nicht eifersüchtig auf Moraima sein, so lange du nicht bei ihr bist.
Außerdem habe ich Zahra gesagt, daß ich sie nie wieder sehen will. Sie darf ihre Gemächer nicht mehr verlassen. Nicht daß sie das davon abhalten wird, sich ständig in alles einzumischen, fürchte ich. Und wenn ich diese Erde verlassen habe, brauchst du dir um unsere Tochter keine Sorgen zu machen.
Hakam wird sich um sie kümmern. Du kannst Hakam vertrauen, obwohl er Zahras Sohn ist. So, meine Geliebte, nun muß ich dich verlassen.« Er wandte sich von ihr ab.
»Noch ein Kuß, Herr!« rief Zaynab.
Er drehte sich um. Der Schmerz stand ihm ins Gesicht geschrieben. »Von all den wundervollen Dingen, die Ihr mir gegeben habt, Herr, habe ich nur um zwei gebeten. Um unser Kind und um einen Abschiedskuß. Wollt Ihr mir meine letzte Bitte verweigern?«
Mit einem Aufschrei der Verzweiflung flog er in ihre Arme. Sie umarmten sich wild. Sein Mund fand ihren und er spürte zum letzten Mal ihre Lippen auf seinen, wie süß sie waren und wie weich, wie sie schmeckte und wie sie roch. Er würde nie wieder Gardenien riechen können, ohne an sie denken zu müssen. Sie spürte das wilde Pochen seines Herzens, das von ihrem wie wahnsinnig klopfenden Herzen beantwortet wurde. Und dann war es vorbei. Ohne ein weiteres Wort verließ er sie.
Trotz seiner Versicherungen hatte Zaynab Angst. Der Kalif war anspruchsvoll gewesen, aber als seine Liebessklavin hatte sie ein gewisses Maß an Sicherheit genossen. Wenn es Zahra nun nicht genügte, daß sie Madinat al-Zahra verlassen hatte? Was, wenn sie es schaffte, aus ihrer Gefangenschaft im Harem heraus Moraima ein Leid anzutun? Zaynab hatte den Kalifen nicht geliebt, aber sie mochte ihn sehr, und er war der Vater ihres Kindes. Sie wußte, daß sie ihn glücklich gemacht hatte. Er hatte gesagt, daß er sie nie wiedersehen wollte weil es ihm zu weh tun würde. Was war, wenn er bei Moraima das gleiche empfand? Ohne ihren mächtigen Vater, der eine Ehe mit einem Prinzen ermöglichen würde, hatte sie gar nichts. Zaynab weinte bitterlich.
Sheila rannte zu ihr und versuchte, ihre Herrin zu trösten, aber es gelang ihr nicht. Geschwächt durch das Gift und verzweifelt darüber, was geschehen war, brach Zaynab zusammen und fiel zu Boden.
Als Zaynab endlich wieder zu Bewußtsein kam, war sie in einem Schlafgemach. »Wo sind wir?«
fragte sie Sheila, die an ihrer Seite saß.
»In unserem neuen Zuhause, Herrin«, erwiderte das junge Mädchen. »Habt ihr es vergessen? Ihr fielt in Ohnmacht, als der ...« Sie
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