Ketten der Liebe
sich zusammengesunkenen Männlichkeit tropfte. Er wußte, auf welche Weise dieser Mann den Tod gefunden hatte, und obwohl er froh über seinen Tod war, gab er Zaynab recht. Dies war ein zu leichter, ein zu vergnüglicher Tod gewesen.
»Ich hatte nicht beabsichtigt, ihn auf diese Weise zu töten«, sagte Zaynab leise, als er zu den anderen zurückkehrte. »Ich wollte ihn lediglich beschäftigen, während Iniga das Lager anzündete. Als wir erfuhren, daß Ali Hassan keine offenen Feuer erlaubte, begriffen wir, daß ihr uns aus diesem Grund noch nicht gefunden hattet.«
»Meine Schwester steckte das Lager in Brand?« Karims überraschter Blick fiel auf Iniga. Sie stand mit gesenkten Augen da, ohne ein Wort zu sagen.
»Iniga war sehr tapfer«, fügte Zaynab hinzu.
Hasdai ibn Shaprut sagte nichts, aber er hörte aufmerksam zu und beobachtete, was sich zwischen Zaynab und Karim abspielte. Sie sprachen wie zwei alte Freunde miteinander, und sie kümmerte sich fürsorglich um seine Schwester. Was war wirklich zwischen den beiden? Was war zwischen ihnen gewesen? Sie hatte sich geweigert, über diese eine Sache mit ihm zu sprechen. »Du hattest keinen Zweifel daran, daß ich dich finden würde«, sagte er schließlich zu ihr, und sie lächelte zu ihm hoch.
»Ich bin eine Liebessklavin, mein Herr. Ich wußte, Ihr würdet mich nicht Ali Hassan überlassen. Wie hättet Ihr meinen Verlust dem Kalifen, der mich Euch zum Geschenk machte, erklären können?« Dann lachte sie, legte ihre Hand auf seinen Arm und schaute ihn an. »Können wir in die Stadt zurückkehren, mein Gebieter? Ich habe einen Heißhunger auf Essen, das nicht in einer Holzschüssel serviert wird, und außerdem muß ich dringend meine Kleider wechseln. Das gleiche gilt für Iniga.«
Als ihr Name fiel, schaute Iniga endlich auf. Ihr Blick verharrte zunächst auf Zaynab und schließlich liebevoll auf ihrem Bruder. Dann zog sie mit einer schnellen Bewegung einen Dolch aus ihren Kleidern und stieß ihn in ihren zerbrechlichen Körper. Die anderen starrten überrascht, als Inigas Beine unter ihr nachgaben und sie zu Boden fiel. Karim kniete sich nieder, nahm seine Schwester in den Arm und drückte sie an sich. Tränen strömten über sein hübsches Gesicht.
»Iniga, wie kannst du mich nur verlassen?« schluchzte er. »Wenn du gehst, habe ich niemanden mehr.«
»Schande ist über mich gekommen, Karim. Zaynab wird es dir erzählen«, erwiderte Iniga schwach.
Hasdai kniete sich rasch nieder und untersuchte die Wunde, von der er hoffte, daß sie nicht lebensgefährlich sei, aber Iniga hatte sich einen tödlichen Stoß versetzt. Seine mitfühlenden braunen Augen trafen sich mit den blauen Augen des Prinzen, und er schüttelte langsam den Kopf. Dann erhob der Nasi sich wieder und legte seine Arme um Zaynab. Sie zitterte aufgrund des Schockes, den sie erlitten hatte, und weinte still.
»Trauert nicht um mich«, stöhnte Iniga zu ihnen und seufzte. Dann wurde ihr Blick starr.
»Sie ist tot«, sagte Karim tonlos. »Meine kleine Schwester ist tot.« Er stand auf, während er Inigas Körper noch in seinen Armen hielt. »Sie wird mit ihrer Familie beerdigt werden«, stellte er entschlossen fest.
Im Lager fanden sie ein weißes Totenhemd, das jemand offenbar für sich auf die Seite gelegt hatte. Sie nähten den Körper der jungen Frau darin ein. Mittlerweile hatte die aufgehende Sonne bereits den Himmel eingefärbt. Karim, Hasdai und ihre Männer steckten auch den Rest von Ali Hassans Lager in Brand und ritten dann von den Gebirgsausläufern hinunter in die Stadt, wobei sie ihre Gefangenen vor sich her trieben.
Der Tag war schon längst angebrochen, als sie schließlich in Alcazaba Malina ankamen. Als die Nachricht von ihrer Ankunft sich jedoch ausbreitete, kam der gesamte Handel zum Erliegen. Die Bürger verließen ihre Häuser und Läden, um den Beweis für den Sieg zu sehen, den ihr Prinz dem Banditen Ali Hassen, dessen aufgespießter Kopf ihnen den Weg in die Stadt wies, abgerungen hatte.
Kapitel 18
Es war erstaunlich, dachte Zaynab, als sie in die Stadt zurückkehrten, daß sie und Karim nach all den Jahren so miteinander gesprochen hatten, als seien sie niemals voneinander getrennt gewesen. Sie liebte ihn. Liebte er sie? Mustafa zufolge hatte er Hatiba nicht geliebt, aber liebte er immer noch sie?
Und was hätte es für einen Nutzen, wenn dem so war? Sie gehörte dem Nasi. Sie wußte, daß man eine andere Frau für Karim finden würde. Der Kalif wollte, daß
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